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Bio- & MedizinethikAbtreibungEmbryo-Entwicklung

Legitimität von Abtreibung

Texte zur Diskussion Nr. 2

Zu diesem Artikel gibt es einen ergänzenden Podcast

Die Entscheidung für oder gegen eine Abtreibung gehört zu den emotional traumatischsten Erlebnissen im Leben einer Frau. Tiefe Gräben trennen Abtreibungsbefürworter von Abtreibungs­gegnern. Von daher fällt es nicht leicht, das Thema emotionslos und sachlich zu erörtern. Auch kann kein kurzer Über­blick allen Standpunkten gerecht wer­den. Bei der hohen Abtreibungsrate in unserer Gesellschaft ist eine ständige Auseinandersetzung mit den sozialen und geistlichen Folgen unerlässlich. Den folgenden kurzen Ausführungen liegt eine christliche Perspektive zugrunde.

Bei der Einstellung zum Frühstadium menschlichen Lebens tritt die Wider­sprüchlichkeit der abendländischen Gesell­schaft offen zu Tage. Zum einen unterhält unser Gesundheitssystem Abteilungen für fetale Medizin, andererseits steht Personal für Abtreibungen zur Verfügung. Einerseits es gesetzlich erlaubt, im Falle einer Behinderung Abtreibungen bis zur Geburt durchzuführen, auf der anderen Seite haben Säuglinge schon ab der 23. Schwangerschaftswoche durch neonatale Intensivpflege gute Überlebenschancen. Man macht drittens kinderlosen Paaren Mut, ein Kind zu adoptieren, andererseits gibt es aufgrund der hohen Abtreibungsrate kaum zur Adoption freigegebene Kinder. Es werden Antidiskriminierungsgesetze erlassen, doch andererseits setzt man alles daran, behinderte Kinder schon vor der Geburt herauszufiltern. Schließlich geht eine Herabsetzung des Status ungeborenen Le­bens mit einer veränderten Sicht des Fötus aufgrund medizinischer Technologie einher. Gentests vor der Geburt, Ultraschallbilder von Embryos im Mutterleib und die Intensivpflege frühgeborener Kinder haben alle unsere Auffassung über die Anfänge menschlichen Lebens beeinflusst. 

Diese Widersprüche existieren vor dem Hintergrund einer sich konstant auf hohem Niveau befindlichen Abtreibungsrate. 2006 wurden in Deutschland nach offiziellen Angaben knapp 120.000 Abtreibungen vorgenommen. Auf 10.000 Frauen zwi­schen 15 und 44 Jahren kamen 72 Abtrei­bungen. Man schätzt, dass jedes Jahr weltweit 55 Millionen Kinder abgetrieben werden.1R. Shain, “A Cross-Cultural History of Abortions”, Clinics in Obstetrics and Gynaecology 1986; 13:1-17.

Abtreibung ist an und für sich nichts Neues. Neu ist nur, dass sie gesellschaftlich nicht mehr anrüchig ist und der medi­zinische Fortschritt die Risiken für Frauen erheblich reduziert hat. Im Frühstadion einer Schwangerschaft lässt sich eine Abtreibung durch Mittel hervorrufen, die die plazentare Funktion unterbrechen (Mifepriston) und eine Fehlgeburt einleiten (Prostaglandin). In Deutschland werden 7% aller Abtreibungen auf diese Weise durch­geführt. Zu den herkömmlicheren Methoden gehört die chirurgische Vakuumaspiration oder Absaugmethode: bei örtlicher Betäubung oder Vollnarkose wer­den Fötus und Plazenta durch Aspiration (Absaugen) und Curettage (Ausschabung der Gebärmutter) entfernt.

Bei Schwangerschaften zwischen der 12. bis 14. Wochen tritt die zerstörerische Natur der chirurgischen Abtreibung offen­sichtlicher an den Tag: unter Vollnarkose wird der Gebärmutterhals erweitert („Di­latation“), der Fötus zerschnitten und abge­saugt („Evakuation“). Beim Spätabbruch wird dem Fötus eine Giftspritze (KCL) verabreicht, die einen Herzstillstand auslöst. Prostaglandin leitet dann eine künstliche Fehl- bzw. Totgeburt ein. In Deutschland sind Spätabtreibungen nur bei medizi­nischer Indikation, also Gefährdung der Mutter oder massiven Behinderungen des Kindes erlaubt. 

