Kirchenasyl im 21. Jahrhundert
Ethisch geboten - rechtlich verboten?
I. Einleitung: Was ist Kirchenasyl?
Cuxhaven, Dezember 2012: Eine vierköpfige Familie aus Syrien wendet sich mit der Bitte um Kirchenasyl an die Gemeinde der Ev.-luth. Gnadenkirche. Hintergrund des Gesuchs: Der Antrag der Familie auf Asyl in Deutschland wurde abgelehnt, gemäß der Dublin II-Verordnung1Die Dublin II-Verordnung sieht vor, dass für den Asylantrag derjenige EU-Mitgliedstaat zuständig ist, den der Asylsuchende zuerst betreten hat. droht die Abschiebung nach Italien. Aus eigener Erfahrung kennen die Syrer die höchst problematische Lage von Flüchtlingen in diesem Land. Zudem befindet sich die Mutter im 6. Monat einer Risikoschwangerschaft. Doch die Entscheidung der Behörden zur Abschiebung ist beschlossen und auf rechtlichem Weg nicht mehr abzuwenden.
Der Kirchenvorstand ist sich einig, dass der Familie unter diesen Umständen eine Abschiebung nicht zugemutet werden kann, und beschließt die Gewährung von Kirchenasyl. Dieses führt zum gewünschten Erfolg: Die Behörden verzichten aufgrund des Aufenthalts in kirchlichen Räumen auf eine polizeiliche Räumung und setzen den Rückführungstermin als nicht durchführbar aus. Da eine Rückführung nur innerhalb von sechs Monaten möglich ist und diese Frist bereits im nächsten Monat abläuft, hält die Kirchengemeinde das Kirchenasyl bis zu diesem Zeitpunkt aufrecht und ermöglicht es der Familie dadurch, einen neuen, rechtmäßigen Antrag auf Asyl in Deutschland zu stellen.2Vgl. http://www.kirchenasyl.de/wp-content/ up-loads/2013/12/erfahrungsbericht-cuxhaven1.pdf [07.08.2015] [Dieser Link ist leider nicht mehr verfügbar, 23.06.2023].
Kassel, Dezember 2014: Die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde der Baptisten gewährt einem 27jährigen Flüchtling aus Eritrea in ihrem Gemeindebüro Kirchenasyl. Nach einer lebensgefährlichen Flucht über den Sudan und Libyen war der junge Mann nach Malta gelangt und von dort nach Deutschland. Nun soll er, ebenfalls aufgrund der Dublin II-Verordnung, nach Malta zurückgeschickt werden. Doch davon raten Partnergemeinden der Baptistengemeinde Kassel dringend ab, denn auf Malta drohen dem Mann Obdachlosigkeit, Bettler-Dasein, Straßenkriminalität und Ausbeutung. Um ihn davor zu schützen, entschließt sich auch diese Gemeinde für die Gewährung von Kirchenasyl.3Vgl. http://www.hna.de/kassel/vorderer-westen-ort 140786/drohende-abschiebung-baptisten-gemeinde-gewaehrt-fluechtling-kirchenasyl-4572799.html [07.08.2015].
Fälle wie diese sind keine Seltenheit. Konfessionsübergreifend sehen sich Gemeinden vor die Frage gestellt, ob sie Flüchtlingen Kirchenasyl gewähren sollten oder nicht. Die Entscheidung fällt oft nicht leicht: Dürfen Christen sich staatlichen Anweisungen widersetzen? Ist die Gewährung von Kirchenasyl legitimer Ausdruck christlichen Glaubens, und ist sie auch mit geltendem Recht vereinbar? Sind die Verpflichtungen tragbar, die man mit der Gewährung eingeht?
Die folgenden Ausführungen möchten indem Entscheidungsprozess um das Kirchenasyl als Leitfaden dienen. Dazu wird die Rolle des Kirchenasyls in Deutschland ebenso beleuchtet wie seine geschichtlichen Wurzeln. Es wird aufgezeigt, warum die Gewährung von Kirchenasyl umstritten ist und welche Aspekte bei einem christlich-ethisch begründeten Urteil berücksichtigt werden sollten. Am Anfang der Überlegungen steht jedoch die Frage, was überhaupt unter einem Kirchenasyl zu verstehen ist.
„Kirchenasyl ist die zeitlich befristete Aufnahme von Flüchtlingen in den Räumen einer Kirchengemeinde, dessen ausschließliche Absicht darin besteht, Schutz vor Abschiebung zu gewähren, um dadurch inhumane und menschenrechtswidrige Härten für die betroffenen Menschen zu vermeiden, oder um sie vor Gefahr für Leib und Leben im Rückkehrland zu bewahren.“4Definition von Jürgen Quandt, zitiert nach: Herler, Kirchliches Asylrecht, 2004. Eine rechtliche Basis für diese Form von Asyl gibt es nicht. Dennoch respektiert der Staat in den meisten Fällen ein Kirchenasyl und greift nicht ein. Das Kirchenasyl soll bewirken, dass der Asylantrag von der Ausländerbehörde noch einmal überprüft wird. Kirchenasyl ist demnach als eine Übergangslösung in Härtefällen anzusehen, mit deren Gewährung christliche Gemeinden Widerspruch gegen staatliche Entscheidungen erheben.
Ausschlaggebend für den Schutz, den das Kirchenasyl bietet, ist der Aufenthaltsort des Flüchtlings. Kirchenasyl wird daher auch als örtliches Asyl bezeichnet. Wichtig ist, dass es sich um einen Raum handelt, der der Religion gewidmet ist. Hierzu zählen neben der eigentlichen Kirche, die für eine dauerhafte Unterbringung oft wenig geeignet ist, z.B. auch Pfarr- und Gemeindehäuser, kirchliche Dienstwohnungen und Klöster. Obwohl rechtlich die Möglichkeit besteht, verzichten staatliche Behörden aus Achtung vor der besonderen Würde kirchlicher Räume in der Regel darauf, an solchen Orten Polizeieinsätze durchzuführen. Diese Tatsache macht sich das Kirchenasyl zunutze. Für die untergebrachten Flüchtlinge geht damit allerdings eine Art Arrest einher. Sobald sie das kirchliche Gelände verlassen, laufen sie Gefahr, verhaftet und anschließend abgeschoben zu werden.5Vgl. zu der Bedeutung des Asylortes Morgenstern, Kirchenasyl, 141-146.
II. Kirchenasyl in Deutschland: Zahlen und Fakten
Dass Menschen im Sinne des Kirchenasyls in kirchlichen Räumen Schutz suchen, ist in Deutschland seit Anfang der 1980er Jahre verstärkt zu beobachten.6Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 13. Statistische Werte, die aussagekräftig Aufschluss über das Ausmaß des Kirchenasyls liefern, existieren aber erst seit Mitte der 90er Jahre. Vermutlich wurde dem Kirchenasyl in der Anfangszeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt, weil man es als Ausnahme- und Einzelfall ansah. Sofern für diese Zeit überhaupt Zahlen vorliegen, handelt es sich um punktuelle oder summarische Erhebungen, die nur begrenzt Rückschlüsse zulassen.7Vgl. ebd. 148.
