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Paar-, Familien- & SexualethikEhe- und Familienethik

Als Single leben

I. Einleitung

Singlesein – für die einen ist es ein schwer er­trägliches Schicksal, für andere der Ausdruck selbstgewählter Freiheit. Für viele Singles ist es aber auch beides zugleich. In manchen Phasen leiden sie unter Einsamkeit und sehnen sich schmerzlich nach einem Partner, in anderen Phasen genießen sie die Flexibilität und Unab­hängigkeit, die das Singlesein mit sich bringt. 

Manche leiden aber auch unter den Erwartun­gen und dem unsensiblen Verhalten ihres Um­felds. Während das Singlesein in der Gesell­schaft immer verbreiteter und anerkannter ist, gelten in (frommen) christlichen Kreisen Ehe und Familie weiterhin als Norm, sodass man als Single den Druck empfindet, dieser Normer­wartung unbedingt entsprechen zu müssen, um als vollwertiger Christ anerkannt zu sein. Nicht wenige Singles haben es erlebt, dass ihnen gut­gemeint, aber ungebeten versichert wurde, man würde für einen Partner beten. Doch entspricht diese Botschaft, dass man als Single ein Defizit hat und aus diesem Zustand möglichst heraus­treten sollte, tatsächlich dem biblischen Men­schenbild? Die Beschäftigung mit dieser exis­tenziellen Thematik ist unerlässlich – für die Singles selbst, aber auch gerade für ihr ge­meindliches Umfeld.

Jeder von uns war einmal Single. Für manche war es eine längere Lebensphase, für manche nur eine recht kurze Zeit, und manche erleben es auch, nach einer Beziehung erneut Single zu sein. Neben der eigenen Erfahrung hat auch jeder in seinem Umfeld mit Singles zu tun, seien es Familienangehörige, Freunde, Gemeindemitglieder oder Arbeitskollegen.

Zu beachten ist auch: Es gibt nicht den Single, denn die Geschichten und Lebensumstände von Singles sind sehr unterschiedlich. Der eine war schon immer Single, sehnt sich aber nach einem Partner, die andere ist nach langer Zeit in einer Beziehung wieder Single geworden und ein anderer wiederum hat sich bewusst für ein Singleleben entschieden und ist damit sehr zufrie­den, fühlt sich möglicherweise sogar dazu beru­fen. Dennoch gibt es einige Gemeinsamkeiten, ähnliche Fragestellungen und Herausforderun­gen, die auf das Leben eines jeden Singles zu­treffen. 

In diesem Text soll zunächst ein Einblick in die aktuelle Situation der Singles gegeben werden. Danach wird anhand ausgewählter biblischer Texte eine biblisch-theologische Perspektive auf das Singlesein herausgearbeitet. Dabei soll im Blick auf den Gegenwartsbezug besonders auf die zeit- und kulturgeschichtlichen, aber auch heilsgeschichtlichen Aspekte der bibli­schen Aussagen geachtet werden. Im Anschluss werden einige ethisch-theologische Fragestel­lungen behandelt und Perspektiven und Gedan­kenanstöße zum Singlesein eröffnet – für Sin­gles selbst, aber auch für ihr Umfeld.

II. Singles in Deutschland - Empirische Befunde

In statistischen Erhebungen definiert man Sin­gles oder Alleinstehende als Personen, die ohne Partner und auch ohne minderjährige Kinder einen Haushalt bilden. Der Datenreport 2016, der vom Statistischen Bundesamt herausgege­ben wurde, zeigt auf, dass die Anzahl der Sin­gles (im Sinne von Alleinlebenden) in Deutschland im letzten Jahrzehnt stark angestiegen ist. Im Jahr 2014 gab es demnach 18,0 Millionen Singles, also fiel mehr als jede fünfte Person in diese Kategorie (22%). Seit 2004 ist diese Zahl um 16% gestiegen.1Vgl. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ GesellschaftStaat/Bevoelkerung/HaushalteFamilien/HaushalteFamilien.html (Zugriff: 17.04.2018, leider nicht mehr verfügbar, Stand: 30.06.2023). Der sich aufgrund dieser statistischen Erhebungen abzeichnende Trend setzt sich fort, die Prognosen gehen davon aus, dass es immer mehr Ein-Personen-Haushalte geben wird. 

