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UmweltethikUmweltethische Entwürfe

„Die Erde ist des Herrn“

Texte zur Diskussion Nr. 20 „Die Erde ist des Herrn“: Entwurf einer christlichen Umweltethik

I. Einleitung

„Der wirkliche Jesus träumte nicht von einer institutionalisierten Religion, wie wir sie heute kennen, sondern von einer spirituell-ökologischen Lebensweise, wie sie immer mehr Menschen in der jetzigen Zeitenwende versuchen.“1Alt, Der ökologische Jesus, S. 16.

Diese provokante Aussage stammt von dem bekannten Journalisten und Autor Franz Alt. Jesus würde laut Alt den Menschen ermahnen, Klimaschutz zu betreiben und erneuerbare Energien zu fördern. Demzufolge sei der stellvertretende Tod am Kreuz zur Sühnung der menschlichen Schuld keineswegs Jesu eigentliches Anliegen gewesen, sondern die Vermittlungeiner „grünen“ Botschaft, die ein harmonisches Leben mit der Natur propagiert.

Ein solch einseitiges Jesusbild lässt sich leicht kritisieren, denn es stimmt nicht mit dem eigentlichen Sendungsauftrag Jesu überein. Trotz aller Kritik hat Alt eine wichtige Tatsache in Erinnerung gerufen: Jesus ist zwar nicht ausschließlich ökologisch, aber er ist auch nicht unökologisch! Wer Jesus nachfolgen will, sollte seine eigene Beziehung zur Natur nach biblischen Maßstäben überdenken und sein Leben diesbezüglich gestalten. Alt hat Recht, wenn er schreibt: „Bislang gehören wir Christen nicht zur ökologischen Avantgarde. Von Ausnahmen abgesehen, interessieren wir uns wenig für das Schicksal der Erde. Wir reden zwar von der ‚Bewahrung der Schöpfung‘, aber wir tun bis jetzt fast nichts dafür, dass die Schöpfung und die Erde ihr Entwicklungsziel erreichen können. Alle kennen zwar das Ziel, aber kaum jemand geht den Weg.“2Alt, Der ökologische Jesus, S. 14.

Dem Christentum insgesamt völlige Ignoranz gegenüber der Schöpfung zuzuschreiben und dies als Grundübel der globalen Umweltprobleme zu sehen, wie es z.B. schon der Philosoph Ludwig Feuerbach (1804-1872) getan hat, ist allerdings nicht korrekt.3Alister McGrath hat bei der Untersuchung der historischen Ursachen der ökologischen Krise festgestellt, dass sie nicht primär im Christentum zu suchen seien, sondern im aufklärerischen Geist der Autonomie und dem daraus entstandenen naturwissenschaftlichen Prinzip der Naturbeherrschung: „Die ökologische Krise lässt sich auf ein Weltbild zurückführen, das die menschliche Autonomie betont und Natur als einen dem Menschen unterworfenen Mechanismus ansieht. Das Christentum ist an dieser Entwicklung beteiligt. Doch sobald sich dieses Weltbild herausgebildet hatte, erklärte es seine Unabhängigkeit von allen intellektuellen und moralischen Beschränkungen und ging ihren eigenen Weg...Dieses Weltbild wandte sich von der klassischen christlichen Lehre ab, die dem Menschen in seinem Umgang mit der Natur Grenzen setzt und seine Verantwortung diesbezüglich hervorhebt“ (McGrath, The re-enchantment of nature, xviii). Doch sind christliche Vorstöße in Sachen Umweltschutz in Deutschland eher die Seltenheit. In der deutschen Geschichte waren es immer die säkular-linkspolitischen Bewegungen, die zu der „ökologischen Avantgarde“ zählten. Dass säkular geprägte Menschen in Umweltangelegenheiten aktiv und Christen eher passiv bzw. desinteressiert sind, ist verwunderlich, da die Bibel an vielen Stellen den großen Wert der Natur als Schöpfung Gottes hervorhebt und Richtlinien für einen korrekten Umgang mit ihr gibt. Kurz gesagt: die Bibel drängt zu konsequentem, umweltethischen Handeln. Umweltschutz ist für Christen nicht nur eine Option, er ist ein Gebot.

In Anbetracht der oben geschilderten Problemperspektive hat diese Dokumentation drei Ziele:

  • Erstens soll sie Christen zu einem neuen Umweltbewusstsein verhelfen. Das kann zum einen nur dann erreicht werden, wenn die Bedrohung durch unsere globale „ökologische Krise“ deutlich wird. Eine sich auf die wesentlichen Brennpunkte beschränkenden Skizze dessen, wie menschliche Eingriffe in das Ökosystem zu Gefährdungen unserer natürlichen Lebensgrundlagen führen, findet sich unter dem Abschnitt „Globale umweltethische Herausforderungen“. Zum anderen gehört zu einem vollständigen, christlich geprägten Umweltbewusstsein die biblische Perspektive davon, was Natur ist, welchen Stellenwert sie hat und in welchem Verhältnis der Mensch zu ihr steht. Diese Perspektive findet sich im Abschnitt „Grundriss einer biblischen Umwelttheologie“.
  • Da Umweltbewusstsein alleine nicht ausreicht, um die bedrohliche Situation unserer Welt zu ändern, geht es in dieser Dokumentation zweitens um ein neues Umweltverhalten. Dies wird im Abschnitt der biblisch-theologischen Untersuchung bereits allgemein angedeutet und im dritten Teil „Christliche Perspektiven für ein verantwortliches Umweltverhalten“ zugespitzt bzw. konkretisiert.
  • Drittens soll mit dieser skizzenhaften Darstellung biblischer Umweltethik das christliche Weltbild als der beste Ausgangspunkt für die Lösung unserer globalen Ökokrise herausgestellt werden. Die hier dargelegten theologischen Perspektiven haben somit nicht nur innerchristliche Relevanz, sondern reichen darüber hinaus. Man kann sie als Beitrag zu unserer gesamtgesellschaftlichen Diskussion verstehen.