Den Verfasserinnen dieses Aufsatzes ist die Notlage bewusst, die ungewollte bzw. abnormale Schwangerschaften hervorrufen. Allerdings sind sie der Meinung, dass die gegenwärtig freizügige Einstellung zur Abtreibung dazu geführt hat, dass Men­schenleben in einem noch nie da gewesenen Umfang zerstört wurden. Abtreibung schadet ferner der Gesellschaft und ist nicht ohne Risiko für die beteiligten Frauen.

Das Argument der Selbstbestim­mung

In der Abtreibungsdiskussion werden oft das Recht auf Selbstbestimmung und der freie Wille des Einzelnen beschworen, aber die Sache wird durch die Beteiligung meh­rerer Parteien kompliziert. Es wird be­hauptet, jede Frau solle frei über den eige­nen Körper verfügen dürfen und nicht ge­zwungen werden, gegen ihren Willen ihr Kind auszutragen oder abzutreiben. Auf der anderen Seite stehen das Leben des Fötus und die Frage, ob die Selbstbestimmung das Recht einschließt, das Dasein eines anderen auszulöschen. Zusätzlich erhebt sich die Frage nach dem beteiligten Arzt. Ist es zulässig, Mediziner zu zwingen, eine Aufgabe auszuführen, die sie nicht befürworten?

Was sagt die Bibel?

Das Thema Abtreibung kommt in der Bibel zwar nicht vor, aber die Heilige Schrift nimmt zu vielen Fragen Stellung, die diese Thematik tangieren.

Während die meisten abgetriebenen Kinder aus unehelichen Beziehungen stammen (in England 82%), sieht die Bibel die monogame heterosexuelle Ehe als natürlichen Ort für die Zeugung von Kindern vor. In Deutschland stammten 2006 von insgesamt statistisch erfassten 119.710 abgetriebenen Kindern 68.591 aus nicht­ehelichen Beziehungen, das sind etwa 57,3%.2Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, http://www.gbe-bund.de/. Ergebnisse nach der „Ad hoc Tabelle u.a. nach den Merkmalen der Schwangerschaftsabbruchstatistik“.

Zudem messen Christen dem Status des frühen Embryos einen hohen Wert bei, da die Empfängnis den Beginn eines neuen, einzigartigen menschlichen Lebens dar-stellt. In der Praxis allerdings ist die Dis­kussion um den frühen Embryo belanglos, weil die meisten Abtreibungen erst nach der achten Schwangerschaftswoche stattfinden, also zu einem Zeitpunkt, an dem sich bereits alle lebenswichtigen Organe des Fötus gebildet haben.

Der christliche Glaube schreibt dem Menschen den höchsten Wert zu, weil er „in Gottes Ebenbild“ geschaffen ist (1. Mose 1,27; 9,6). Den vollen Sinn dieser Aussage auszuloten mag zwar komplex sein, aber sie impliziert auf jeden Fall eine besondere Beziehung des Menschen zu Gott. Der Wert eines Menschenlebens rührt weniger von seiner Möglichkeit, mit Gott in ein Verhältnis zu treten, sondern umgekehrt von Gottes Fähigkeit, eine Beziehung zu uns Menschen einzugehen.

Es gehört zudem zum Herzstück des christlichen Glaubens, dass Jesus Christus nicht nur Mensch war, sondern auch Gott. Gottes Herabneigung, als Mensch – und im Anfang sogar als Embryo – auf dieser Erde zu leben, wertet das Frühstadium der menschlichen Existenz ungemein auf.

Psalm 139,13-16 hebt Gottes Fürsorge für das menschliche Leben besonders her­vor und besagt, dass diese Fürsorge bis in den Mutterleib zurückreicht. Gott achtet auf jeden Einzelnen auch in der Zeit, in der der Leib gebildet wird. Die heilige Schrift bekräftigt zum Beispiel, dass Gott den Propheten Jeremia (Jeremia 1,5) und Johannes den Täufer (Lukas 1,13-15) noch vor ihrer Geburt berief.