Allerdings lassen die Zahlen der Ein-Personen-Haushalte keine sicheren Rückschlüsse auf den tatsächlichen Beziehungsstatus dieser Personen zu, da Menschen in einer Paarbeziehung nicht zwingend einen Haushalt miteinander teilen. Diese Definition ist für unsere Untersuchung also nur bedingt hilfreich, im Folgenden wird der Begriff Single daher dem allgemeineren Gebrauch entsprechend auf die Personen bezo­gen, die vom Beziehungsstatus her alleinste­hend sind. Das bedeutet, dass Singles durchaus gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern oder in Wohngemeinschaften leben können. Bei Paaren markiert das Zusammenziehen allge­meingesellschaftlich einen wichtigen Schritt hin zu einer verbindlichen und auf Langfristigkeit zielenden Beziehung. In christlichen (und ins­besondere evangelikalen) Kreisen wird damit nach wie vor meist bis zur Eheschließung ge­wartet, weil das unverheiratete Zusammenleben kritisch gesehen wird. Daneben gibt es noch weitere Personengruppen, die statistisch als alleinlebend geführt werden, sich aber in einer Beziehung befinden. Zahlreiche Paare sind aufgrund der beruflichen Situation oder anderer lokaler Bindungen gezwungen, an verschiedenen Orten zu leben und eine Fern- oder Wochen-endbeziehung zu führen. Dazu kommt der Trend des „Living Apart Together“, der gesell­schaftlich an Bedeutung gewinnt. Damit wird die bewusste Entscheidung eines Paares be­zeichnet, in getrennten Wohnungen zu leben, um Konflikte, einen „Gewöhnungseffekt“ und einen gemeinsamen Haushalt zu vermeiden.2Siehe z. B. den Spiegelartikel „Mit dir will ich zusammenbleiben. Also lass uns getrennt wohnen“: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/living-apart-together-wie-das-beziehungsmodell-funktioniert-a-1157206.html (Zugriff: 20.06.2018). Man kann festhalten: Das Beziehungsleben in unserer Gesellschaft wird immer facettenrei­cher, die Haushaltskonstellationen unübersicht­licher. Aufgrund negativer Erfahrungen oder des Bedürfnisses, autonom zu bleiben, gehen zunehmend mehr Menschen keine langfristigen, verbindlichen Beziehungen ein und bleiben – oder sind immer wieder – Single. Dazu kommt auch die hohe Scheidungsrate, die dazu führt, dass mehr Menschen erneut Single werden.3Vgl. zu den gesellschaftlichen Entwicklungen auch Aune, Kristen, Single woman, 1-20, die zwar aus dem britischen Kontext schreibt, deren Ergebnisse sich aber problemlos auf deutsche Verhältnisse übertragen lassen.

Gesamtgesellschaftlich gibt es etwas mehr weibliche Singles (54%) als männliche,4https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2868 10/umfrage/umfrage-in-deutschland-zur-anzahl-der-singles-nach-geschlecht/ (Zugriff: 20.06.2018, leider nicht mehr verfügbar, Stand: 30.06.2023). be­trachtet man den christlichen Kontext, gehen die Zahlen jedoch deutlich weiter auseinander. Kristin Aune, die die Situation weiblicher Sin­gles in christlichen Gemeinden Großbritanniens intensiv untersucht hat, gibt an, dass Single-Frauen ein Viertel der erwachsenen Gemein­demitglieder darstellen, während die Single-Männer nur ein Zehntel ausmachen.5Die Zahlenverhältnisse dürften auf Gemeinden in Deutschland übertragbar sein. Hier be­steht also ein extremes Ungleichgewicht, was dazu führt, dass es für zahlreiche christliche Frauen mit Heiratswunsch (immerhin 80%) äußerst schwierig ist, überhaupt potenzielle Partner im Gemeindeumfeld zu finden. Die in der Studie befragten Frauen gaben an, dass von diesen zehn Prozent männlicher Singles ein Großteil zusätzlich nicht infrage komme, weil es „eingefleischte Junggesellen“ seien oder es große Unterschiede in der Beurteilung der Ge­schlechterrollen (gesellschaftlich und kirchlich) gäbe.6Vgl. Aune, Kristin, Single woman, xi und 56f. Mit steigendem Alter driften die Zahlen noch weiter auseinander. Dies lässt sich damit erklären, dass die geringere durchschnittliche Lebenserwartung der Männer zu vielen Witwen im Rentenalter führt. Diese Frauen bleiben in der Regel alleine, während ältere Männer häu­figer noch einmal heiraten.7Vgl. ebd., 17.

Dazu kommen weitere Gründe, die dazu beitra­gen, dass die Singlequote gesamtgesellschaft­lich steigt. Zum einen hat sich das Heiratsalter in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich nach hinten verschoben (Männer: 1970 (24 Jahre), 2014 (33 Jahre); Frauen: 1970 (22 Jahre), 2014 (31 Jahre)).8Vgl. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Datenreport/Downloads/Datenreport2016 Kap2.pdf?__blob=publicationFile (Zugriff: 20.06.2018, leider nicht mehr verfügbar, Stand: 30.06.2023). Immer mehr junge Menschen stu­dieren und müssen beim Einstieg ins Berufsle­ben flexibel sein, sodass Heirat und Familien­planung (und damit auch eine gewisse „Sess­haftwerdung“) meist nach hinten verschoben werden.