Systematische Erhebungen liegen vor, seit 1994 die Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ gegründet wurde. Aus den Zahlen geht hervor, dass im Jahr 1995 in Deutschland 74 Kirchengemeinden 230 Flüchtlingen öffentliches Kirchenasyl gewährten. In den folgenden Jahren stiegen die Werte kontinuierlich an und erreichten 1999 einen Höchststand von 91 Gemeinden, die insgesamt 395 Flüchtlinge beherbergten. Die steigenden Zahlen sind zum einen darauf zurückzuführen, dass zunehmend ganze Familien untergebracht wurden, zum anderen darauf, dass die Lösung der Kirchenasylfälle zunehmend länger dauerte.8Vgl. ebd. 148-149. Dass sich immer mehr Gemeinden für die Gewährung von Kirchenasyl entschieden, hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass zu Beginn der 90er Jahre die Gesetze der Asyl- und Ausländerpolitik verschärft wurden. Durch das nun restriktivere staatliche Vorgehen sahen sich christliche Gemeinden vermehrt zum Eingreifen verpflichtet.9Vgl. ebd. 151.
Ab dem Jahr 2000 sank die Anzahl der jährlichen Kirchenasylfälle wieder und bewegte sich in den Folgejahren mit ca. 25-50 Fällen pro Jahr auf einem konstant niedrigen Niveau.10Vgl. ebd. 150 und http://www.kirchenasyl.de/?pa-ge_id=4 [07.09.2015]. Im Hintergrund steht nicht nur die insgesamt rückläufige Zahl von Asylanträgen,11Vgl. http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE /Publikationen/Flyer/flyer-schluesselzahlen-asyl-halbjahr-2015.pdf?__blob=publicationFile[07.09.2015] [Dieser Link ist leider nicht mehr verfügbar, 23.06.2023]. sondern auch die Beendigung einiger Kirchenasyle durch Anwendung der Altfallregelung sowie die Tatsache, dass zunehmend bereits im Vorfeld geprüft wurde, ob die Gewährung von Kirchenasyl überhaupt Aussicht auf Erfolg versprach.12Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 151-152.
Ein erheblicher Anstieg der gewährten Kirchenasyle ist ab dem Jahr 2014 zu verzeichnen. Wurden im Jahr 2013 mit 79 Kirchenasylfällen und insgesamt 162 Flüchtlingen bereits deutlich höhere Werte erfasst als in den Vorjahren, so erreichte das Jahr 2014 mit 430 Fällen und 788 Personen einen neuen Spitzenwert. Für 2015 zeichnet sich diese hohe Tendenz weiter ab.13Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015]. Betrachtet man vergleichsweise die Anzahl der Asylerstanträge, die in diesen Jahren in Deutschland gestellt wurden, so ist dort ebenfalls ein hoher sprunghafter Anstieg erkennbar: Im Jahr 2013 gab es rund 109.500 Erstanträge, 2014 waren es bereits rund 173.000 und 2015 allein in der ersten Jahreshälfte fast 160.000.14Vgl. http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE /Publikationen/Flyer/flyer-schluesselzahlen-asyl-halbjahr-2015.pdf?__blob=publicationFile[07.09.2015] [Dieser Link ist leider nicht mehr verfügbar, 23.06.2023]15.
Neben der Anzahl der Kirchenasyle und der Zahl der betroffenen Flüchtlinge geben die Aufzeichnungen von „Asyl in der Kirche“ auch Aufschluss über die Gemeinden, die Kirchenasyl gewährt haben. Hinsichtlich der konfessionellen Verteilung lässt sich feststellen: „Kirchenasyl ist eine Domäne der Protestanten“16Morgenstern, Kirchenasyl, 152.. Katholische oder freikirchliche Gemeinden gewährten Kirchenasyl über Jahre hinweg nur in Einzelfällen.17Vgl. für die Jahre 2004-2014 die Werte unter http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015]. So standen beispielsweise im Jahr 2010 21 evangelischen Gemeinden nur drei katholische und eine freikirchliche gegenüber. An dem starken Anstieg der Kirchenasyle im Jahr 2014 waren Protestanten mit 292 Gemeinden beteiligt, Katholiken mit 85 und Freikirchen mit 35.18Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015]. Mögliche Gründe für die wesentlich höhere Beteiligung evangelischer Kirchengemeinden könnten darin zu sehen sein, dass diese auf Gemeindeebene mehr Entscheidungsbefugnisse besitzen als katholische Kirchengemeinden und dass ihre Leitungsgremien sich schon sehr früh mit dem Thema Kirchenasyl auseinandergesetzt und Handlungsanweisungen formuliert haben.19Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 153.
Nicht nur in der konfessionellen, auch in der regionalen Verteilung der Kirchenasylfälle sind deutliche Unterschiede erkennbar. Über einen Zeitraum von zehn Jahren (2004-2013) gab es beispielsweise in Rheinland-Pfalz in acht und in Bayern in sieben Jahren keinen einzigen Fall von Kirchenasyl. Nordrhein-Westfalen und Berlin hingegen gehören zu den Bundesländern mit den meisten Kirchenasylfällen. In Nordrhein-Westfalen gab es im genannten Zeitraum 145 Kirchenasyle, in Berlin 53.20Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015].
Über Ursachen für das ungleiche regionale Aufkommen lässt sich nur spekulieren. Die Gesamtzahl der dem Bundesland zugeteilten Asylbewerber21Diese erfolgt nach dem „Königssteiner Schlüssel“, welcher aus den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der jeweiligen Bundesländer errechnet wird ( http://www.bamf.de/DE/Migra-tion/Asyl-Fluechtlinge/Asylverfahren/Vertei-lung/verteilung-node.html, [07.09.2015]) [Dieser Link ist leider nicht mehr verfügbar, 23.06.2023]22. kann ebenso eine Rolle spielen wie dessen konfessionelle Prägung. Auch positive oder negative Erfahrungen mit den Behörden des Bundeslandes wirken sich möglicherweise darauf aus, ob eine Gemeinde bereit ist, in Zukunft noch einmal Kirchenasyl zu gewähren oder nicht.