II. Globale Umweltethische Herausforderungen

Klimawandel

Der Klimawandel gilt in wissenschaftlichen Fachkreisen als die größte Gefahr für die irdischen Ökosysteme und die Rahmenbedingungen menschlichen Lebens. Hauptmerkmal des Klimawandels ist eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur. Es gilt als nachgewiesen, dass sich diese im letzten Jahrhundert um ca. 0,74°C erhöht hat (± 0,2°C).4„Nun hat es natürlich Schwankungen bei den Durchschnittstemperaturen innerhalb sehr langer Perioden immer gegeben (Warm- und Kaltzeiten). Besorgniserregend ist aber nicht nur die Größenordnung des Temperaturanstieges, sondern vor allem dessen Geschwindigkeit. Niemals in den letzten 1000 Jahren ist ein derartig schneller Temperaturanstieg verzeichnet worden“ (Matthes, Felix Christian, „Klimawandel und Klimaschutz“, in: Umweltpolitik, S. 21f). Grund für diesen Temperaturanstieg ist eine Verstärkung des sogenannten Treibhauseffekts: In der Erdatmosphäre befinden sich Treibhausgase, die die Wärmerückstrahlung von der Erdoberfläche in das Weltall verhindern. Dazu gehören beispielsweise Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Durch diese Treibhausgase wird das Leben auf der Erde erst ermöglicht, da ohne sie die bodennahe Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten bei -19°C liegen würde, und nicht bei +14°C. Da die Konzentration dieser atmosphärischen Gase, vor allem die des Kohlendioxid (77% des gesamten Emissionsvolumens), seit der Industrialisierung stark zugenommen hat, lässt sich ein Temperaturanstieg beobachten. Wenn man die zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen unter Berücksichtigung von Bevölkerungswachstum und der globalen wirtschaftlichen Entwicklung hochrechnet, geht man bis Ende des Jahrhunderts im Vergleich zu 1990 von einem Anstieg zwischen 1,1 und 6,4°C aus.5„Die Bandbreite der Temperaturprognosen ist dabei nicht nur auf wissenschaftliche Unsicherheiten zurückzuführen, sondern berücksichtigt vor allem verschiedene Emissionsverläufe. In Abhängigkeit von den unterstellten Emissionsverläufen ergibt sich als beste Abschätzung eine Bandbreite der Temperaturerhörung von 1,8 bis 4,0°C. Setzen sich die heute beobachteten Emissionstrends fort, so ist für das Jahr 2100 – ebenfalls im Vergleich zu 1990 – mit einer Temperaturerhöhung von 3,4 bis 4,0°C (bei einer Unsicherheit der Modelle von etwa ±1°C) zu rechnen“ (Ebd., S. 22). In der allgemeinen Diskussion wird oft der Wert 4°C genannt.6Es gibt etliche Forscher, die eine Klimaerwärmung überhaupt oder deren negative Folgen leugnen. Auf diese Meinung stützen sich in den USA eine Vielzahl von bedeutsamen Personen der Öffentlichkeit sowie einige Theologen. Ein Beispiel ist der für die evangelikale Bewegung einflussreiche Theologieprofessor Wayne Grudem. (Vgl. Grudem, Politics according to the bible, S. 371). Grudem wirft dem Weltklimarat IPCC vor, nicht objektiv zu sein und sich von wirtschaftlichen oder politischen Zielen leiten zu lassen. Gegen Grudems Behauptung vgl. Spencer/White, Christianity, climate change and sustainable living, S. 25f; Houghton, John, „The changing global climate: Evidence, impacts, adap- tion and abatement“, in: Keeping God’s Earth: The Global Environment in Biblical Perspective, S. 198f; McCarthy, James J., „Climate science and its distor- tion and denial by the misinformation industry”, in: Creation in Crisis: Christian perspectives on sus- tainability, S. 44ff; Bauckham, Bible and Ecology, ix-xi; Bouma-Prediger, For the beauty of the earth, S.61ff).

Der verstärkte Treibhauseffekt, der in erster Linie auf menschlich verursachte Emissionen zurückzuführen ist (vgl. Abb. 1), verändert das Klima der Erde. Das kann gravierende Folgen für Ökosysteme haben. Als sehr wahrscheinlich gilt heute, dass folgende Veränderungen eintreten werden: - der Meeresspiegel steigt signifikant (durch die thermische Ausdehnung der Wassermassen sowie das Abschmelzen der Polarkappen)

  • Gletscher schmelzen ab
  • die Extremtemperaturen erhöhen sich
  • Temperaturspreizungen im Tagesverlauf vermindern sich
  • Niederschläge werden heftiger und
  • Trockenzeiten werden länger, wodurch die Dürregefahr wächst7Noch nicht abschließend nachgewiesen ist, ob die Zunahme anderer extremer Wetterereignisse wie Hurrikane oder Taifune auf den Klimawandel zurückzuführen ist.

Die globalen Konsequenzen solcher Veränderungen sind eine Zunahme von Trinkwasserknappheit, die Gefahr von Dürrekatastrophen und eine entstehende
Nahrungsmittelknappheit, Überflutungsgefährdungen, eine erhöhte Gesundheitsbedrohung durch Malaria, Dengue-Fieber oder Hitzestress sowie Zerstörung von Lebensräumen für Tiere. Prekär dabei ist, dass die eher ärmeren Entwicklungsländer in der Äquatorgegend am meisten an den Folgen des Klimawandels zu leiden haben werden, obwohl die reicheren Industrieländer die meisten Treibhausgase produzieren. Man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass diese ungleiche Verteilung der Konsequenzen sowie die daraus entstandene menschliche Existenznot zu sozialen Unruhen und sogar zur Gefährdung des Weltfriedens führen können.

Abb. 1

In der obigen Graphik wird deutlich, dass 65% der CO2-Emissionen energiebedingt sind, also durch Stromerzeugung, Heizen und Verkehr verursacht werden. Der Bedarf an Energie wird in den kommenden Jahren aufgrund industrieller Entwicklung und Bevölkerungszunahme stetig steigen. Folglich hängt das Ausmaß des Klimawandels vor allem mit dem Energiesektor zusammen, sodass in Zukunft vor allem in diesem Bereich neue Strategien und Lösungen gefunden werden müssen. Dies ist nicht nur hinsichtlich der Emissionen wichtig, sondern auch aufgrund der begrenzten globalen Vorkommen von fossilen Brennstoffen.8Wann die Ölreserven unserer Erde aufgebraucht sein werden, ist umstritten. Laut dem Ölkonzern BP reichen die Reserven noch 36 Jahre, Shell und die internationale Energieagentur (IEA) sagen 46 Jahre. Eine Erschöpfung dieser Ressourcen gefährdet nicht nur die Entwicklung und die Lebensqualität nachfolgender Generationen, sondern ist auch eine ökologische Bedrohung: Im Zuge der Verknappung der leicht zugänglichen Öl- und Gasvorkommen werden in Zukunft wohl neue Gebiete erschlossen und neue Techniken angewendet.9Russland, die USA, Kanada, Dänemark und Norwegen planen eine Erschließung von Öl- und Gasfeldern am Nordpol. Biologen und Geologen befürchten, dass dies verheerende Folgen für die Ökosysteme am Polarmeer und darüber hinaus zur Folge haben könnte. Außerdem hat die Ressourcenknappheit dazu geführt, dass neue Techniken eingesetzt werden, wie z.B. das „Fracking“. Diesbezüglich gibt es ebenfalls erhebliche Umweltbedenken. Fracking bezeichnet eine Bergbaumethode, die die Tiefbohrung mit dem Einpressen von einer chemischen Flüssigkeit ergänzt. Diese erzeugt Risse in einer Gesteinsschicht und macht diese durchlässig. Wenn sich also Gas oder Öl in solch einer undurchlässigen Gesteinsschicht befinden, kann man diese mithilfe der Fracking-Methode wirtschaftlich gewinnbringend erschließen. Kritiker befürchten jedoch, dass das Grundwasser durch die chemische Flüssigkeit oder durch ausströmendes Gas verschmutzt werden könnte. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass das Gas an die Erdoberfläche entweicht. Bisher haben sich diese Umweltbedenken allerdings nicht sicher bestätigt.

Verlust der Artenvielfalt

Durch die menschlichen Eingriffe in nahezu alle Ökosysteme unserer Erde sterben immer mehr Tier- und Pflanzenarten aus. Die sogenannte Biodiversität (Artenvielfalt) hat besonders in den vergangenen Jahren erheblich abgenommen. Die wachsende Weltbevölkerung und die Globalisierung der Weltwirtschaft haben den Anteil an unberührter Natur in den vergangen Jahrzehnten drastisch reduziert. Nur noch 1% der Erdoberfläche gilt heute als sicher vor direktem menschlichen Zugriff. Für die Artenvielfalt am verhängnisvollsten ist die Abholzung und Rodung der Regenwälder, weil dort die natürliche Artenvielfalt am höchsten ist. Jedes Jahr werden 13 Millionen Hektar vernichtet, eine Fläche von der Größe Bayerns, Baden- Württembergs und Hessens zusammen.