Die Zahl der Singles wächst also. Dabei wird das Singlesein in unserer multikulturellen Ge­sellschaft unterschiedlich gewertet und ist ent­sprechend je nach kulturellem Hintergrund verschieden stark verbreitet. In den sogenann­ten Kollektivkulturen (ca. dreiviertel der Welt­bevölkerung) spielen Ehe und Familie eine sehr große Rolle und so gehört es zum üblichen Le­benslauf, einen Ehepartner zu finden und Kin­der zu haben, um die Familie fortzuführen. In den Individualkulturen (vor allem die westli­chen Gesellschaften) dagegen wird großer Wert auf die Selbstverwirklichung und individuelle Entscheidungsfreiheit des Einzelnen gelegt. Der jeweilige Lebensentwurf wird toleriert und wenn jemand beispielsweise die berufliche Entfaltung der Familiengründung vorzieht, wird dies im Allgemeinen akzeptiert. In Deutschland kann man im Rahmen der zunehmenden beruf­lichen Chancengleichheit von Männern und Frauen, dem Gesundheitssystem, den Sozial­leistungen und dem Rentensystem heutzutage auch als Single gut leben und ist relativ unab­hängig von familiären Strukturen. Somit sind die ansteigenden Singlezahlen auch ein kultu­relles und zeitgeschichtliches Phänomen. Wie sah dies zur Zeit der Bibel aus? Welches Bild zeichnet sie vom Singlesein und welche Be­deutung hat dies heute für Christen, die sich an der Bibel orientieren möchten?

III. Single sein - Impulse des alten und neuen Testaments

3.1 Die Ehe als absolute Norm

Bis auf wenige Ausnahmen waren die Men­schen zur Zeit des Alten Testaments verheiratet. Dies gründete zum einen in der Schöpfungs­ordnung aus Genesis 1-2 und zum anderen wa­ren Familie und Nachkommenschaft kulturell und ökonomisch von fundamentaler Bedeutung, sodass die Ehe die absolute Norm darstellte.

Die Ehe als Teil der Schöpfung: Nach jüdischer Auffassung stellt Gen 1,28 das erste an den Menschen ergehende Gebot dar: Mann und Frau empfangen von Gott den Segen der Fruchtbarkeit und sollen sich mehren. Aus der Verbindung, die die Bibel als das „ein Fleisch werden“ bezeichnet, gehen Kinder hervor, die als Segen Gottes gelten. Mit dem Schließen des Ehebundes entsteht somit etwas Neues, eine exklusive, intime Gemeinschaft zweier Men­schen, die sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam Gottes Auftrag, seine Repräsentan­ten in der Welt zu sein, erfüllen.

Die Bedeutung der Nachkommenschaft: Im alttestamentlichen Bundesvolk waren Nach­kommen von existenzieller Bedeutung. Im Bundesschluss verspricht Gott Abraham un­zählige Nachkommen, die das auserwählte hei­lige Gottesvolk sein und das ihnen von Gott verheißene Land bevölkern würden. Das ganze Volk, aber auch jeder einzelne Israelit konnte Gottes Wohlwollen und Segen daran erkennen, ob Kinder geboren wurden und sich die Fami­lien vergrößerten.9Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 58-62, 117. Umso größer und vielschichtiger war die Not, wenn eine Frau keine Kinder bekommen konnte, wie Hanna in 1. Sam 1.  Die Nachkommen erfüllten zudem eine ganz elementare soziale Funktion: Wenn die Eltern krank, alt und gebrechlich waren, kümmerten sich ihre Kinder um sie, was diesen wiederum zum Segen werden sollte (Ex 20,12).