Den erhobenen Daten zufolge führt Kirchenasyl in der großen Mehrheit der Fälle zum gewünschten Erfolg. Dass Kirchenasyle geräumt und die betreffenden Personen abgeschoben werden, ist nur sehr selten der Fall. Gelegentlich tauchen die beherbergten Flüchtlinge nach einer gewissen Zeit unter oder reisen „freiwillig“ aus. Im Regelfall kann das Kirchenasyl aber erfolgreich beendet werden. In der Zeit von 2004-2014 traf dies durchschnittlich auf 91,26% der beendeten Kirchenasyle zu. Ein „erfolgreiches Ende“ ist jedoch nicht mit der Anerkennung als Asylbewerber in Deutschland zu verwechseln. Ein Kirchenasyl gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn z.B. eine erneute Prüfung des Asylantrags oder eine vorläufige Duldung erwirkt werden konnte.23Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015].
Die verfügbaren Statistiken machen zweierlei deutlich: Kirchenasyl ist in Deutschland rein zahlenmäßig kein Massenphänomen. Verglichen mit der Gesamtzahl der Asylanträge wird Kirchenasyl nur in einem ganz geringen Prozentsatz der Fälle praktiziert. Gleichzeitig ist es ein Phänomen, das über Jahre hinweg kontinuierlich zur Anwendung gekommen und daher nicht zu vernachlässigen ist. Gemeinden haben auf diese Weise einer Vielzahl an Flüchtlingen geholfen, indem sie erfolgreich deren Abschiebung verhindert haben.
Kirchenasyl führt in Deutschland kein Nischendasein. Gerade dadurch, dass viele Kirchenasylfälle bewusst an die Öffentlichkeit getragen werden, zieht es wiederholt das Interesse der Medien auf sich. In der Gesellschaft stößt die Gewährung von Kirchenasyl längst nicht bei allen auf Zustimmung. Es ist ein Thema, das polarisiert.
Warum die Gewährung von Kirchenasyl mitunter als problematisch angesehen wird, erklärt sich von seinen geschichtlichen Wurzeln her. Von Bedeutung sind vor allem zwei Aspekte: 1. Welche historischen Vorläufer für das heutige Kirchenasyl gibt es und was war deren Funktion? 2. In welchem Verhältnis standen Staat und Kirche zueinander, als diese Formen des Kirchenasyls praktiziert wurden?
III. Geschichtliche Hintergründe zum Kirchenasyl24Die geschichtliche Darstellung bezieht sich auf den westlichen Kulturkreis. Wenn den einzelnen Epochen eine bestimmte Form des Verhältnisses von Kirche und Staat zugeordnet wird, so handelt es sich um eine vereinfachende Darstellung, die eine tendenzielle Entwicklung wiedergibt, aber nicht zwingend auf jeden Einzelfall zutrifft (vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 31).
3.1 Antike
Sowohl in der griechischen und römischen Geschichtsschreibung als auch im Alten Testament finden sich Belege dafür, dass es bereits in der Antike Formen des religiös begründeten Asyls gab. Aus den Erzählungen geht beispielsweise hervor, dass im antiken Griechenland dem Tempel eine besondere Schutzfunktion zugeschrieben wurde. Typisch für die Antike ist dabei, dass die Quellen sakrales Asyl ausschließlich anhand von Einzelfällen bezeugen, während die Rechtssätze des Alten Testaments grundsätzliche Bestimmungen treffen.25Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 18.
Die Funktion des sakralen Asyls beschränkt sich in der Antike darauf, Schutzsuchenden ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu gewährleisten. Vor allem wer sich vor Blutrache zu fürchten hatte, konnte an religiösen Orten Zuflucht finden. Das Ausmaß des Asyls war jedoch auf das Aufenthaltsrecht begrenzt. Für die Versorgung mit alltäglichen Dingen war der Schutzsuchende selbst verantwortlich.26Vgl. ebd. 343-344.
Dass diese Form des Asyls von der Gesellschaft anerkannt wurde, hat im Wesentlichen mit der damaligen Glaubensvorstellung zu tun. Man ging davon aus, dass es Orte von besonderer Heiligkeit gibt und dass diese besondere Verhaltensregeln erfordern. Dinge oder Personen aus einem Tempel zu entfernen, galt als Frevel. Folglich war es eine in der Gesellschaft verbreitete Tabu-Vorstellung, die das Asyl am heiligen Ort ermöglichte.27Vgl. ebd. 344.
In der Antike bildeten Religion und Politik eine Einheit. Eine Unterscheidung in eigenständige Institutionen gab es nicht. „Dass der Schutz bedrohter Menschen an heiligen Orten der religiösen Sphäre zufiel, war eine Art gesellschaftliche Aufgabenteilung, da ein funktionierendes weltliches Rechtssystem noch nicht existierte.“28Ebd. 343.
3.2 Mittelalter
Für das Mittelalter wird die Praxis des sakralen Asyls nicht mehr primär anhand von Einzelfällen bezeugt, sondern durch juristische Quellen: Das Asyl am religiösen Ort wird in Beschlüssen kirchlicher Synoden und Konzile ebenso erwähnt wie in weltlichen Rechtssammlungen, es wird im Kirchenrecht ausführlich behandelt und der Papst nimmt Stellung dazu, wie es zu interpretieren ist.29Vgl. ebd. 18.
Anhand dieser Quellenlage wird bereits deutlich, dass sich das Verhältnis von Staat und Kirche verändert hat. Beide haben sich zu eigenständigen Institutionen herausgebildet und werden nun voneinander unterschieden. Dennoch bleiben sie materiell, rechtlich, politisch und weltanschaulich sehr eng miteinander verwoben. Ihre Aufgabenbereiche sind noch nicht klar voneinander getrennt, was dazu führt, dass sie im Mittelalter immer wieder miteinander um Macht und Einfluss ringen. Mal dominiert der Staat die Kirche, mal die Kirche den Staat.30Vgl. ebd. 32.
In dieser Konstellation änderte sich die Funktion des sakralen Asyls. Die Kirche sah es nun als ein ihr eigenes Recht an, das sie nutzte, um Menschen vor allzu harter weltlicher Strafverfolgung zu schützen. So wurde das religiöse Asyl zu einem Mittel, das die Kirche gegen den Staat einsetzte.31Vgl. ebd. 343.
Auch das Ausmaß des Asyls änderte sich im Mittelalter. Zu dem Aufenthaltsrecht kamen Formen aktiver Unterstützung hinzu. Beispielsweise kam die Kirche für den Lebensunterhalt mittelloser Flüchtlinge auf und unterstützte die Schutzsuchenden in rechtlichen Angelegenheiten.32Vgl. ebd. 344.
Dass kirchlich gewährtes Asyl als solches anerkannt wurde, hatte im Mittelalter weniger sakral-magische als vielmehr juristische Gründe. Es war sowohl im kirchlichen als auch im weltlichen Recht festgeschrieben. Die Kirche hatte einen so großen Einfluss auf die Gesellschaft, dass sie im Falle der Missachtung des kirchlichen Asyls wirkungsvoll mit Sanktionen drohen konnte.33Vgl. ebd. 344-345.