Der Klimawandel hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Verschiebung von Klima- und Vegetationszonen. Ebenfalls werden extreme Wetterereignissee viele Ökosysteme beeinflussen oder zerstören (von arktischen Lebensräumen bis zu australischen Unterwasser-Riffs). Das Aussterben der Arten wird zudem durch Überfischung der Meere, landwirtschaftliche Monokulturen und Umweltverschmutzung gefördert. Die Folge des Artensterbens ist dabei nicht nur eine ästhetische Frage. Die Stabilität vieler komplexer Ökosysteme steht dabei auf dem Spiel, was unter anderem dazu führen kann, dass genetische Ressourcen für Innovationen in der Pharmazie und Landwirtschaft verloren gehen.

Abb. 2

Bevölkerungswachstum und Verstädterung

1950 lebten noch 2,5 Mrd. Menschen auf der Erde, heute sind es um die 7 Mrd. Laut den Prognosen des Department of Economic and Social Affairs (UN/DESA) werden im Jahre 2050 8,0 - 10,5 Milliarden Menschen unseren Planeten bevölkern. Nach mittleren Entwicklungsprognosen wird die Bevölkerungszahl im Jahr 2050 also bei 9,15 Milliarden liegen. Dieser Anstieg der Erdbevölkerung hat natürlich Auswirkungen auf die Umwelt. Da der Mensch hauptsächlich für die heutigen Umweltprobleme verantwortlich ist, wird ein Zuwachs der Bevölkerung die ökologischen Probleme verschärfen: Zum Beispiel wird der Bedarf an ökologischen Ressourcen zunehmen, da mehr Menschen die Nachfrage nach sauberem Trinkwasser, Baumaterialien, Energie und Nahrungsmittel erhöhen.

Die durch das starke Bevölkerungswachstum verursachte Umweltbelastung wird sich insbesondere in Großstädten zuspitzen. Weltweit ist vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern eine starke Urbanisierung zu beobachten: Von den weltweit 30 größten Megastädten (Städte mit über 10 Mio. Einwohner) liegen allein 20 im asiatischen Raum und in Lateinamerika. Bis 2050 werden nach Schätzungen der UNO zwei Drittel der Weltbevölkerung in urbanen Ballungsräumen leben. Das führt konsequenterweise zu einer lokal konzentrierten Überbeanspruchung von natürlichen Ressourcen. Neben dem Bedarf an Ressourcen wird das Umweltproblem durch anwachsende Abfallberge und die damit verbundenen Entsorgungsprobleme verschärft.

Süßwasserverknappung und -verschmutzung

Ein weiteres globales Problem ist die abnehmende Wasserqualität. Vor allem das Trinkwasserproblem bedroht das Leben vieler Menschen, die meist in ärmeren Regionen leben. Es gehört zu den sogenannten Millenniumszielen der UNO, bis 2015 den Anteil der Menschen ohne dauerhaft gesicherten Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser zu halbieren (von 65 auf 32 %). Eine weiterer Statistikwert besagt, dass es über 40 % der Menschheit an hygienischen Sanitäreinrichtungen mangelt. Schmutziges Süß- bzw. Trinkwasser steht im direkten Zusammenhang mit lebensgefährlichen Erkrankungen wie Cholera und mit Unterernährung, weil knappes oder verschmutztes Süßwasser Landwirtschaft unmöglich macht oder stark beeinträchtigt. Die hauptsächlichen Ursachen für das globale Wasserproblem sind zweigeteilt:

  • durch Überbeanspruchung und Verschwendung, die durch das Bevölkerungswachstum und Missstände im Wassermanagement der Entwicklungsregionen verstärkt wird
  • durch Versalzung und Verschmutzung, die am stärksten in den Entwicklungsländern voranschreiten, wo Industrieabfälle oft ungefiltert in Binnengewässer eingeleitet werden, Chemikalien, Düngemittel und Altöl ins Grundwasser sickern und der größte Teil von Siedlungsabwässern nicht geklärt wird.

Diese Zusammenfassung der wichtigsten Fakten zur Umweltbedrohung zeigt, wie dringlich selbst bei konservativer Betrachtung ein aktives Handeln des Menschen im Bereich des Umweltschutzes ist.

III. Grundriss einer biblischen Umwelttheologie

Abgrenzung von anderen umweltethischen Entwürfen

Die globalen ökologischen Herausforderungen kann man ethisch unterschiedlich beurteilen, je nachdem aus welchem weltanschaulichen Bewertungssystem man sie betrachtet. In der allgemeinen ethischen Diskussion unterscheidet man hauptsächlich drei Richtungen:

  •  Anthropozentrismus: Gemäß diesem umweltethischen Modell sind die natürlichen Ressourcen ausschließlich zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse oder Interessen da. Der Mensch steht als Herrscher über der Natur und darf sie benutzen, soweit es ihm einen Vorteil bringt. Somit haben belebte und unbelebte Natur nur insofern einen Wert, als sie dem Menschen nutzen.
  • Biozentrismus: Dieses und das nächste Modell kritisieren die Hybris und Vorrangstellung des Menschen der anthropozentrischen Sichtweise. Der Biozentrismus geht davon aus, dass alle Lebewesen einen unveräußerbaren Wert besitzen. Nicht nur der Mensch hat einen moralischen Status, sondern auch Pflanzen und Tiere, die deswegen ebenfalls geschützt werden müssen. Auf dem Biozentrismus basieren verschiedene Ansätze der Tierethik.
  • Ökozentrismus: Während biozentrische Ansätze nur Lebewesen einen moralischen Wert beimessen, liegt der Fokus beim Ökozentrismus auf ganzen Ökosystemen. Die Ökozentriker sehen im Ökosystem Erde eine innerlich verknüpfte Ganzheit, gegenüber der wir Menschen bestimmte Pflichten haben. Demnach sollen nicht nur Lebewesen wie Mensch, Pflanzen und Tiere um ihrer selbst willen geschützt werden, sondern auch Gebilde wie Wälder, Berge und Flüsse. Neben individuellen Lebewesen haben auch Spezies, Ökosysteme, das Land und die biotische Gemeinschaft Eigenwert und einen moralischen Status.

Jedes dieser drei umweltethischen Modelle hat aus biblisch-theologischer Sicht seine Stärken und Schwächen.10Vgl. Bouma-Prediger, For the beauty of the earth, S. 127ff. Der größte Schwachpunkt liegt generell darin, dass alle den Menschen oder die Natur im Mittelpunkt der Weltbetrachtung haben. In der christlichen Weltsicht ist das jedoch Gott, der Schöpfer. Nicht der Mensch, die belebte Natur oder die Ökosysteme besitzen ultimativen Wert in sich, sondern Gott. Nur über ihn erhalten Mensch und Natur ihre Bedeutung, und er ist es, der ihr Verhältnis zueinander bestimmt. Dieses Verhältnis ist eingebunden in ein dreifaches Beziehungsgeflecht (Abb. 3),11Vgl. Hodson/Hodson, Cherishing the Earth, S. 18. in dem Gott die Vorrangstellung innehat und der primäre Orientierungspunkt ist. In den folgenden Ausführungen wird dieses dreifache Verhältnis aus biblischer Sicht erläutert.