Außerdem waren Nachkommen der Garant dafür, dass der Name der Familie weitergeführt wurde und nicht in Vergessenheit geriet. Wer nicht heiratete und Kinder bekam, beendete mit seinem Tod die Linie seines Namens und sein Land ging in den Besitz anderer über. Er starb nicht nur physisch, sondern auch gesellschaft­lich. Dies galt als größte Tragödie, die einer Person widerfahren konnte,10Vgl. ebd., 66-69. Eine Veranschaulichung dafür ist die Geschichte von Ruth und Noemi (Ruth,1-4), die Gottes Fürsorge und Segen erfahren, als er die Linie ihrer Familie durch Ruths Heirat mit Boas weiterführt und damit den beiden verwitweten Singlefrauen auch einen neuen gesellschaftlichen Stand schenkt. und daher ent­schied sich niemand in dieser Kultur freiwillig zum Singlesein.11Ein bedeutendes Beispiel für die Leviratsehe ist die Geschichten von Tamar und Juda (Gen 38). Vor diesem Hintergrund sticht Gottes Auftrag an den Propheten Jeremia umso stärker heraus: Jeremia sollte sich keine Frau nehmen und keine Kinder zeugen (Jer 16,1-2). Ebenso wie Jeremia keine Nachkom­men hatte, würden auch die Israeliten ihre Kin­der durch Krankheit, Schwert und Hungersnot verlieren und damit als Familien ausgelöscht werden (Jer 16,3-4).12Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 70-72 und Philip Graham Ryken, Jeremiah and Lamentations: From Sorrow to Hope, Preaching the Word, Wheaton 2001, 263. Es handelte sich also um eine prophetische Zeichenhandlung. 

Ausblick auf den Neuen Bund: In Jesaja 6 ver­heißt Gott jedoch einen neuen „Trieb“, einen „heiligen Samen“, der sich qualitativ vom bis­herigen auserwählten Volk unterscheidet. Diese Hoffnung konkretisiert sich in einem Kind, einem Nachkomme Abrahams und Davids, der eine messianische Rolle einnimmt und von dem ein neues heiliges Volk ausgehen wird (Jes 9-11).13Vgl. ebd., 88-98. An dieser Stelle zeichnet sich ein entscheidender Paradigmenwechsel ab, den der Neue Bund mit sich bringt: Gottes neues heili­ges Volk wird nicht länger die Form einer bio­logisch voneinander abstammenden Ethnie besitzen, sondern aus den geistlichen Nachkommen des Gottesknechts erschaffen. 

Besonders bemerkenswert sind Texte wie Jesaja 54, demzufolge die einsame, unfruchtbare Frau jubeln wird, denn obwohl sie keine Kinder ge­boren hat, wird sie in diesem Sinne mehr Kin­der haben als die Verheiratete. Dabei wird Gott selbst ihr Mann sein, sodass sie mit allem ge­segnet ist, was sie bisher schmerzlich vermisst hat.14Vgl. ebd., 100-103 und Raymond C. Ortlund Jr. / R. Kent Hughes, Isaiah. God Saves Sinners, Preaching the Word, Wheaton 2005, 359. Auch für die Fremden und die Eunuchen eröffnen sich heilvolle Perspektiven, wenn ihnen in Jesaja 56 zugesagt wird, dass sie in die Gemeinschaft des Gottesvolkes aufgenommen werden. Die bisherigen äußerst strengen biolo­gischen und sozialen Grenzen werden über­wunden. Der Eunuch als unverheirateter, un­fruchtbarer Mann soll mit all dem gesegnet werden, was ihm bis dahin verwehrt war, näm­lich Nachkommen, Anteil am Erbe des Landes in Form eines permanenten Platzes im Hause des Herrn (vgl. dazu Jesu Aussage in Joh 14,2) und einem unauslöschlichen Namen.15Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 103-107.

Dieser Paradigmenwechsel als wesentlicher Teil des Neuen Bundes verändert die theologi­sche Perspektive auf das Singlesein. Die Zuge­hörigkeit zum Gottesvolk und die Teilhabe an dem damit einhergehenden Segen sind nicht länger an offensichtlichen, äußeren Merkmalen wie Abstammung, Fruchtbarkeit und Landbe­sitz zu erkennen, sondern nehmen auf einer innerlichen, geistlichen Ebene Gestalt an. Das neue Gottesvolk wird aus allen Völkern der Erde gesammelt und besteht aus denen, die sich Gott zuwenden und ihm aufrichtig dienen. Sie erhalten Zugang zum Haus Gottes und erfahren geistlichen Segen, der das Innerweltliche über­steigt und von ewigem Bestand ist (vgl. Jes 56). Damit wird ein gottgefälliger, gesegneter Le­bensentwurf als unverheiratete Person ohne biologische Nachkommen möglich.

3.2 Das Singlesein als (ur)christliche Le­bensform 

Jesus Christus wird im Neuen Testament als der eine Nachkomme Abrahams, in dem sich die Segensverheißungen erfüllen und der als der von Jesaja beschriebene leidende Gottesknecht durch seinen Tod eine geistliche Nachkommen­schaft erhält, identifiziert.