Das strenge biblische Verbot der Menschentötung (2. Mose 20,13) wird mit Gottes besonderer Achtung vor den Men­schen begründet. Ausnahmen bilden nur unterschiedliche Fälle von Selbstverteidigung (z.B. 2. Mose 22,2-3). Der Grundsatz der Selbstverteidigung ließe eine Abtrei­bung im Falle einer extrauterinen Schwan­gerschaft zu, die das Leben der Mutter bedroht, wobei dieser Grundsatz immer im Verhältnis zum Risiko abgewogen werden muss.

Zu den zentralen Vorstellungen biblischer Moral gehört die Bereitschaft der Starken, zugunsten der Schwächeren Opfer zu bringen. Christen sind dazu aufgerufen, gegenseitig die Lasten zu tragen (Galater 6,2), wie Jesus Christus es für uns tat (Jo­hannes 13,34-35; Römer 5,6). Dies impli­ziert nicht allein die Achtung des ungebo­renen Lebens, sondern auch praktische Fürsorge für Mütter, um ihnen zu Alterna­tivlösungen zu verhelfen, sei es ihr Kind zu behalten oder es zur Adoption freizugeben. Die Adoption hat in der heiligen Schrift einen hohen Stellenwert, denn sie wird als Bild für das Verhältnis des Christen zu Gott verwendet (Epheser 1,5).

Schwangerschaftsberatungsstellen wie Donum Vitae (www.donumvitae.org) oder auch die Diakonieverbände (www.diakonie.de) können unter Umstän­den gute Hilfsangebote für Betroffene sein, vor allem aber die Beratungsstellen der Lebensrechtsverbände (Adressen z.B. unter www.tclrg.de/adressen). Sie bieten kosten­lose Schwangerschaftsuntersuchungen an und beraten und begleiten Frauen, die vor der Frage stehen, ob sie abtreiben sollen oder nicht. Sie überweisen Frauen in die neonatale Fürsorge und an Adoptionsberatungsstellen und bieten finanzielle und praktische Hilfe während der Schwanger­schaft. Wichtig ist zudem, dass solche Ein­richtungen auch Frauen beraten und be­gleiten, die eine Abtreibung bereits hinter sich haben.

Ethik und Gesetz

Im vorchristlichen Abendland herrschten zwei unterschiedliche Einstellungen zur Frage des Lebens und der Abtreibung vor. Die jüdische Welt unter dem Einfluss der Tora (die ersten fünf Bücher der Bibel) hegte eine hohe Achtung vor dem mensch­lichen Leben in allen Stadien. Abtreibung war verboten. Die griechischen und römi­schen Kulturen dagegen befürworteten die Abtreibung aus den gleichen Gründen wie unsere heutige Gesellschaft. Es war jedoch der griechische Arzt Hippokrates, der im Gegensatz dazu die hohe Achtung allen menschlichen Lebens zum Grundsatz der ärztlichen Tätigkeit erhob.

Der hippokratische Eid, der jedwede Beteiligung an Abtreibung verbot, rückte im christlichen Zeitalter aufgrund seiner Übereinstimmung mit der biblischen Lehre in die Mitte medizinischer Praxis. Dieses Verbot ist allerdings in den letzten 50 Jah­ren allmählich soweit aufgeweicht worden, dass mittlerweile Abtreibung als Grundbe­dürfnis des Gesundheitswesens einstuft wird.

Die gegenwärtige Gesetzgebung des Pa­ragrafen 218 wurde 1995 novelliert. Danach kann sich eine Frau bis zur zwölften Woche ohne Angabe von Gründen gegen ein Kind entscheiden, wenn sie sich beraten lässt. Noch bis kurz vor der Geburt darf sie eine Schwangerschaft beenden, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Rund 2.000 Schwangerschaften werden in Deutschland jährlich nach der 12. Woche beendet. 