3.3 Neuzeit
In der Neuzeit entwickelten Kirche und Staat sich über die Jahrhunderte hinweg zu voneinander getrennten Institutionen. Der Staat löste sich zunehmend von dem Einfluss der Kirche und betonte schließlich, in seiner Weltanschauung neutral zu sein. Das gegenseitige Ringen um Macht nahm letztlich dadurch ein Ende, dass sowohl der Kirche als auch dem Staat begrenzte Zuständigkeitsbereiche zugewiesen wurden.34Vgl. ebd. 32-33. Dieses Nebeneinander von Staat und Kirche kann in einem unterschiedlichen Ausmaß von Nähe und Distanz gestaltet werden. In Deutschland wird heute ein Mittelweg praktiziert, der sich als partielle Kooperation umschreiben lässt. Ziel dieses Modells ist es, die Vorteile von Nähe und Distanz miteinander zu verknüpfen. Obwohl Staat und Kirche in Deutschland grundsätzlich voneinander getrennte Institutionen sind, arbeiten sie in bestimmten Bereichen eng zusammen, so z.B. bei der Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen oder bei der Erhebung der Kirchensteuer durch den Staat (vgl. ebd. 34-35). In Deutschland regeln seit 1949 das Grundgesetz, Konkordate und Staatskirchen-Verträge sowie einzelgesetzliche Regelungen das Verhältnis von Kirchen und Staat.
Diese Aufgabentrennung wirkte sich auch auf die Praxis des Kirchenasyls aus. Hatten im Mittelalter die Kirchen das Asylrecht für sich beansprucht, wurde es jetzt dem Zuständigkeitsbereich des Staates zugeordnet. Zwar erhob die katholische Kirche bis ins 20. Jh. hinein weiterhin Anspruch auf ein eigenes Asylrecht, dieses wurde aber von staatlicher Seite zu keinem Zeitpunkt anerkannt.35Vgl. Holz, Kirchenasyl.
Da sich nun der Staat um die Gewährung von Asyl kümmerte, ist es nicht verwunderlich, dass Kirchenasyl lange Zeit kaum noch eine Rolle spielte. Anstelle der praktischen Umsetzung erfolgte vom 18. Jh. an die theoretische Aufarbeitung des Phänomens Kirchenasyl in zahlreichen Aufsätzen und Büchern, bis das Thema in der Mitte des 20. Jhs. durch den fehlenden Gegenwartsbezug jegliche Bedeutung verlor. Umso mehr überraschte es, als in den 1980er Jahren die Praxis des Kirchenasyls in Deutschland plötzlich vereinzelt wieder auflebte. Als 1993 die Gesetze des staatlichen Asylrechts verschärft wurden, konnten politisch Verfolgte das Grundrecht auf Asyl nur noch in Anspruch nehmen, wenn sie nicht über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisten und wenn sie nicht aus einem Staat stammten, der als verfolgungsfrei eingestuft war.36Vgl. Huber, Gerechtigkeit, 392-393. Politisch Verfolgten konnte somit unter Umständen trotz ihrer bedrohten Lage im Herkunftsland das Asyl in Deutschland verweigert werden. Viele Kirchengemeinden sahen sich daher zur Gewährung von Kirchenasyl verpflichtet, was eine intensive Debatte in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft entfachte.37Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 19-20.
Seiner Funktion nach kann Kirchenasyl heute als Hilfsaktion zugunsten verfolgter und bedrängter Menschen sowie als Protest gegen unbillige Härten des Gesetzes verstanden werden. Letzteres meint, dass die Anwendung des Asylrechts im Einzelfall zur Folge haben kann, dass ein Asylsuchender durch Abschiebung einer erneuten Gefahr an Leib und Leben ausgesetzt wird. An genau diesem Punkt setzt die Gewährung von Kirchenasyl an. Für einige Gruppen hat die Praxis des Kirchenasyls auch zum Ziel, auf Defizite im Asyl- und Ausländerrecht aufmerksam zu machen.38Vgl. ebd. 343.
Das Ausmaß heutigen Kirchenasyls besteht in einer umfassenden Fürsorge. Die untergebrachten Personen werden von der Gemeinde für die Zeit des Aufenthalts mit Geld- und Sachspenden, z.B. für Möbel und Lebensmittel, materiell versorgt. Sozial werden sie unterstützt, indem Helfer sich z.B. durch regelmäßige Besuche um die Freizeitgestaltung kümmern. Eine große Rolle spielt auch die juristische Hilfe: Die asylgewährende Kirchengemeinde informiert die Behörden über die Aufnahme ins Kirchenasyl39Die Geheimhaltung eines Kirchenasyls ist rechtlich eindeutig strafbar. Bei einem transparenten Umgang hingegen sind rechtliche Folgen weitaus unwahrscheinlicher. Zudem erhöht die Öffentlichkeit des Kirchenasyls in der Regel dessen Wirksamkeit (vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 156). und verhandelt mit diesen über eine einvernehmliche Lösung des Falls.40Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 158-163+344.
Da die Gewährung von Asyl rechtlich dem Staat obliegt und dieser den Kirchen keine Sonderrechte im Asylverfahren einräumt, hat das heutige Kirchenasyl keine rechtliche Grundlage. Seine faktische Anerkennung beruht vielmehr auf gesellschaftlicher Akzeptanz: Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung würde polizeiliche Räumungseinsätze in kirchlichen Gebäuden nicht gutheißen, weil diesem Raum eine besondere Würde eignet. Zudem berufen sich Personen, die Kirchenasyl gewähren, in der Regel auf ihr Gewissen und ihre ethische Verantwortung – eine Begründung, die ebenfalls hohe gesellschaftliche Anerkennung genießt.41Vgl. ebd. 345.
IV. die Kernfrage der heutigen Kirchenasyl-Problematik
Wer heute Kirchenasyl praktiziert, kann sich nur bedingt auf dessen historische Wurzeln berufen. Zwar weist das Phänomen des sakralen Asyls Merkmale auf, die in allen Epochen zu finden sind. So diente das Asyl etwa stets dazu, Menschen vor Formen existentieller Bedrohung zu schützen, und bis heute ist der Aufenthaltsort von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit. Die Rahmenbedingungen, unter denen Kirchenasyl gewährt wird, haben sich jedoch grundlegend geändert. Das neuzeitliche Staatsverständnis unterscheidet sich wesentlich von dem der Antike und des Mittelalters. Aus diesem Grund ist auch die Streitfrage, die die Debatte um das Kirchenasyl bestimmt, heute eine andere als in der Vergangenheit.42Zu Kontinuität und Wandel des Kirchenasyls vgl. ebd. 342-348.