Jesus als Single: Indem er selbst unverheiratet blieb, verkörpert Christus auf unvergleichliche Weise den beschriebenen Paradigmenwechsel des Neuen Bundes. Er wird als vollkommener Mensch bezeichnet, obwohl er weder Frau noch Kinder hatte. Er ist der von Gott „auserwählte, kostbare Eckstein“, der ein Gott wohlgefälliges Leben führte (2. Petr 2,4-6.22) und in voll­kommenem Gehorsam Gottes Gebote erfüllte (Mt 5,17; Hebr 5,7-10). Wie gehorchte er nun aber dem Gebot aus Gen 1,28, fruchtbar zu sein und sich zu mehren? Tatsächlich beginnt mit Jesus eine neue Form der Erfüllung dieses Auf­trages: Menschen werden nun durch eine geist­liche Wiedergeburt zu Kindern Gottes (Joh 1,12-13; 3,3-8) und erhalten den Missionsauf­trag, wiederum andere zu Jüngern und Nachfol­gern zu machen, sodass sich diese geistliche Nachkommenschaft Jesu auf der ganzen Erde ausbreitet (Mt 28,19-20). Es geht nun um geist­liche Multiplikation.16Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 144-149.

Dazu gehört auch, dass die Zugehörigkeit zur geistlichen Familie Gottes gegenüber der biolo­gischen Familie Vorrang hat. Seine Jünger müssen bereit sein, ihre Familien, ihren Besitz und alle weltlichen Verpflichtungen hinter sich zu lassen, um ihm nachzufolgen. Diese Dinge dürfen kein Hinderungsgrund dafür sein, sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Dafür verspricht Jesus, dies reichlich zu belohnen und demjenigen eine neue Familie zu schenken (Mt 19,28-29; Lk 14,26-27). Die Familie Gottes ist eine Neuschöpfung, die bereits zu einer anderen Dimension gehört und damit über den vergäng­lichen, irdischen Zugehörigkeiten (Familie, Stand, Nationalität) steht. Der Auftrag aus Gen 1 wird nicht aufgelöst – die Menschen sollen nach wie vor auch heiraten und Kinder bekom­men –, sondern erweitert: Die geistliche Di­mension von Fruchtbarkeit kommt dazu und wurde exemplarisch von Jesus als Single und Begründer einer neuen Form von Familie vor­gelebt.

Im Neuen Bund, der mit Jesus begonnen hat, wird der Bundessegen in und durch Christus selbst empfangen. Dieser geistliche Segen (Eph 1,3) übersteigt sämtliche materiellen Segnungen des Sinaibundes. Da ein gläubiger Mensch in Christus den ganzen, vollkommenen Segen dieses Bundes erhält, gibt es nichts, was er zu­sätzlich braucht, um ein erfülltes Christsein zu leben. Er braucht also weder einen Ehepartner noch Kinder, um „ganz“ zu sein. Diese Dinge sind nach wie vor gute Gaben Gottes, aber ihr Fehlen ändert nichts an dem Zustand des Ge­segnetseins in Christus.17Vgl. ebd., 139-140 und R. Kent Hughes, Genesis: Beginning and Blessing, Preaching the Word (Wheaton, IL: Crossway Books, 2004), 185.

Eine alternative Lebensform: Jesus, seine Jün­ger und die späteren Apostel lebten nach wie vor in einer Kultur, in der die Familie von höchster Bedeutung war. Auch in der römisch-hellenistischen Umwelt war es die Norm, zu heiraten und seine Altersvorsorge, aber auch seine Stellung in der Gesellschaft durch Nach­kommen zu sichern. Umso aufsehenerregender waren daher Jesu Lebensstil als Single und seine Aussagen zum Singlesein. Die deutlichste uns überlieferte Aussage dazu findet sich in Matthäus 19,10-12. Zunächst einmal betont Jesus den Wert der Ehe als eine von Gott in der Schöpfung eingesetzte Ordnung und setzt die Hürden für eine Ehescheidung deutlich höher als seine Zuhörer das erwartet hatten (V. 19,1-9). Daraufhin sagen seine Jünger erschrocken: „Steht die Sache eines Mannes mit seiner Frau so, dann ist's nicht gut zu heiraten.“ Unerwar­teterweise bejaht Jesus, dass es für manche Menschen besser ist, nicht zu heiraten, und illustriert dies anhand der Eunuchen, welche sowohl in der jüdischen als auch in der römisch-hellenistischen Kultur negativ assoziiert und gesellschaftlich geächtet waren. Wurde jemand unfreiwillig kastriert oder war von Geburt an unfruchtbar, wurde dies als Strafe Gottes angesehen.18Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 153-156.