Wandel der ethischen Einstellung zur Abtreibung 

  • Ich werde keiner Frau ein Abtreibungsmittel geben. Hippokratischer Eid
  • Ich werde die höchste Achtung vor dem menschlichen Leben vom Zeitpunkt der Empfängnis an wahren, auch gegen Drohung. Genfer Erklärung 1948
  • Der Ärzteberuf kann den Geist des Hippokratischen Eides bekräftigen. Es verpflichtet... zur Fürsorge, denn es ist das größte Verbrechen, sich an der Zer­störung menschlichen Lebens durch Mord, Selbstmord oder Abtreibung zu beteiligen. Bekräftigung der britischen Ärztevereinigung 1947
  • Das Kind hat ein Anrecht auf „gesetzli­chen Schutz nicht nur nach sondern auch vor der Geburt“. UNO-Erklärung zu den Rechten des Kindes 1959
  • Eine therapeutische Abtreibung [ist in Situationen zulässig] in denen die vitalen Interessen der Mutter mit denen des ungeborenen Kindes in Konflikt geraten. Oslo-Erklärung 1970
  • Ich werde die höchste Achtung vor dem menschlichen Leben von seinem Anfang an haben. Veränderte Genfer Erklärung 1983
  • Abtreibung ist ein Grundbedürfnis des Gesundheitswesens. Königliche (Briti­sche) Gynäkologische Vereinigung 2000

Folgen für die Gesundheit

Eine Abtreibung kann gesundheitsschädi­gende Folgen nach sich ziehen, über die selten gesprochen wird.

Medizinische Komplikationen

Es stimmt, dass weniger Frauen in Folge einer Abtreibung sterben (1 von 100.000 in Großbritannien), als bei einer normalen Niederkunft (7,6 von 100.000 in Großbri­tannien). Komplikationen können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Dazu gehören Schäden oder Infektionen in Gebärmutter oder Eileiter, die Unfruchtbarkeit nach sich ziehen, sowie Menstruationsstörungen.

Die Zahl der Frauen, die als Folge einer Abtreibung Komplikationen erleiden, lässt sich nur schwer ermitteln, denn Folgeer­scheinungen werden einer Abtreibung nur dann statistisch zugeordnet, wenn die Pati­entin sie binnen 14 Tagen nach dem Ein­griff meldet. Die meisten Komplikationen treten jedoch nach dieser Frist auf und fal­len deshalb aus der veröffentlichten Statis­tik heraus.3The Rawlinson Report: The Physical and Psycho-Social Effects of Abortion in Women, Her Majesty´s Stationary Office, 1994.

Emotionales Trauma

Grund für die meisten Abtreibungen ist die seelische Gesundheit der Frau. Es gibt je­doch Hinweise darauf, dass viele Frauen nach einer Abtreibung ein nicht unerhebli­ches emotionales Trauma erleiden. Eine Studie stellte fest, dass 1,84 von 1000 ab­treibenden Frauen später in einer psychiat­rischen Klinik eingewiesen wurden, vergli­chen mit 1,2 pro 1000 Frauen, die eine Abtreibung ablehnten und ihr Kind austru­gen.4H. David, “Post-Abortion and Post-Partum Psychiatric Hospitalisation.” Abortion: Medical Process and Social Implications, Ciba Foundation Symposium 1985; 115:150-164, Pitman: London, 1986. Das Risiko fiel bei folgenden Kategorien besonders hoch aus: junge Frauen, solche, die bereits eine Schwangerschaft hinter sich hatten, früher nervenkrank gewesen waren, sowie Frauen, die unsicher waren, ob sie einer Abtreibung zustimmen sollten oder nicht. Ebenfalls besonders betroffen waren Frauen aus einem sozialen oder religiösen Milieu, das Abtreibung missbilligt, und Frauen, die aufgrund einer diagnostizierten körperlichen oder genetischen Missbildung ihren Fötus abgetrieben hatten.5D. Beer, “Psychological Trauma after Abortion”, Triple Helix, Autumn 2002, S. 5-6. www.cmf.org.uk/helix/aut02/21abort.pdf

Dieser Bereich ist wenig erforscht wor­den, doch glauben Berater, das psychologi­sche Trauma einer Abtreibung könne Jahre später wieder auftreten, und zwar sowohl bei Männern wie auch bei Frauen. Die Belastungen weisen Ähnlichkeiten mit einem „posttraumatischem Belastungssyndrom“ auf.