„Moderner Sakralschutz entwickelt sich deshalb zum Konflikt, weil er das neuzeitliche Prinzip der Aufgabentrennung von Religion und Politik tangiert“43Ebd. 348.. Durch die Gewährung von Kirchenasyl greift die Kirche in das Asylrecht ein und somit in einen Zuständigkeitsbereich des Staates. Kritiker weisen darauf hin, dass Kirchenasyl daher gegen die Grundlagen des modernen Rechtsstaates verstößt.44Vgl. ebd. 22.
Dass die Kirche einen solchen Verstoß unter bestimmten Umständen in Kauf nimmt, ist nicht so zu verstehen, dass sie das staatskirchenrechtliche Verhältnis prinzipiell infrage stellen oder ein eigenes Asylrecht fordern würde. Der Konflikt zwischen Kirche und Staat rührt an dieser Stelle daher, dass beide sich für dieselbe Sache zuständig fühlen, jedoch aus unterschiedlichen Gründen: Der Staat, weil ihm das Asylrecht obliegt; die Kirche, weil sie sich den Schutzsuchenden durch das christliche Gebot der Nächstenliebe verpflichtet fühlt.45Vgl. ebd. 354-355.
Wenn die Kirche eine asylrechtliche Entscheidung des Staates nicht mittragen kann, steht sie vor einem Dilemma: Entweder sie respektiert die Entscheidung des Staates und riskiert, dass Menschen möglicherweise einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt werden. Oder sie gewährt eigenmächtig Asyl, wodurch sie die Menschen schützt, sich aber der staatlichen Ordnung widersetzt.
Von Fall zu Fall zu ermessen, was geboten ist, wird zusätzlich erschwert, weil der rechtliche Status der Kirchenasylpraxis unklar ist. Geht man allein von der staatskirchenrechtlichen Situation aus, ist Kirchenasyl als Rechtsbruch einzustufen. Andererseits will das Kirchenasyl nicht die staatliche Souveränität untergraben, sondern letztlich die Umsetzung von Normen erwirken, die die Verfassung selbst enthält (z.B. das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte)46Vgl. Art 16a (1) GG.. Die Motive, aus denen heraus das Recht gebrochen wird, sind also keineswegs krimineller Natur, denn es geht hier um die punktuelle Durchbrechung des geltenden Rechts in der Absicht, dem auch den Staat bindenden Recht (verstanden als allgemeines Moralgesetz oder Naturrecht) zur Durchsetzung zu verhelfen. Verantwortliches Handeln kann die Bereitschaft zu einem solchen Rechtsverstoß erfordern.47Vgl. Bonhoeffer, Ethik, 255-256.
Ob Kirchenasyl vor diesem Hintergrund als „Rechtsbruch“ bezeichnet werden sollte, hängt davon ab, ob man einen kritischen Vorrang des göttlichen vor dem staatlichen Recht anerkennt oder ob man das staatliche Recht so eng mit dem göttlichen Rechtshandelns verbindet, dass Widerstand gegen den Staat Auflehnung gegen Gott wäre. Zu bedenken ist ferner, dass das Grundgesetz das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf Religionsfreiheit verbrieft und Kirchenasyl als Form der Ausübung dieser hochrangigen Rechte interpretiert werden kann.48Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 22+354.
Die rechtliche Lage ist bis heute nicht endgültig geklärt, weil weder Staat noch Kirche auf ein abschließendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts drängen. Ein solches Verfahren würde für beide Seiten Risiken bergen, denn der Ausgang ist keineswegs vorhersagbar. Anstatt gerichtlich vorzugehen, bemühen Staat und Kirche sich daher in der Praxis meist um eine einvernehmliche Lösung der Kirchenasylfälle.49Vgl. ebd. 354.
Darf die Kirche sich aus ethischen Gründen in dieser rechtlichen Grauzone bewegen und in einem Modell der Trennung von Staat und Kirche punktuell in Aufgabenbereiche des Staates eingreifen? Die Kernfrage der Diskussion um das Kirchenasyl ist die Frage nach seiner Legalität bzw. Legitimität.
V. Ist die Gewährung von Kirchenasyl legitim? eine Bewertung aus christlich-ethischer Sicht
Lässt sich die Gewährung von Kirchenasyl als verantwortlicher Ausdruck christlich-ethischen Handelns verstehen? Um diese Frage beantworten zu können, muss der biblische Befund erhoben und sodann sozialethisch reflektiert werden.
5.1 Biblisch-theologische Orientierung
Die Thematik des Kirchenasyls berührt zwei unterschiedliche Arten von Beziehung: zum einen die Beziehung des Gläubigen zum Flüchtling, zum anderen die Beziehung des Gläubigen bzw. der Kirchen und Gemeinden zum Staat. Beide müssen bei der ethischen Urteilsfindung berücksichtigt werden.
Die Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass fremde Menschen Gott sehr am Herzen liegen (vgl. 5. Mose 10,18).50Vgl. Soerens, Welcoming, 87; Carroll, Christians, 105. Der Umgang mit ihnen soll sich nicht von dem Umgang mit Einheimischen unterscheiden (vgl. 3. Mose 19,34),51Vgl. Soerens, Welcoming, 86. sie sollen nicht bedrängt werden (vgl. 3. Mose 19,33; Hes 22,7-8; Sach 7,10)52Vgl. ebd. 86-87. und ihre Versorgung soll sichergestellt sein (vgl. 3. Mose 19,10; 5. Mose 14,28-29; 24,19-21)53Vgl. ebd. 87; Carroll, Christians, 102-103.. Jesus selbst identifiziert sich mit den Fremden und misst dem Einsatz für sie eine hohe Bedeutung bei (vgl. Mt 25,35-40; Lk 10,25-37).54Vgl. Spencer, Asylum, 100+102-103; Carroll, Christians, 121-123. Wer hingegen die Fürsorge für die Fremden vernachlässigt, macht sich vor Gott schuldig (vgl. 5. Mose 24,14-15; Mal 3,5).55Vgl. Soerens, Welcoming, 87; Carroll, Christians, 103-105. Dass Christen sich für Fremde stark machen sollen, steht also außer Frage.
Als zweites wäre daher zu fragen, wie die Bibel das Verhältnis des Gläubigen zum Staat definiert. Dabei spielen unterschiedliche Aspekte eine Rolle:
„Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.“ (Röm 13,1a). Sätze wie dieser (vgl. auch 1Petr 2,13-15; Tit 3,1) fordern dazu auf, dass Christen die staatliche Macht anerkennen sollen. Sie ist gottgewollt (vgl. Röm 13,1b), und wer sie achtet, entspricht dem Willen Gottes und kann anderen zum Vorbild werden (vgl. 1Petr 2,15). Christen sollen den Staat in der Ausübung seiner Aufgaben unterstützen, indem sie beispielsweise im Gebet für die Regierung einstehen (vgl. 1Tim 2,1-3). Die Aufgabe, die Gott dem Staat zugedacht hat, ist, das Gute zu fördern und das Böse einzudämmen (vgl. Röm 13,3-4; 1Petr 2,14).56Vgl. Evangelische Allianz, Der Stadt Bestes, 8. Staatliche Macht ist als von Gott gegebener Rahmen grundsätzlich zu bejahen.57Vgl. ebd. 6-9.