Doch Jesus stellt es hier positiv dar, wenn sich jemand selbst (aktiv) zum Eunuchen macht – um des Himmelreichs willen. Dabei muss be­achtet werden, dass das griechische Wort eunouchizo nicht nur kastrieren bedeutet, son­dern im umfassenderen Sinne eine bewusste, beabsichtigte Unfruchtbarkeit bzw. Nicht-Fort­pflanzung bedeutet. Jesus spricht hier also von Personen, die bewusst das Recht auf einen Ehe­partner und Nachkommen aufgeben.19Vgl. ebd., 157. Er betont zugleich, dass dieser Weg des selbstgewählten „Eunuchenseins“ nur für manche bestimmt ist: „Dies Wort fassen nicht alle, sondern die, denen es gegeben ist. […] Wer es fassen kann, der fasse es!“ (V. 11-12). Die Ehe wird von Jesus also ausdrücklich als eine von Gott in der Schöpfung eingesetzte, gute und gesegnete Lebensform hochgehalten, zugleich verkörpert und lehrt er aber auch eine neu dazukommende Alternative, nämlich ein Leben als Single mit der bewussten Entscheidung, um des Himmel­reichs willen auf einen Ehepartner, Kinder und sexuelle Zweisamkeit zu verzichten. Letzteres ist ein geistliches Geheimnis des Reiches Got­tes, das sich nur denen wirklich erschließt, die diesen Lebensweg einschlagen.20Vgl. Eichler, Astrid, Es muss was Anderes geben, 36-38.

Ehelosigkeit als Zeichen der neuen Welt: In Lukas 20,27-40 spricht Jesus über die Auferste­hung: „In der jetzigen Welt heiraten die Men­schen und werden verheiratet. Aber diejenigen, die für würdig erachtet werden, von den Toten aufzuerstehen und an der kommenden Welt teilzuhaben, heiraten dann nicht mehr.“ Damit macht Jesus deutlich, dass die Ehe als Schöp­fungsordnung ihre Begrenzung hat. Sie ist eine Institution der jetzigen Welt, man ist nicht für „immer und ewig“ verheiratet, sondern „bis dass der Tod uns scheidet“.21Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 165. Mit der Neuschöpfung von Himmel und Erde (Jes 65,17; Offb 21,1) und der damit verbundenen Auferstehung werden sich das ganze Dasein des Menschen und seine Beziehungen zu anderen Geschöpfen, aber auch zu Gott selbst grundle­gend verändern. Die bewusst gelebte Ehelosig­keit in der jetzigen Welt kann somit ein Hin­weis auf die zukünftige, so ganz andere Welt sein, ein Leben im Hinblick auf das kommende Reich Gottes, das darin punktuell schon sicht­bar wird.22Vgl. Eichler, Astrid, Es muss was Anderes geben, 38.

Paulus als Befürworter des Singleseins: Ebenso wie Jesus und einige seiner Jünger war Paulus Single (vermutlich verwitwet). In seinem Dienst als Missionar hatte er sich bewusst dazu entschieden und begründet dies ausführlich in 1. Korinther 7. Ähnlich wie Jesus betont er, dass die Ehe eine gute Gabe Gottes ist und Scheidung seinem Willen widerspricht. Das Singlesein ist allerdings ebenso eine Gabe Gottes (griech. Charisma), die er persönlich sogar bevorzugt: „Ich wollte zwar lieber, alle Menschen wären, wie ich bin, aber jeder hat seine eigene Gabe von Gott, der eine so, der andere so.“ (V. 7). Jeder soll seiner Berufung entsprechend leben, so wie Gott es ihm zugemessen hat (V. 17). Darin ist Paulus ein Vorbild.23Vgl. dazu auch Külling, Heinz, Ehe und Ehelosig­keit, 68-71. Denen, die sich „nicht enthalten können“ oder die bereits in einer Beziehung leben, empfiehlt er, zu heiraten. Er gibt jedoch zu bedenken, dass man damit Verpflichtungen und Bin­dungen eingeht, die das Leben insgesamt be­lasten und einen vom Dienst für Gott abhalten können: „Ich möchte aber, dass ihr ohne Sorge seid. Wer ledig ist, der sorgt sich um die Sache des Herrn, wie er dem Herrn gefalle; wer aber verheiratet ist, der sorgt sich um die Dinge der Welt, wie er der Frau gefalle, und so ist er ge­teilten Herzens.“ (V. 32-34). Da für Paulus das Reich Gottes oberste Priorität hat und er zu­gleich von der Vergänglichkeit dieser Welt und einer bevorstehenden Not bzw. Verfolgung der Gläubigen ausgeht, zieht er das Singlesein vor (V. 26-38). Wer diesen Ruf von Gott empfängt und sich dazu in der Lage sieht, soll diesen Lebensweg wählen. Es ist eine Freiheit des Neuen Bundes, die Paulus selbst erlebt und von der er sich wünscht, dass jeder sie erfahren könnte.