Die Auswertung von Daten zum Thema Abtreibung ist nicht unproblematisch, denn sie ist bisweilen voreingenommen oder ungenau, weil die Beteiligten oft nicht die Wahrheit sagen, wenn sie über ihre Ver­gangenheit gefragt werden. Dieses offenbar strittige Thema mit vorgefassten Mei­nungen auf beiden Seiten bedarf deshalb weiterer eingehender Forschung. Ärzte müssen sich mit den Argumenten vertraut machen, um in der Lage zu sein, ausrei­chend fundierten Rat zu geben.

Schwierige Fragen

Es bleiben einige Themen, die umsichtig abgewogen werden müssen.6P. Saunders, “Deadly Questions on Abortion – Part 2”, Nucleus, April 1998, S. 32-35; https://www.cmf.org.uk/resources/publications/content/?context=article&id=639

Da ist zunächst die Befürchtung, eine Einschränkung der Abtreibung oder gar ein generelles Verbot werfe uns in die Zeit der „Hinterhofabtreibungen“ oder des „Abtreibungstourismus“ zurück. Solche Befürch­tungen wurden in der Vergangenheit durch Behauptungen über das gesundheitliche Risiko genährt. Inzwischen hat sich her­ausgestellt, dass viele solcher Behauptun­gen falsch waren, wie zum Beispiel die Zahl von angeblich 600.000 Frauen in Bra­silien, die jährlich illegalen Abtreibungen zum Opfer gefallen sein sollen. Manche Frauen wären sicher bereit, ins Ausland zu gehen, um abzutreiben. Andererseits trüge ein weniger freizügiges Abtreibungsgesetz dazu bei, die Achtung vor dem Menschen­leben in der Gesellschaft wiederherzustel­len. Eine solche Veränderung hat es kürz­lich in Polen gegeben: nach einer Geset­zesänderung fiel die Zahl der Abtreibungen dramatisch von 150.000 im Jahr auf 150, ohne dass die Sterberate bei Mutterschaft gestiegen wäre (Zahlen von 2002).7C. Murphy, “Abortion Ship Makes Waves in Poland,“ BBC-News (1st July, 2003). Allerdings gibt es in Polen eine hohe Zahl von illegalen Abtreibungen.

Als zweites stellt sich die Frage nach der Abtreibung aufgrund möglicher Miss­bildungen beim Fötus. In Deutschland wurden 2006 183 Kinder nach der 23. Schwangerschaftswoche abgetrieben.8Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes: http://www.gbe-bund.de/. Ergebnisse nach der „Ad hoc Tabelle u.a. nach den Merkmalen der Schwangerschaftsabbruchstatistik“. In diesem Alter hat das Kind gute Überle­benschancen, wenn es ausgetragen und in einer neonatalen Intensivstation gepflegt wird. Pflege und Erziehung behinderter Kinder sind zweifelsfrei kostspielig. Aber in keinem anderen Zweig der Medizin werden die Kosten als Grund angegeben, einen Menschen sterben zu lassen. Wenn man behinderte Menschen befragt, so sagen die meisten, sie seien froh darüber, dass sie nicht abgetrieben wurden. Einen Fötus aufgrund einer möglichen Missbildung abzutreiben, sendet eine unterschwellige Botschaft an Behinderte, dass sie in der Gesellschaft unerwünscht sind. Hinter der Bejahung der Abtreibung steht die unausgesprochene Annahme, ein be­hinderter Mensch könne kein erfülltes Le­ben führen, sowie auch die Befürchtung, eine Gesellschaft, die Behinderten so un­gern Lebensraum und finanzielle Mittel einräumt, könnte ihnen die Fürsorge versa­gen, wenn die eigenen Eltern nicht mehr am Leben sind.

Ein drittes Thema ist die Hilfe für Frauen, die aufgrund einer Vergewaltigung oder durch Inzest schwanger werden. Ein Kind durch die erzwungene Handlung eines anderen zu empfangen, bedeutet ein schreckliches Trauma. Aber dem werden­den Kind absichtlich das Leben zu nehmen, verschärft das Problem. Eine hilfreichere Antwort wäre, der verletzten Mutter jede mögliche Unterstützung zu gewähren. Dazu gehört auch das Angebot einer Adoption, wenn die betroffenen Frauen sich nicht in der Lage sehen, ihr Kind zu versorgen.