Abb. 3

Beziehung Gott-Mensch

Am Ende der Schöpfung steht der Mensch. Nachdem Gott die unbelebte und belebte Natur geschaffen hatte (1.Mo 1,3-25), rief er den Menschen ins Dasein (1.Mo 1,26f). Nicht nur diese chronologische Sonderstellung macht den Menschen in Gottes Augen zu etwas Besonderem, sondern auch seine Würde als Träger der göttlichen Ebenbildlichkeit (1.Mo 1,26). Hinter dem hier angesprochenen Konzept von „Ebenbild“ stehen die hebräischen Synonyme zelem („Abbild“) und demut(„Ähnlichkeit“). Demnach geht es hier darum, dass der Mensch Gott auf der Erde „abbilden“ soll: Der Mensch repräsentiert in seinem Dasein und Tun Gott, den Schöpfer. Dies tut er, indem er über Gottes Schöpfung Herrschaft ausübt („sie sollen herrschen...“). Das hier verwendete hebräische Wort radah („herrschen“) wie auch cawash („unterwerfen“, 1.Mo 1,28) werden in der Bibel allerdings nicht im Sinne von „ausbeuten“ oder „unterdrücken“ gebraucht, sondern sind auf dem Hintergrund von Gottes Idealbild einer Herrschaftsbeziehung zu verstehen. Einerseits veranschaulicht Gott dieses Ideal anhand seiner eigenen Person: er herrscht autoritativ über die gesamte Welt (Ps 47,3), aber er tut es mit Fürsorge und Großherzigkeit (Ps 23; Hes 34). Andererseits nennt er menschliche Könige nur dann gut, wenn sie uneigennützig sind und sich gerecht um ihre Untertanen sorgen (Ps 72; 2Sam 12,1-9).

Wir können hier zunächst festhalten, dass die Beziehung zwischen Gott und Mensch etwas Besonderes ist. Der Mensch ist im Gegensatz zu den Tieren ein personales Geschöpf, das stellvertretend für Gott über die nichtmenschliche Schöpfung herrschen soll. Dieses von Gott verliehene Herrschaftsmandat ist ein wesentlicher Unterschied zum Bio- und Ökozentrismus, die die Gleichheit des Menschen im Vergleich zu den Tieren bzw. den Ökosystemen betonen.

Beziehung Gott-Natur

Die Vorrangstellung des Menschen darf jedoch nicht als reiner Anthropozentrismus verstanden werden. Die Natur besitzt einen Eigenwert, der unabhängig von ihrem Nutzen für den Menschen besteht. Der Schöpfungsbericht bezeichnet die gesamte Welt, also jede Art von belebter und unbelebter Natur sowie jegliche Ökosysteme als „sehr gut“ (1.Mo 1,31).Gottes Wertschätzung der Natur zeigt sich ferner darin, dass er mit seiner ganzen Schöpfung einen Bund geschlossen hat. Im Schöpfungsbericht selbst (1.Mo 1-3) wird das Wort „Bund“ zwar nicht genannt, jedoch lassen sich Merkmale finden, die im Alten Vorderen Orient für einen Bundesvertrag zwischen zwei Parteien typisch waren. Diese typischen Merkmale sind unter anderem gewisse Bundesbestimmungen (vgl. 1.Mo 1,22: „seid fruchtbar und vermehrt euch...“) sowie Äußerungen zu Segen (vgl. 1.Mo 1,11-12.20-21.24) und Fluch (vgl. 1.Mo 3,14-15).12Vgl. Block, Daniel I., „To serve and to keep“, in: Keeping God’s earth, S. 124f. Einige Kapitel weiter, am Ende der Sintflutgeschichte, wird Gottes Beziehung zur Tierwelt sogar explizit als „Bund“ bezeichnet (1.Mo 9,9). Dass dieser Bund wahrscheinlich auch die nichtbelebte Natur einschließt, lesen wir in 1.Mo 8,21: „Nicht noch einmal will ich den Erdboden verfluchen wegen des Menschen“.

Ein weiterer Text, der eine menschenzentrierte Naturbetrachtung in seine Schranken weist, ist Hiob 38-39. Es handelt sich um die längste zusammenhängende Bibelpassage über die nichtmenschliche Schöpfung. Die Rede, die Gott hier an Hiob richtet, ist ein Aufruf zur Demut, nicht nur für Hiob in seinen Zweifeln darüber, ob Gott den Kosmos gänzlich unter Kontrolle hat, sondern auch für uns Menschen, die wir uns gerne in den Mittelpunkt der Welt stellen. Hier werden der Eigenwert und die Unabhängigkeit der nichtmenschlichen Natur deutlich. Gott beschreibt hier eine Welt ohne den Menschen, die ihre eigene Bedeutung besitzt. Neben dieser Dezentralisierung des Menschen wird zudem Gottes Freude an seiner nichtmenschlichen Schöpfung deutlich: „Der göttliche Designer und Erhalter ist stolz auf die Unabhängigkeit [seiner Kreaturen], ist von ihrem wilden Lebensraum entzückt und freut sich an dem jeweils einzigartigen Wert.“13Bauckham, Bible and Ecology, S. 51.

Ein zweiter Aspekt, der die Bedeutung des Menschen in Gottes Schöpfung relativiert, ist die Tatsache, dass die Bibel an verschiedenen Stellen die Menschen- und Tierwelt als Gemeinschaft darstellt. In Psalm 104 wird deutlich, dass wir die Erde mit allen anderen Kreaturen teilen, und in Psalm 148 zeigt sich das Motiv der Gemeinschaft aller Lebewesen darin, dass alle aufgerufen sind, Gott zu loben. Auch hier wird der Mensch also aus dem Zentrum des Geschehens gerückt und mit anderen Geschöpfen auf eine Ebene gestellt.

Wenn es um den Wert der Natur geht, kann man diesen auch mit seiner ästhetischen Funktion in Verbindung bringen. Die schönen und kreativen Schöpfungswerke in ihren einzelnen Lebens- und Existenzzusammenhängen sollen die Herrlichkeit ihres göttlichen Schöpfers widerspiegeln und auf diesen hinweisen (Ps 19,1; Röm 1,20). Im Falle einer Umweltzerstörung und –aus-beutung vonseiten des Menschen ist Gottes Schmerz also vergleichbar mit dem Schmerz eines Künstlers, wenn dessen Kunstwerk, in das er sehr viel Herz, Kreativität und Mühe hineingesteckt hat, zerstört würde.

Allerdings leidet Gottes Kunstwerk nicht nur durch den Eingriff des Menschen in die Natur seit Beginn der Industrialisierung. Die Bibel porträtiert die Welt seit dem Sündenfall des ersten Menschenpaares als gefallene Schöpfung, die im Vergleich zur ursprünglichen Version an Glanz und Harmonie eingebüßt hat (1.Mo 3,17; Röm 8,22). Degenerierungserscheinungen in der Natur gibt es von daher nicht erst seit der Neuzeit.

Die Gefallenheit seiner erschaffenen Welt möchte Gott jedoch umkehren, indem er die ursprüngliche Herrlichkeit und Harmonie wiederherstellt. Gottes Heilshandeln ist also nicht auf die Erlösung des Menschen beschränkt, sondern schließt die gesamte Schöpfung mit ein. Diese wurde im Alten Testament bereits angekündigt (Konzept des shalom, vgl. Jes 11,1-16) und im Neuen Testament durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi bewirkt (Kol 1,20).

Beziehung Mensch-Natur

Die Beziehung des Menschen zur Natur ist in mehrfacher Hinsicht seit dem Sündenfall gestört. Allgemein gesehen lässt sich eine Entfremdung des Menschen von der Natur feststellen, die im Zuge der Industrialisierung, Technisierung und Urbanisierung unseres Lebens stattgefunden hat. Francis Schaeffer spricht in Bezug auf unsere westliche, hochentwickelte Welt von einer „Plastikkultur“ und einem „mechanistischen Weltbild“, von einem Leben „ohne Gefühl für die Natur“.14Schaeffer, Das programmierte Ende, S. 18.