Gleichzeitig ordnet Jesus an: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Mt 22,21). Daran wird deutlich: Der Gläubige ist herausgefordert, sowohl seinen Pflichten gegenüber der Obrigkeit als auch seinen Pflichten gegenüber Gott gerecht zu werden.
Es können jedoch Konfliktsituationen entstehen, in denen nur eines von beidem möglich ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Staat dem Gläubigen Dinge abverlangt, die mit seiner Glaubensüberzeugung nicht vereinbar sind. Trotz – und gerade wegen – der ihr von Gott verliehenen Autorität (Röm 13,1) bleibt jede staatliche Obrigkeit „Gottes Dienerin“ (Röm 13,4) und ist ihm als solche unterstellt. Daraus ergibt sich, dass im Zweifelsfall die Verantwortung vor Gott Vorrang hat vor der Verantwortung dem Staat gegenüber: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg 5,29).58Vgl. Holthaus, Christsein, 6; Evangelische Allianz, Der Stadt Bestes, 9.
Die Beziehung des Gläubigen zum Staat ist der Bibel zufolge also gekennzeichnet von einer kritischen Loyalität:59Vgl. Huber, Gerechtigkeit, 447. Grundsätzlich wird der Staat in seiner Machtposition anerkannt und unterstützt, jedoch nicht um jeden Preis. Es gibt auch Situationen, in denen ihm der Gehorsam zu Recht verweigert werden kann.
Was ergibt sich daraus für die Diskussion um das Kirchenasyl?
5.2 Sozialethische Reflexion
Für Christen ist es angezeigt, sich für das Wohl von Flüchtlingen zu engagieren und ihnen freundlich zu begegnen. Ob dieses Engagement jedoch auch die Gewährung von Kirchenasyl einschließt oder in ihm seine Grenzen findet, wird unterschiedlich beurteilt. Sowohl bei den Befürwortern als auch bei den Gegnern des Kirchenasyls finden sich Christen, die die Bibel ernst nehmen.
Als Hauptargument gegen das Kirchenasyl wird darauf verwiesen, dass dieses ein Angriff auf den modernen Rechtsstaat sei. Die Kirche nutze die Scheu vor der Heiligkeit sakraler Räume aus und greife durch die Gewährung von Kirchenasyl in Kompetenzbereiche des Staates ein. So beanspruche sie für sich Sonderrechte, die ihr nicht zuständen. Durch das Kirchenasyl würden rechtsfreie Räume geschaffen, die der Staat nicht dulden dürfe, weil sie die Grundlagen des modernen Rechtsstaates gefährdeten.
Befürworter des Kirchenasyls halten dem entgegen, dass dieses gerade eingesetzt werde, um bestehendes (Asyl-)Recht aufzurichten. Der Staat werde also keineswegs hintergangen, sondern lediglich auf Fehlentscheidungen hingewiesen und so in der Durchführung der ihm obliegenden Aufgaben unterstützt. Behörden würden zudem über bestehende Kirchenasylfälle informiert, und ihnen sei das Recht zum Einschreiten jederzeit vorbehalten. Zwar könne das Kirchenasyl als grundsätzliche Anfrage an die bestehende Asylpolitik und somit als Systemkritik verstanden werden, im Vordergrund stünde jedoch stets das Anliegen, in nicht verantwortbaren Einzelfällen konkrete Hilfe zu leisten.
Beide Argumentationsweisen lassen sich von biblisch-theologischen Grundüberzeugungen her begründen:
Gegner des Kirchenasyls können darauf verweisen, dass Gott den Staat (und nicht die Kirche oder Gemeinde) eingesetzt hat, um über Recht und Unrecht zu entscheiden. Diesem Auftrag kommt der deutsche Staat bestmöglich nach, indem er nicht leichtfertig oder unbegründet über Asylanträge entscheidet, sondern jeden Fall gesondert prüft. Somit stellt die Asylpraxis keinen Bereich dar, in dem der Staat versagt und Christen sich zu Recht gezwungen sehen könnten, sich den staatlichen Anordnungen aufgrund ihrer Glaubensüberzeugung zu widersetzen.
Dass der Staat seinem Auftrag in Fragen des Asylrechts grundsätzlich gerecht wird, streiten auch die Befürworter des Kirchenasyls nicht ab. Sie geben jedoch zu bedenken, dass der Staat als menschliche Einrichtung nicht unfehlbar ist. Nur wenn eine staatliche Fehlentscheidung vorliegt, wird Kirchenasyl gewährt. Es handelt sich also um Ausnahmesituationen, in denen der Staat seinem gottgegebenen Auftrag nicht oder nicht ausreichend nachkommt, nicht um eine grundsätzliche Infragestellung staatlicher Autorität. Daher sei es gerechtfertigt, dass Christen sich in Fragen des Asylrechts punktuell über staatliche Entscheidungen hinwegsetzten, wenn sie die Folgen des Verzichts auf Gewährung von Kirchenasyl vor Gott nicht verantworten können.
Die aufgezeigten Argumentationsstränge lassen erkennen, dass Christen hinsichtlich des Kirchenasyls deshalb geteilter Meinung sind, weil sie die Ausgangslage unterschiedlich einschätzen. Die zentrale Frage lautet: Ist die Prüfung und schlussendliche Ablehnung des Asylantrags im jeweiligen Fall ordnungsgemäß erfolgt oder hat der Staat seine Pflicht zur Asylgewährung in nicht hinnehmbarer Weise vernachlässigt? Wird letzteres unterstellt, schließt sich die Frage an, ob sich aus dem staatlichen Versagen eine derartige Konfliktsituation ergibt, dass Staatsloyalität und Glaubensgehorsam in diesem Fall unvereinbar sind. Eine solche Gewissensentscheidung wiederum kann der Einzelne nur für sich selbst treffen. Das Recht dazu sichert ihm Artikel 4 des Grundgesetzes zu.
Gegner des Kirchenasyls betonen in der Frage nach der staatlichen Pflichterfüllung meist die Kompetenz der staatlichen Behörden. Sie berufen sich darauf, dass diese den jeweiligen Fall objektiv bewerteten und über die Gegebenheiten in den Herkunftsländern umfassend informiert seien. Sie besäßen daher die Fähigkeit, professionell über Fragen der Asylgewährung zu entscheiden.