Eine letzte Frage betrifft Abtreibungen, die der Mutter das Leben retten sollen. Hier geht es nicht um ein Aufwiegen, als sei der Fötus weniger wert als die Mutter. Vielmehr geht es um die Tragödie, dass ohne Eingriff beide sterben würden, wäh­rend eine Abtreibung wenigstens das Leben der Mutter rettet.

Herz und Sinn verändern

Die wenigsten Menschen betrachten Ab­treibung ausschließlich positiv. Vielen Frauen bringt eine Abtreibung tiefe Angst, Trauer und das Gefühl, etwas verloren zu haben. Einige sehen sich des Vertrauens­bruchs schuldig.

Christen sind der Auffassung, die Ge­sellschaft müsste ihre Einstellung zum Fötus überdenken und das Problem „un­gewollter Schwangerschaften“ an der Wurzel packen.

Menschen brauchen Hilfe, um vernünf­tige und verantwortliche Entscheidungen über Sexualität zu treffen. Die tiefsinnige Vorstellung der Schwangerschaft als eine Art Gastfreundschaft muss neu entdeckt werden. In einer Meditation über Maria beschreibt Elaine Storkey, Schriftstellerin und Rundfunkjournalistin, die Schwanger­schaft als „seinen Körper einem anderen zur Verfügung stellen, ein Teilen von allem, was wir haben. Der wachsende Fötus soll erkennen: hier ist Liebe, eine warme Bleibe, hier ist Geborgenheit.“9Storkey, E., Mary`s Story, Mary´s song, London: Fount, 1993.

Eine gastfreie Gesellschaft muss nach Wegen suchen, einsamen und furchtsamen Müttern sowie einsamen und verlassenen Säuglingen Unterstützung zukommen zu lassen. Christi Vorbild barmherziger Liebe verpflichtet, Frauen mit einer nicht ge­planten Schwangerschaft alle nötige Liebe und Unterstützung anzubieten und ihnen zu helfen, eine barmherzige Alternative zur Abtreibung zu finden.

© 2008 Institut für Ethik & Werte

Roselle Ward

Ärztin für Allgemeinmedizin in Belfast

Pamela Sims

Fachärztin für Gynäkologie im Städtischen Krankenhaus von Hexham, Northumberland

Endnoten

  • 1
    R. Shain, “A Cross-Cultural History of Abortions”, Clinics in Obstetrics and Gynaecology 1986; 13:1-17.
  • 2
    Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, http://www.gbe-bund.de/. Ergebnisse nach der „Ad hoc Tabelle u.a. nach den Merkmalen der Schwangerschaftsabbruchstatistik“.
  • 3
    The Rawlinson Report: The Physical and Psycho-Social Effects of Abortion in Women, Her Majesty´s Stationary Office, 1994.
  • 4
    H. David, “Post-Abortion and Post-Partum Psychiatric Hospitalisation.” Abortion: Medical Process and Social Implications, Ciba Foundation Symposium 1985; 115:150-164, Pitman: London, 1986.
  • 5
    D. Beer, “Psychological Trauma after Abortion”, Triple Helix, Autumn 2002, S. 5-6. www.cmf.org.uk/helix/aut02/21abort.pdf
  • 6
    P. Saunders, “Deadly Questions on Abortion – Part 2”, Nucleus, April 1998, S. 32-35; https://www.cmf.org.uk/resources/publications/content/?context=article&id=639
  • 7
    C. Murphy, “Abortion Ship Makes Waves in Poland,“ BBC-News (1st July, 2003). Allerdings gibt es in Polen eine hohe Zahl von illegalen Abtreibungen.
  • 8
    Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes: http://www.gbe-bund.de/. Ergebnisse nach der „Ad hoc Tabelle u.a. nach den Merkmalen der Schwangerschaftsabbruchstatistik“.
  • 9
    Storkey, E., Mary`s Story, Mary´s song, London: Fount, 1993.