Unter Christen wird das generell gestörte Verhältnis des Menschen zur Natur zusätzlich durch problematische Tendenzen in der Theologie verstärkt. Es wird zwar oft auf die Schönheit der Schöpfung hingewiesen, aber meist nur in der Auseinandersetzung mit nichtchristlichen Positionen, als eine Art „Gottesbeweis“, nicht als Hinweis auf den Eigenwert der nichtmenschlichen Schöpfung. Zweitens ist eine Art platonischer Dualismus verbreitet, der den Wert des Materiellen abwertet, da ja nur das Immateriell-Geistliche zähle. Eine damit oft zusammenhängende dritte theologische Sichtweise, die die Bedeutung der materiellen Welt relativiert, hat mit der Endzeitvorstellung zu tun, dass bei Jesu zweiter Wiederkunft die aktuelle Schöpfung sowieso vernichtet werde. Warum sollte man sich dann viel Mühe machen mit der Bewahrung dieser Welt?

Diese drei christlichen Eigenheiten halten einer genauen biblischen Überprüfung nicht stand. Erstens hat die Natur, wie wir gesehen haben, einen Wert um ihrer selbst willen. Zweitens lehrt die Bibel keinen Dualismus, sondern betont eher das Gegenteil: Gott bejaht das Materielle und Irdische, was vor allem durch die Menschwerdung Jesu deutlich wird, der bewusst mit einem realen Körper auf die Welt kam. Auch seine Auferstehung warbewusst eine Auferstehung „im Fleisch“, d.h. mit einem Körper, und nicht nur „im Geist“. Drittens gibt es gute Gründe dafür, die Stellen 2.Petr 3,10-12 und Offb 21,1 so zu verstehen, dass nicht unbedingt eine vollständige Zerstörung der jetzigen Welt gemeint sein muss, sondern eine Erneuerung oder Wiederherstellung. Gott benutzt diese materielle Welt als„Grundsubstanz“ für seine neue, verbesserte, in gewissem Sinne ebenfalls „materielle“ Schöpfung.15Moo, Douglas, „Eschatology and environmental ethics: on the importance of biblical theology to creation care”, in: Keeping God’s earth, S. 31-35. Angesichts dieser gestörten Beziehungsverhältnisse zwischen Mensch und Natur ist es kaum verwunderlich, dass der Mensch mit den natürlichen Ressourcen unseres Planeten gleichgültig, egoistisch oder rücksichtslos umgeht. Das heute weitverbreitete Mensch- Natur-Verhältnis sollte also grundlegend überdacht werden.

Die Bibel macht darüber hinaus unmissverständlich klar, dass die Erde nicht uns Menschen gehört: „Die Erde ist des Herrn“ (Ps 24,1). Gott bestimmt also, wie mit seiner Schöpfung umgegangen werden soll. Dafür kann Gottes eigener Umgang mit seinen Schöpfungswerken als Vorbild dienen. Er kümmert sich liebevoll um das Wachstum der Pflanzen (Ps 65,9-13) und die Ernährung der Tiere (Mt 6,26; 10,29). Die Erhaltung des gesamten Universums durch Jesus Christus kann auch auf diesem Hintergrund der göttlichen Fürsorge verstanden werden (Kol 1,16-17). In Anbetracht der Tatsache, dass Gott auf die Pflege seiner Welt sehr viel Wert legt, wäre es nicht nur aus logischen Gründen sehr abwegig, wenn man annehmen würde, der Mensch hätte nun die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die nichtmenschliche Umwelt. Gott gebietet dem Menschen ausdrücklich, dass er das ihm Anvertraute verantwortlich und nachhaltig behandelt. Es heißt nicht nur „Der Himmel ist der Himmel des HERRN, die Erde aber hat er den Menschenkindern gegeben“ (Ps 115,16), sondern auch „Und Gott, der HERR, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, ihn zu bebauen und ihn zu bewahren“ (1.Mo 2,15). Viele Ausleger sehen bei den hebräischen Wörtern abad („bebauen“) und samar („bewahren“) eine Verbindung zum Dienst der Leviten in der Stiftshütte oder dem Tempel. So wie die Priester und Leviten den Bund zwischen Gott und Israel durch ihren Dienst im Heiligtum pflegten und aufrecht erhielten, so soll der Mensch im Allgemeinen den Bund, den Gott mit seiner Schöpfung geschlossen hat, in einer Haltung der Fürsorge und Bewahrung ausdrücken.16Vgl. Block, To serve and to keep, S. 130.

An diesem Bewahrungsauftrag und dem oben bereits erläuterten Herrschaftsauftrag (1.Mo 1,26) lässt sich also ablesen, dass Gott den Menschen zu einem Verwalter der belebten und unbelebten Natur gemacht hat, der verantwortlich dafür ist, dass Land, Tiere und Ökosysteme respektvoll, fürsorglich und wertschätzend behandelt werden.

Wie oben bereits erwähnt, darf die Beziehung zwischen Mensch und Natur nicht rein biozentrisch oder ökozentrisch verstanden werden. Der Mensch hat den größten Wert und das Verwaltungsrecht gegenüber der Natur. Auch Tiere und die unbelebte Natur haben in der Bibel „Rechte“ (Sprüche 12,10; 5.Mo 20,19-20), diese sind aber dem Herrschaftsrecht des Menschen (1.Mo 1,26) untergeordnet. Der Mensch darf Tiere und pflanzliche Produkte essen (1.Mo 9,3) sowie in die Natur eingreifen, um sein Überleben zu sichern oder zu verbessern. Die Natur steht nämlich nicht nur für Harmonie und Schönheit, sondern nach dem Sündenfall auch für Gefahr und Bedrohung (vgl. 1.Mo 3,18). Naturerscheinungen wie Hurrikane, Überflutungen, Dürren, Erdbeben, giftige Pflanzen, giftige Schlangen und Insekten sowie wilde Raubtiere machen die Erde auch zu einem Ort von Zerstörung, Krankheit und Tod. „Natürlich“ heißt alsonicht automatisch „gut“, wie heutzutage von der Umweltbewegung oft suggeriert wird! Die gefallene Schöpfung ist kein Garten Eden. Aus dieser Beobachtung kann man schließen, dass es manchmal notwendig ist, dass der Mensch Tiere durch Waffen oder Pestizide tötet, die sein Leben direkt oder seine Nahrungsversorgung bedrohen. Es ist dem Menschen auch grundsätzlich erlaubt, Ökosysteme wie Wälder zu zerstören, um für sich einen Ort zum Leben zu schaffen (5.Mo 20,20). Natürlich müssen diese Prinzipien immer in dem größeren Rahmen der Schöpfungsbewahrung und –achtung gesehen werden, aber man darf nicht in naiver Weise das romantische Ideal einer unberührten Natur absolut setzen.

Bisher wurde die Relation zwischen Mensch und Natur nur unter dem Aspekt des Schutzes gesehen: der Mensch soll die Natur vor dem Verfall schützen. In der Bibel findet sich allerdings nicht nur diese konservierende Dimension unseres Schöpfungsauftrages, sondern auch die Dimension von Erlösung und Wiederherstellung. In Jesus Christus hat Gott nicht nur die Menschen erlöst, sondern auch die Natur (Kol 1,20). Diese Erlösung ist nicht nur zukünftig, sondern findet in Gottes Perspektive auch jetzt statt. Mit dem Sterben und Auferstehen von Jesus Christus ist das neue Friedensreich angebrochen, wo Mensch, Natur und Gott untereinander in einem neuen Beziehungsverhältnis stehen können. Natürlich wird das vollendete Maß dieser Erneuerung erst mit dem zweiten Kommen Christi erreicht, jedoch hat der Heilsprozess schon jetzt begonnen: „Versöhnung mit Gott und mit dem Rest von Gottes Schöpfung sind keine Alternativen, sondern natürliche Partner. Letztendlich sind sie untrennbar...und inder Krise unserer heutigen Welt wird beides dringend gebraucht. Der ‚Dienst der Versöhnung‘ der heutigen Kirche musssicherlich beides anstreben.“17Bauckham, Bible and Ecology, S. 178.