Befürworter des Kirchenasyls hingegen betonen, dass Kirchengemeinden durch den persönlichen Kontakt zu den Betroffenen sowie aufgrund kirchlicher Vernetzungen oft besser über deren tatsächliche Lage informiert seien als die Behörden. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang gerne auf die hohe „Erfolgsquote“ des Kirchenasyls: Dass die Behörden ihre Entscheidungen nach erneuter Prüfung in den meisten Fällen revidierten, belege, dass tatsächlich staatliches Versagen vorgelegen habe.
Ob der Staat seine Pflicht erfüllt oder vernachlässigt hat, ist eine Frage, die selbstverständlich von Fall zu Fall neu beantwortet werden muss. Das Urteil darüber wird zu einem gewissen Grad immer vom Blickwinkel des Betrachters abhängen. Daher kann an dieser Stelle nur allgemein darauf hingewiesen werden, dass die Stärken sowohl der behördlichen als auch der kirchlichen Vorgehensweise zugleich auch ihre Schwäche sind. Das objektive Urteil der Behörden aus der Distanz kann dazu führen, dass die tatsächliche Lage eines einzelnen Betroffenen keine hinreichende Berücksichtigung findet. Die Kirchengemeinden hingegen laufen Gefahr, aufgrund der persönlichen Anteilnahme den subjektiven Faktor in der Entscheidungsfindung zu stark zu gewichten. Jedes Urteil sollte daher unter dem Vorbehalt gefällt werden, dass Irrtümer bei Behörden und Kirchengemeinden gleichermaßen auftreten können.
V.I. Kirchenasyl Ja oder Nein: Leitfragen für eine christlich-ethisch begründete Entscheidung
Aus der biblisch-theologischen Orientierung und der sozialethischen Reflexion ergibt sich, dass die Gewährung von Kirchenasyl für Christen keine Pflicht, aber unter bestimmten Bedingungen eine Möglichkeit ist. Zu den Bedingungen gehört, dass die Kirchengemeinde nach Abwägung subjektiver und objektiver Faktoren zu dem Ergebnis kommt, dass die staatlichen Behörden eine Fehlentscheidung getroffen haben, deren Duldung mit der eigenen Verantwortung vor Gott nicht zu vereinbaren ist. Dafür ist im Sinne der oben angeführten Definition wesentlich, dass den Betroffenen im Fall einer Abschiebung „inhumane und menschenrechtswidrige Härten“ oder eine „Gefahr für Leib und Leben“ drohen.60Vgl. die Definition von J. Quandt unter „1. Einleitung: Was ist Kirchenasyl?“.
Ob die genannten Bedingungen vorliegen, kann nur bezogen auf einen konkreten Einzelfallentschieden werden. Dazu ist eine sorgfältige Prüfung der Gegebenheiten notwendig. Von vorschnellen Entscheidungen für die Gewährung von Kirchenasyl ist abzuraten, denn Kirchenasyl versteht sich nicht als schnelles Mittel zum Zweck, sondern als letzter Ausweg (Ultima ratio) im Einzelfall. In den Entscheidungsprozess sollten vor allem folgende Fragen einbezogen werden:
- Besteht für die Betroffenen tatsächlich eine Gefahr für Leib und Leben, sodass die Gewährung von Kirchenasyl wirklich notwendig ist?
- Kann eine Abschiebung auch noch ohne die Gewährung von Kirchenasyl abgewendet werden oder sind alle Rechtswege bereits ausgeschöpft?
- Liegt nachweislich staatliches Versagen vor, sodass das Eingreifen in Kompetenzbereiche des Staates geboten scheint? Gibt es im rechtlichen Verfahren Fehlentscheidungen, auf die man sich berufen könnte?
- Wie groß ist die Chance, dass ein Kirchenasyl den gewünschten Erfolg bringt?
- Ist jemand bereit, die Verhandlung mit den Behörden zu übernehmen?
- Können die finanziellen und zeitlichen Belastungen bewältigt werden, die ein Kirchenasyl mit sich bringt? Besteht die Bereitschaft, diese Verantwortung ggf. auch für längere Zeit zu übernehmen?
- Sind geeignete Räume für die Unterbringung vorhanden?
- Besteht ein Bewusstsein für die rechtliche Grauzone, in der die Gemeinde sich mit der Gewährung von Kirchenasyl bewegt? Ist sie bereit, rechtliche Sanktionen in Kauf zu nehmen, falls das Kirchenasyl dazu führen sollte?
- Kann das Kirchenasyl nach außen hin, auch gegenüber den Medien und möglichen Gegnern, glaubhaft vertreten werden?
- Handelt die Gemeinde aus ihrer christlichen Überzeugung heraus und kann sie ihre Entscheidung vor Gott verantworten?
Weitere Hilfestellung bei der Entscheidungsfindung und umfassende Informationen zur Gewährung von Kirchenasyl in der Praxis bietet die Broschüre „Erstinformation Kirchenasyl. Handreichung für Gemeinden und ihre Gremien“.61Online verfügbar unter: http://www.kirchenasyl.de/ wp-content/uploads/2013/12/bag-erstinfo-screen.pdf [08.10.2015] [Dieser Link ist leider online nicht mehr verfügbar, Stand: 23.06.2023]. Für Gemeinden, die sich nach reiflicher Überlegung für die Gewährung von Kirchenasyl entscheiden, empfiehlt es sich, in jedem Fall Kontakt mit der Organisation „Asyl in der Kirche e.V.“ aufzunehmen62.www.kirchenasyl.de
© 2015 Institut für Ethik & Werte
Autorin
Kerstin Schmidt
Endnoten
- 1Die Dublin II-Verordnung sieht vor, dass für den Asylantrag derjenige EU-Mitgliedstaat zuständig ist, den der Asylsuchende zuerst betreten hat.
- 2Vgl. http://www.kirchenasyl.de/wp-content/ up-loads/2013/12/erfahrungsbericht-cuxhaven1.pdf [07.08.2015] [Dieser Link ist leider nicht mehr verfügbar, 23.06.2023].
- 3
- 4Definition von Jürgen Quandt, zitiert nach: Herler, Kirchliches Asylrecht, 2004.
- 5Vgl. zu der Bedeutung des Asylortes Morgenstern, Kirchenasyl, 141-146.
- 6Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 13.
- 7Vgl. ebd. 148.
- 8Vgl. ebd. 148-149.
- 9Vgl. ebd. 151.
- 10Vgl. ebd. 150 und http://www.kirchenasyl.de/?pa-ge_id=4 [07.09.2015].
- 11Vgl. http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE /Publikationen/Flyer/flyer-schluesselzahlen-asyl-halbjahr-2015.pdf?__blob=publicationFile[07.09.2015] [Dieser Link ist leider nicht mehr verfügbar, 23.06.2023].
- 12Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 151-152.
- 13Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015].
- 14Vgl. http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE /Publikationen/Flyer/flyer-schluesselzahlen-asyl-halbjahr-2015.pdf?__blob=publicationFile[07.09.2015]
- 15.