3.3 Zusammenfassung:

Die Untersuchung der biblischen Aussagen hat aufgezeigt, dass sich das Bild des Singleseins im Laufe der Heilsgeschichte grundlegend ver­ändert hat. Für Israel und die gesamte altorien­talische Kultur stellte die Ehe die absolute Norm dar, weil es von existenzieller Bedeutung war, Nachkommen zu haben und in eine Fami­lie eingegliedert zu sein. In der Schöpfungsge­schichte und im Bundessegen bilden Ehe und Nachkommen grundlegende Elemente und so kommt ihnen eine hohe kulturelle, gesellschaft­liche und theologische Bedeutung zu. Das Sin­glesein galt dagegen als schweres Schicksal und wurde nicht freiwillig gewählt. Mit Jesus tritt der Neue Bund in Kraft, durch den eine geistli­che Erfüllung der alttestamentlichen Segens­verheißungen beginnt. Er und auch Paulus le­ben dies paradigmatisch vor, indem sie Single bleiben. In ihren Lehraussagen wird deutlich, dass sie das Singlesein als gleichwertige alter­native Lebensform zur Ehe sehen, die den Vor­teil hat, einen intensiven, ungeteilten Dienst im Reich Gottes zu ermöglichen. 

IV. Eine christliche Ethik des Singleseins

Wie wir gesehen haben, betonen sowohl Jesus als auch Paulus, dass jeder Gläubige für sich herauszufinden hat, was Gott für ihn vorgese­hen hat, um dies als Gabe anzunehmen. Doch wie erkennt man, ob man nun die sogenannte „Gabe der Ehelosigkeit“ hat? Was ist überhaupt mit dem Begriff „Gabe“ gemeint? Kann man auch gegen seinen Willen von Gott zum Single­sein bestimmt werden? Wie erkennt man Gottes Willen für sein Leben? Dies sind Fragen, mit denen sich viele Singles immer wieder kon­frontiert sehen und die viel Verwirrung und Unsicherheit stiften. 

Die Gabe der Ehelosigkeit: Hierzu finden sich zahlreiche Mythen und unrealistische Vorstel­lungen. So gehen viele davon aus, dass es sich um eine übernatürliche, geistliche Bevollmäch­tigung handelt, die daran erkennbar ist, dass man keinen Wunsch (mehr) nach einem Partner verspürt, dass man das Singlesein genießt und glücklich ist, dass man keine sexuellen Wün­sche verspürt (oder diese problemlos kontrollie­ren kann), dass man im durch das Singlesein ermöglichten Dienst für Gott aufblüht und sich mit Paulus identifizieren kann, der wünscht, dass mehr Christen Single bleiben würden. Wer dagegen mit einem oder mehrerer dieser Punkte hadert und tief in sich den Wunsch nach einem Partner und nach sexueller Erfüllung in der Zweisamkeit verspürt, der sei nicht für das Sin­glesein bestimmt und solle möglichst heiraten.24Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 48-50. Doch diese Sicht auf das Singlesein lässt sich biblisch nicht belegen und führt außerdem zu zahlreichen Problemen.

Das Singlesein wird hier an subjektiven Ge­fühlen und Wünschen festgemacht. Doch ob man sich damit gut fühlt oder nicht, die Situa­tion bleibt letztlich dieselbe: Man lebt als Sin­gle. Würde man diesen Maßstab an Verheiratete legen, zeigt sich, wie absurd er im Grunde ist. Schließlich fragt man sich als Verheirateter nicht, ob man tatsächlich die „Gabe der Ehe“ hat, und beantwortet dies je nach Gefühl und innerer Erfüllung mit Ja oder Nein. Vielmehr befindet man sich nun einmal in dieser Lebens­situation und es geht nicht darum, herauszufin­den, ob man dafür von Gott begabt wurde, son­dern darum, die eigene Situation anzunehmen und sie aktiv positiv zu gestalten. Jeder Single und jede verheiratete Person wird Tage oder Phasen kennen, in denen dies leicht fällt und andere, in denen es herausfordernd ist und eher auf einer Willensentscheidung als auf positiven Gefühlen basiert. Dazu gehört auch der Aspekt, dass jeder Mensch, sei er nun alleinstehend oder in einer Beziehung, mit Herausforderun­gen und Versuchungen zu kämpfen hat. Selbst über Jesus wird gesagt, dass er „versucht wor­den ist in allem wie wir, doch ohne Sünde.“ (Heb 4,15). Die Annahme, dass man die Gabe des Singleseins daran erkennt, keine Sehnsucht nach sexueller Intimität, Ehe oder Familie zu haben, geht schlicht an der menschlichen Rea­lität vorbei.25Vgl. ebd., 50-52. Kristin Aune zeigt zudem auf, dass in anonymen Umfragen sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Singles der Umgang mit Sexualität als eine der größten Herausforderungen genannt wurde, vgl. Aune, single woman, 20, 56, 58f., 60. Wobei es durchaus Menschen gibt, deren Sexualtrieb von Natur aus geringer ist oder denen es aufgrund ihrer Persönlichkeit leichter fällt, ein Leben als Alleinstehende/r zu führen.