Beziehung Mensch-Mensch

Im Rahmen einer biblischen Umweltethik müsste das Beziehungsdreieck von Gott- Mensch-Natur noch um eine weitere Dimension erweitert werden, und zwar um die Beziehung Mensch-Mensch. Diese Dimension ist unter dem Gesichtspunkt relevant, dass nicht alle Menschen in gleicher Weise von den Umweltproblemen betroffen sind oder sein werden. Das Tragische ist, dass durch Klimawandel und Umweltzerstörung das Leben in den Dritte- Welt-Ländern gegenwärtig und zukünftig am meisten gefährdet ist. Die Industrieländer sind nicht so stark betroffen, obwohl diese das Umweltproblem vorrangig ausgelöst haben. Es wäre aus biblischer Sicht egoistisch und lieblos, diese ungleiche Verteilung der Folgen zu ignorieren oder gar zu begrüßen. Es wäre ein Leben nach dem Motto „Hauptsache mir geht’s gut“. Das biblische Gebot, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst (Mk 12,31), verbietet eine solche Einstellung.

Zu der hier angesprochenen Problematik gehört nicht nur die Frage, wie die Folgen der menschlichen Umweltbeeinflussung verteilt sind, sondern auch die Überlegung, was für eine Welt wir den nachfolgenden Menschengenerationen hinterlassen wollen. Was werden unsere Kinder und Kindeskinder tun, wenn sie feststellen, dass wir die fossilen Energieressourcen aufgebraucht haben? Was sollen sie tun, wenn immer weniger bewohnbare oder bebaubare Fläche zur Verfügung steht, weil einst fruchtbare Landstriche zu Wüsten geworden sind? Was werden die Menschen nach uns denken, wenn sie durch immer mehr Naturkatastrophen um ihr Leben fürchten oder wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssen?

Das Gebot der Nächstenliebe ermahnt uns zu einem nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen unserer Erde. Wir haben kein größeres Recht als die nachfolgenden Generationen, die uns von Gott gegebene Schöpfung zu nutzen und dadurch unsere Lebensqualität und unseren Wohlstand zu sichern.

Zusammenfassung: Eine biblische Umweltethik geht von Gott aus. Die Welt ist seine Schöpfung, die er dem Menschen anvertraut hat. Der Mensch darf die natürlichen Ressourcen der Erde für sich gebrauchen und sie für die Gestaltung eines sicheren und bequemen Lebensraumes „formen“, aber nur im Rahmen eines rücksichtsvollen und wertschätzenden Umgangs. Dieser Rahmen wird gesetzt durch vier Perspektiven:

  • Einzelne Pflanzen und Tiere sowie ganze Ökosysteme besitzen einen Eigenwert und sind zu schützen.
  • Gott gebraucht seine Schöpfung als einen Spiegel seiner Größe und Herrlichkeit, was uns Menschen dazu veranlassen muss, die Schönheit alles Geschaffenen zu erhalten.
  • Es muss die Perspektive der Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit mit Blick auf unsere gegenwärtigen und zukünftigen Mitmenschen berücksichtigt werden, zu der uns die christliche Nächstenliebe drängt.
  • Durch Jesu Tod und Auferstehung hat die prozesshafte Erlösung der ganzen Schöpfung begonnen, die unser Umweltverhalten bestimmen soll.

IV. Christliche Perspektiven für ein verantwortliches Umweltverhalten

Bei der Untersuchung unserer derzeitigen umweltethischen Herausforderungen ist deutlich geworden, dass die globalen Umweltprobleme vielschichtig sind und wechselseitig zusammenhängen. Einem einzelnen Menschen können diese komplexen Zusammenhänge so unübersichtlich vorkommen, dass sie die Haltung nahelegen, man sei machtlos gegen die ökologischen Probleme der Welt. Diese Sichtweise ist wahr und falsch zugleich. Auf der einen Seite ist es tatsächlich so, dass die Instanzen, die einen direkten weitreichenden Einfluss auf Umweltveränderungen haben, in Politik und Wirtschaft zu finden sind, es ist nicht der einzelne, der national oder international entscheidende Veränderungen herbeiführen kann. Hinzu kommt, dass gewisse Entwicklungen nicht aufzuhalten sind, wie etwa: eine steigende Weltbevölkerungszahl oder die rapide wachsende Wirtschaft in den Industrienationen und Schwellenländern.18Da gewissen Entwicklungen nicht aufzuhalten sind, ist eine Vermeidungsstrategie in Klimawandel und anderen Umweltfragen unzureichend. Zusätzlich muss eine Anpassungsstrategie verfolgt werden, die beispielsweise auf technologische Innovationen setzt (z.B. gute Frühwarnsysteme, CO2-Speichersysteme, energieeffizientere Technologien, neue Möglichkeiten für Süßwassergewinnung etc.). Auf der anderen Seite gibt es trotzdem nicht zu leugnende Verflechtungen zwischen individuellem Handeln sowie nationaler und internationaler Politik. Auf diesen drei Ebenen findet eine gegenseitige Einflussnahme und Wechselwirkung statt. Der Einzelne muss nicht tatenlos zusehen, wie die natürlichen Ressourcen der Erde aufgebraucht oder zerstört werden. Um dieses Beziehungsgeflecht der drei Ebenen und den universal geltenden christlich- ethischen Anspruch in Bezug auf Umweltfragen zu verdeutlichen, sollen im Folgenden in ausgewählter Form christliche Perspektiven für ein verantwortliches Umweltverhalten in drei Schritten aufgezeigt werden: auf internationaler, nationaler und individueller Ebene.

Internationale Handlungsstrategien

Der Klimawandel ist eine globale Angelegenheit. Die Ursachen sind kein nationales oder regionales Problem, sondern ein weltweites. Zudem werden die Folgen die ganze Weltgemeinschaft treffen. Hier haben Industrienationen und aufsteigende Schwellenländer wie China und Indien eine besondere Verantwortung, weil sie am meisten CO2-Emissionen produzieren und größtenteils nicht so stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind bzw. sein werden. Dieser Verantwortung können die erwähnten Länder nur gerecht werden, wenn sie verbindliche Vereinbarungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes treffen. Die wichtigste Vereinbarung in dieser Hinsicht ist bis heute das sog. Kyoto- Protokoll, das 1997 verabschiedet wurde und 2005 in Kraft trat. Unter anderem wird darin das Ziel verfolgt, den Ausstoß der Treibhausgase CO2, CH4, N2O, FKW, HFKW, SF6 zwischen 2008 und 2012 um fünf Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern. Die einzelnen Staaten verpflichteten sich auf unterschiedliche Emissionsmengen und können durch den sog. Emissionshandel das „Recht“ auf zusätzliche Emissionsmengen von Ländern mit wenig Ausstoß von Treibhausgasen „kaufen“. Es ist absehbar, dass die Ziele des Kyoto-Protokolls nicht erfüllt werden. Voraussichtlich werden die Emissionen zwischen 2008 und 2012 das Level von 1990 sogar um 10 Prozent übersteigen. Zwei weitere Probleme sind, dass das Kyoto-Protokoll wirtschaftlich schnell wachsenden Schwellenländern wie China und Indien wenig Restriktionen vorschreibt und dass die USA als Land mit dem meisten CO2-Ausstoß nie das Protokoll unterzeichnet haben. Trotz dieser Probleme sind die internationalen Klimaverhandlungen aus christlicher Sicht grundsätzlich zu unterstützen. Es ist zu hoffen, dass man ab 2012, wenn das Kyoto- Protokoll ausläuft, zu strengeren Bestimmungen und konsequenterem Vorgehen gelangt, am besten zusammen mit den USA.