- 16Morgenstern, Kirchenasyl, 152.
- 17Vgl. für die Jahre 2004-2014 die Werte unter http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015].
- 18Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015].
- 19Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 153.
- 20Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015].
- 21Diese erfolgt nach dem „Königssteiner Schlüssel“, welcher aus den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der jeweiligen Bundesländer errechnet wird ( http://www.bamf.de/DE/Migra-tion/Asyl-Fluechtlinge/Asylverfahren/Vertei-lung/verteilung-node.html, [07.09.2015])
- 22.
- 23Vgl. http://www.kirchenasyl.de/?page_id=4 [07.09.2015].
- 24Die geschichtliche Darstellung bezieht sich auf den westlichen Kulturkreis. Wenn den einzelnen Epochen eine bestimmte Form des Verhältnisses von Kirche und Staat zugeordnet wird, so handelt es sich um eine vereinfachende Darstellung, die eine tendenzielle Entwicklung wiedergibt, aber nicht zwingend auf jeden Einzelfall zutrifft (vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 31).
- 25Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 18.
- 26Vgl. ebd. 343-344.
- 27Vgl. ebd. 344.
- 28Ebd. 343.
- 29Vgl. ebd. 18.
- 30Vgl. ebd. 32.
- 31Vgl. ebd. 343.
- 32Vgl. ebd. 344.
- 33Vgl. ebd. 344-345.
- 34Vgl. ebd. 32-33. Dieses Nebeneinander von Staat und Kirche kann in einem unterschiedlichen Ausmaß von Nähe und Distanz gestaltet werden. In Deutschland wird heute ein Mittelweg praktiziert, der sich als partielle Kooperation umschreiben lässt. Ziel dieses Modells ist es, die Vorteile von Nähe und Distanz miteinander zu verknüpfen. Obwohl Staat und Kirche in Deutschland grundsätzlich voneinander getrennte Institutionen sind, arbeiten sie in bestimmten Bereichen eng zusammen, so z.B. bei der Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen oder bei der Erhebung der Kirchensteuer durch den Staat (vgl. ebd. 34-35).
- 35Vgl. Holz, Kirchenasyl.
- 36Vgl. Huber, Gerechtigkeit, 392-393.
- 37Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 19-20.
- 38Vgl. ebd. 343.
- 39Die Geheimhaltung eines Kirchenasyls ist rechtlich eindeutig strafbar. Bei einem transparenten Umgang hingegen sind rechtliche Folgen weitaus unwahrscheinlicher. Zudem erhöht die Öffentlichkeit des Kirchenasyls in der Regel dessen Wirksamkeit (vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 156).
- 40Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 158-163+344.
- 41Vgl. ebd. 345.
- 42Zu Kontinuität und Wandel des Kirchenasyls vgl. ebd. 342-348.
- 43Ebd. 348.
- 44Vgl. ebd. 22.
- 45Vgl. ebd. 354-355.
- 46Vgl. Art 16a (1) GG.
- 47Vgl. Bonhoeffer, Ethik, 255-256.
- 48Vgl. Morgenstern, Kirchenasyl, 22+354.
- 49Vgl. ebd. 354.
- 50Vgl. Soerens, Welcoming, 87; Carroll, Christians, 105.
- 51Vgl. Soerens, Welcoming, 86.
- 52Vgl. ebd. 86-87.
- 53Vgl. ebd. 87; Carroll, Christians, 102-103.
- 54Vgl. Spencer, Asylum, 100+102-103; Carroll, Christians, 121-123.
- 55Vgl. Soerens, Welcoming, 87; Carroll, Christians, 103-105.
- 56Vgl. Evangelische Allianz, Der Stadt Bestes, 8.
- 57Vgl. ebd. 6-9.
- 58Vgl. Holthaus, Christsein, 6; Evangelische Allianz, Der Stadt Bestes, 9.
- 59Vgl. Huber, Gerechtigkeit, 447.
- 60Vgl. die Definition von J. Quandt unter „1. Einleitung: Was ist Kirchenasyl?“.
- 61Online verfügbar unter: http://www.kirchenasyl.de/ wp-content/uploads/2013/12/bag-erstinfo-screen.pdf [08.10.2015] [Dieser Link ist leider online nicht mehr verfügbar, Stand: 23.06.2023].
- 62
Bibliografie
Carroll R., M. Daniel, Christians at the Border. Immigration, the Church, and the Bible, Grand Rapids 2008
Bonhoeffer, Dietrich, Ethik, 1949, 9. Aufl. München 1981
Evangelische Allianz in Deutschland (Hg.), Sucht der Stadt Bestes. Zur Verantwortung der Christen in Staat und Gesellschaft, online zugänglich unter https://ethikinstitut.de/politische-ethik/sucht-der-stadt-bestes-zur-verantwortung-der-christen-in-staat-und-gesellschaft/ [23.06.2023]
Herler, Gregor, Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat, Würzburg 2004, online zugänglich unter https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/frontdoor/index/index/docId/1020 [07.08.2015]
Holthaus, Stephan, Christsein und Politik. Zum Verhältnis von Staat und Kirche, online zugänglich unter https://ethikinstitut.de/politische-ethik/christsein-und-politik-zum-verhaeltnis-von-staat-und-kirche/ [23.06.2023]
Holz, Torsten, Kirchenasyl. Ausweg oder Gebot der Menschlichkeit, http://www.torstenholz.de/content/ska.htm[11.09.2015]
Huber, Wolfgang, Gerechtigkeit und Recht. Grundlinien christlicher Rechtsethik, 1996, 2. Aufl. Gütersloh 2006
Jung, Volker / Wolfgang Gern (Hg.), Kirchenasyl im Raum der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Frankfurt 2012; online zugänglich unter http://www.lvejh.de/downloads/kirchenasyl-in-der-ekhn.pdf [17.11.2015] [Dieser Link ist leider online nicht mehr verfügbar, Stand: 23.06.2023]
Morgenstern, Matthias, Kirchenasyl in der Bundesrepublik Deutschland. Historische Entwicklung, Aktuelle Situation, Internationaler Vergleich, Wiesbaden 2003
Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (Hg.), Erstinformation Kirchenasyl. Handreichung für Gemeinden und ihre Gremien, online zugänglich unter http://www.kirchenasyl. de/wp-content/uploads/2013/12/bag-erstinfo-screen.pdf [08.10.2015] [Dieser Link ist leider online nicht mehr verfügbar, Stand: 23.06.2023]
Soerens, Matthew / Jenny Hwang, Welcoming the Stranger. Justice, Compassion & Truth in the Immigration Debate, Downers Grove 2009
Spencer, Nick, Asylum and Immigration. A Christian Perspective on a Polarized Debate, Bletchley 2004
www.bamf.de [07.09.2015]
www.kirchenasyl.de [07.09.2015]