Abb. 4

Im Klimaschutzprozess nimmt die EU eine Vorreiterrolle und Schlüsselposition ein. Neben ihren Mitgliedsstaaten ist auch die Europäische Union als Ganzes dem Kyoto- Protokoll beigetreten. Sie hat die Verpflichtung übernommen, die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 8 Prozent zu senken. Nachdem sich Ende der 1990er Jahre allerdings herausstellte, dass die Mitgliedsstaaten ihre Ziele nicht erreichen würden, hat die EU weitere Richtlinien und Maßnahmen initiiert, um den Forderungen des Kyoto- Protokolls gerecht zu werden. Dazu gehören technologieorientierte Schritte wie Richtlinien zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, zur Einführung von Biokraftstoffen, zur Förderung der Kraft- Wärme-Koppelung, zur Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden sowie Vereinbarungen zu Höchstverbrauchsstandards von Geräten. Zudem hat die EU ein eigenes CO2- Emissionshandelsystem für die energieintensiven Industrien etabliert. Das alles und noch einiges mehr wird unter das Klimaschutz-Aktionsprogramm der EU (European Climate Change Programme – ECCP) gefasst.

Die Europäische Union hat nicht nur intern Erhebliches für das Klimaschutzprogramm geleistet. Ihren vielfältigen Anstrengungen in Bezug auf internationale Verhandlungen ist es zu verdanken, dass das Kyoto- Protokoll beschlossen werden konnte. Erst durch das vehemente Einwirken der EU auf Russland hat die russische Regierung den Vereinbarungen des Protokolls zugestimmt, was die Voraussetzung war für dessen Inkrafttreten. Eine christliche Umweltethik kann die Maßnahmen der EU nur unterstützen, genauso wie weitere von ihr beschlossenen Umweltschutzprogramme, beispielsweise zum Bodenschutz, der Arterhaltung von Tieren und Pflanzen und von umwelterhaltenden Maßnahmen im Rahmen der Entwicklungspolitik. Gerade der letzte Punkt ist nicht zu vernachlässigen: viele Umweltprobleme sind auf finanzielle oder technologische Probleme einzelner Menschen oder Länder zurückzuführen (z.B. Brandrodung, Wasserknappheit, Bodendegeneration, unzureichende Müllentsorgung).

Nationale Handlungsstrategien

Ohne die Pionierarbeit Deutschlands in umweltpolitischen Maßnahmen, hätte die EU niemals eine so starke Vorreiterrolle auf internationaler Ebene übernommen. In Deutschland ist Klima- und allgemeiner Umweltschutz schon früh auf die politische Agenda gesetzt worden. Die untere Tabelle gibt einen Eindruck davon, wie viel Deutschland seit 1998 in Sachen Umweltschutz unternommen hat.

Abb. 5

Das aktuellste Beispiel für deutsche Umweltpolitik ist die angestrebte Beschleunigung der Energiewende, die mit der Ersetzung von fossiler Energiegewinnung und Atomkraft durch erneuerbare Energien erreicht werden soll. Dabei soll fossile Energiegewinnung reduziert und Atomenergie vollständig aufgegeben werden. In der öffentlichen Diskussion werden die jüngsten Maßnahmen in der deutschen Energiepolitik allerdings von etlichen Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftsfunktionären kritisiert. Unter anderem wird angezweifelt, ob der Ausbau der Stromnetze und der erneuerbaren Energieträger wie Solar- oder Windkraftanlagen in dieser Geschwindigkeit funktionieren könne. Außerdem monieren Kritiker, dass die mit der neuen Energiepolitik einhergehenden steigenden Strompreise ärmere Menschen in Deutschland in größere finanzielle Not bringen könnten.

Trotzdem bleibt festzuhalten: Deutschland ist in vielerlei Hinsicht ein Vorbild für verantwortliches Umweltverhalten. Das sieht man nicht nur an verschiedenen Gesetzesbeschlüssen, sondern auch an konkreten Auswirkungen dieser Erlasse. Deutschland ist eines der wenigen Länder, das die im Kyoto-Protokoll vereinbarte Emissionsreduzierung einhalten wird (vgl. Abb. 4). Zudem ist kein Land so weit fortgeschritten in Bezug auf die Ersetzung von endlichen Energien durch erneuerbare, was zu einem geringeren CO2-Ausstoß führt und die fossilen Ressourcen für die Nachwelt konserviert. Eine christliche Umweltethik kann diese Bemühungen der deutschen Regierung nur gutheißen, natürlich mit dem Vorbehalt, dass umweltpolitische Maßnahmen sozial verträglich sein müssen. Beispielsweise darf die Energiewende nicht dazu führen, dass die ärmeren Bevölkerungsgruppen in Deutschland untragbar belastet werden.

Individuelle Handlungsstrategien

Wir haben bisher folgende Kausalkette festgestellt: Weil Deutschland als einflussreichstes Land in der EU einen großen Wert auf Umweltschutz legt, tut es unter anderem deswegen auch die EU. Und weil die EU eine energische Umweltpolitik betreibt, bewegt sich auch international etwas. Am Anfang dieser Kausalkette steht jedoch das Individuum: „Die Wahrscheinlichkeit, dass die internationale Gemeinschaft handelt, erhöht sich, wenn prominente nationale Regierungen bereits aktiv geworden sind, und diese werden nur handeln, wenn die Bürger ihres Landes ihnen dafür Raum geben. Von den verwirrenden Höhen und Komplexitäten von Kyoto oder der europäischen Emissionshandelsbestimmung geht es letztendlich um die Frage, welches Verhalten du und ich an den Tag legen.“19Spencer/White, Christianity, Climate Change and Sustainable Living, S. 213. Demnach können wir als einzelne durch unser Handeln im Kleinen globale Veränderungen herbeiführen. Warum überlassen wir das den säkularen Umweltbewegungen? Umweltschutz ist aus christlicher Sicht keine Option, er ist ein Gebot.20Für praktische Tipps siehe ebd., S. 151ff; Hodson, Cherishing the Earth, S. 98ff.

© 2012 Institut für Ethik & Werte

Bert Görzen

Bert Görzen

Pastor der FeG Mainz

Endnoten

  • 1
    Alt, Der ökologische Jesus, S. 16.
  • 2
    Alt, Der ökologische Jesus, S. 14.
  • 3
    Alister McGrath hat bei der Untersuchung der historischen Ursachen der ökologischen Krise festgestellt, dass sie nicht primär im Christentum zu suchen seien, sondern im aufklärerischen Geist der Autonomie und dem daraus entstandenen naturwissenschaftlichen Prinzip der Naturbeherrschung: „Die ökologische Krise lässt sich auf ein Weltbild zurückführen, das die menschliche Autonomie betont und Natur als einen dem Menschen unterworfenen Mechanismus ansieht. Das Christentum ist an dieser Entwicklung beteiligt. Doch sobald sich dieses Weltbild herausgebildet hatte, erklärte es seine Unabhängigkeit von allen intellektuellen und moralischen Beschränkungen und ging ihren eigenen Weg...Dieses Weltbild wandte sich von der klassischen christlichen Lehre ab, die dem Menschen in seinem Umgang mit der Natur Grenzen setzt und seine Verantwortung diesbezüglich hervorhebt“ (McGrath, The re-enchantment of nature, xviii).
  • 4
    „Nun hat es natürlich Schwankungen bei den Durchschnittstemperaturen innerhalb sehr langer Perioden immer gegeben (Warm- und Kaltzeiten). Besorgniserregend ist aber nicht nur die Größenordnung des Temperaturanstieges, sondern vor allem dessen Geschwindigkeit. Niemals in den letzten 1000 Jahren ist ein derartig schneller Temperaturanstieg verzeichnet worden“ (Matthes, Felix Christian, „Klimawandel und Klimaschutz“, in: Umweltpolitik, S. 21f).
  • 5
    „Die Bandbreite der Temperaturprognosen ist dabei nicht nur auf wissenschaftliche Unsicherheiten zurückzuführen, sondern berücksichtigt vor allem verschiedene Emissionsverläufe. In Abhängigkeit von den unterstellten Emissionsverläufen ergibt sich als beste Abschätzung eine Bandbreite der Temperaturerhörung von 1,8 bis 4,0°C. Setzen sich die heute beobachteten Emissionstrends fort, so ist für das Jahr 2100 – ebenfalls im Vergleich zu 1990 – mit einer Temperaturerhöhung von 3,4 bis 4,0°C (bei einer Unsicherheit der Modelle von etwa ±1°C) zu rechnen“ (Ebd., S. 22).
  • 6
    Es gibt etliche Forscher, die eine Klimaerwärmung überhaupt oder deren negative Folgen leugnen. Auf diese Meinung stützen sich in den USA eine Vielzahl von bedeutsamen Personen der Öffentlichkeit sowie einige Theologen. Ein Beispiel ist der für die evangelikale Bewegung einflussreiche Theologieprofessor Wayne Grudem. (Vgl. Grudem, Politics according to the bible, S. 371). Grudem wirft dem Weltklimarat IPCC vor, nicht objektiv zu sein und sich von wirtschaftlichen oder politischen Zielen leiten zu lassen. Gegen Grudems Behauptung vgl. Spencer/White, Christianity, climate change and sustainable living, S. 25f; Houghton, John, „The changing global climate: Evidence, impacts, adap- tion and abatement“, in: Keeping God’s Earth: The Global Environment in Biblical Perspective, S. 198f; McCarthy, James J., „Climate science and its distor- tion and denial by the misinformation industry”, in: Creation in Crisis: Christian perspectives on sus- tainability, S. 44ff; Bauckham, Bible and Ecology, ix-xi; Bouma-Prediger, For the beauty of the earth, S.61ff).
  • 7
    Noch nicht abschließend nachgewiesen ist, ob die Zunahme anderer extremer Wetterereignisse wie Hurrikane oder Taifune auf den Klimawandel zurückzuführen ist.
  • 8
    Wann die Ölreserven unserer Erde aufgebraucht sein werden, ist umstritten. Laut dem Ölkonzern BP reichen die Reserven noch 36 Jahre, Shell und die internationale Energieagentur (IEA) sagen 46 Jahre.
  • 9
    Russland, die USA, Kanada, Dänemark und Norwegen planen eine Erschließung von Öl- und Gasfeldern am Nordpol. Biologen und Geologen befürchten, dass dies verheerende Folgen für die Ökosysteme am Polarmeer und darüber hinaus zur Folge haben könnte. Außerdem hat die Ressourcenknappheit dazu geführt, dass neue Techniken eingesetzt werden, wie z.B. das „Fracking“. Diesbezüglich gibt es ebenfalls erhebliche Umweltbedenken. Fracking bezeichnet eine Bergbaumethode, die die Tiefbohrung mit dem Einpressen von einer chemischen Flüssigkeit ergänzt. Diese erzeugt Risse in einer Gesteinsschicht und macht diese durchlässig. Wenn sich also Gas oder Öl in solch einer undurchlässigen Gesteinsschicht befinden, kann man diese mithilfe der Fracking-Methode wirtschaftlich gewinnbringend erschließen. Kritiker befürchten jedoch, dass das Grundwasser durch die chemische Flüssigkeit oder durch ausströmendes Gas verschmutzt werden könnte. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass das Gas an die Erdoberfläche entweicht. Bisher haben sich diese Umweltbedenken allerdings nicht sicher bestätigt.
  • 10
    Vgl. Bouma-Prediger, For the beauty of the earth, S. 127ff.
  • 11
    Vgl. Hodson/Hodson, Cherishing the Earth, S. 18.
  • 12
    Vgl. Block, Daniel I., „To serve and to keep“, in: Keeping God’s earth, S. 124f.
  • 13
    Bauckham, Bible and Ecology, S. 51.
  • 14
    Schaeffer, Das programmierte Ende, S. 18.
  • 15
    Moo, Douglas, „Eschatology and environmental ethics: on the importance of biblical theology to creation care”, in: Keeping God’s earth, S. 31-35.
  • 16
    Vgl. Block, To serve and to keep, S. 130.
  • 17
    Bauckham, Bible and Ecology, S. 178.
  • 18
    Da gewissen Entwicklungen nicht aufzuhalten sind, ist eine Vermeidungsstrategie in Klimawandel und anderen Umweltfragen unzureichend. Zusätzlich muss eine Anpassungsstrategie verfolgt werden, die beispielsweise auf technologische Innovationen setzt (z.B. gute Frühwarnsysteme, CO2-Speichersysteme, energieeffizientere Technologien, neue Möglichkeiten für Süßwassergewinnung etc.).
  • 19
    Spencer/White, Christianity, Climate Change and Sustainable Living, S. 213.
  • 20
    Für praktische Tipps siehe ebd., S. 151ff; Hodson, Cherishing the Earth, S. 98ff.

Bibliografie

Alt, Franz, Der ökologische Jesus: Vertrauen in die Schöpfung, 3. Aufl., München: Goldmann, 2003.

Bauckham, Richard, Bible and Ecology: Rediscovering the Community of Creation, London: DLT, 2010.

Bouma-Prediger, Steven, For the Beauty of the Earth: a Christian Vision for Creation Care, Engaging Culture, Grand Rapids: Baker Academic, 2001.

Creation in Crisis: Christian Perspectives on Sustainability, Hg. Robert White, London: SPCK, 2009.

Grudem, Wayne, Politics according to the Bible: A comprehensive resource for understanding modern political issues in light of Scripture, Grand Rapids: Zondervan, 2010.

Hodson, Martin J. / Margot R. Hodson, Cherishing the Earth: How to care for God’s creation, Oxford: Monarch Books, 2008.

Keeping God’s Earth: the Global Environment in Biblical Perspective, Hg. Noah J. Toly / Daniel I. Block, Downers Grove: IVP, 2010.

McGrath, Alister, The Re-enchantment of Nature: Science, Religion and the Human Sense of Wonder, London: Hodder & Stoughton, 2002.

Northcott, Michael S., A Moral Climate: The Ethics of Global Warming, New York: Orbis, 2007.

Schaeffer, Francis, Das programmierte Ende: Umweltschutz aus christlicher Sicht, Wuppertal: R. Brockhaus, 1973.

Spencer, Nick / Robert White, Christianity, Climate Change and Sustainable Living, London: SPCK, 2007.

Umweltpolitik, Hg. Bundeszentrale für politische Bildung, Informationen zur politischen Bildung 287, überarb. Neuaufl., 2008.