Es stellt sich außerdem die Frage: Wenn man­che Singles von Gott eine übernatürliche Gabe erhalten, die sie dazu befähigt, ein erfülltes, zölibatäres Leben zu führen, was ist dann mit all den anderen Singles? Gott würde nur einen Teil der Singles dazu ausrüsten, ein gutes Le­ben ohne Partner führen zu können. Es gäbe zwei „Klassen“ von Singles – die dazu berufe­nen und begabten und die, die eigentlich heira­ten sollten. Diese Unterscheidung findet sich nirgends in der Bibel. Paulus spricht zwar ver­schiedene Gruppen an (Witwen, Jungfrauen, Verheiratete, Unverheiratete), aber dazu gehö­ren weder Singles mit der Gabe des Singleseins im Gegensatz zu denen ohne, noch Verheiratete mit der Gabe der Ehe und denen ohne.26Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 53. In 1. Korinther 7,9 sagt er lediglich, dass Singles, die in Gefahr stehen, aufgrund ihrer sexuellen Be­dürfnisse unmoralisch zu handeln, besser hei­raten sollten, um diese im dafür vorgesehenen Rahmen der Ehe zu stillen. 

Aus seelsorgerlicher Sicht ist es bedenklich, den Singles, die diese „Gabe“ nicht bei sich ausmachen können, einfach das Heiraten nahe­zulegen. Die Realität zeigt, dass Menschen aus den verschiedensten Gründen keinen passenden Partner finden. Gerade in christlichen Kreisen mangelt es für die überproportional vielen weiblichen Singles schlicht an potenziellen Ehemännern. Wer in solch einer Situation da­von ausgeht, dass er trotz Heiratswunsch keinen Partner findet, aber von Gott auch nicht mit der Gabe des Singleseins ausgerüstet ist, wird sich früher oder später von Gott hinters Licht ge­führt fühlen, bitter werden und möglicherweise in eine ernste geistliche Krise stürzen.27Vgl. ebd., 55f.

Der Schlüssel liegt im Begriff der „Gabe“ (griech. Charisma). Der Gedanke, dass es für das erfüllte Singlesein eine geistliche, gottge­gebene Fähigkeit zur Ehelosigkeit brauche, ist auf eine Vermischung der Konzepte göttlicher Gaben in den Kapiteln 7 und 12 des 1. Korin­therbriefes zurückzuführen. In ersterem sagt Paulus schlicht, jeder habe „seine eigene Gabe von Gott, der eine so, der andere so.“ (V. 7), während er im Kapitel 12 von den „geistlichen Gaben“ spricht. Diese sind direkt vom Heiligen Geist bewirkt und werden Einzelnen geschenkt, damit sie sie zum Wohl der ganzen Gemeinde einsetzen (Heilung, Prophetie, Lehre etc.), ihnen kommt also eine bestimmte Funktion zu. In Kapitel 7 ist dagegen weder von „geistlicher Gabe“, noch von einer Bewirkung durch den Heiligen Geist, noch von einer Funktion oder Zielsetzung die Rede. Der Begriff „Gabe der Ehelosigkeit“ findet sich so gar nicht in der Bibel. Paulus verwendet „Gabe“ hier in einem viel allgemeineren Sinn, wie z. B. in Römer 6,23: „die Gabe Gottes aber ist das ewige Le­ben“. Es handelt sich dabei um eine göttliche Gabe, die aber keine bestimmte Funktion für den Dienst hat, sondern vom Empfänger schlicht angenommen werden soll als der Stand, in den Gott ihn jetzt hineingestellt hat und der sich auch ändern kann. Denn zu einem be­stimmten Zeitpunkt kann ein Mensch entweder das ewige Leben haben oder nicht, er kann Sin­gle sein oder verheiratet. Die „Gabe der Ehelo­sigkeit“ meint also den Stand, ungebunden zu sein. Wer heiratet, „tauscht“ sie sozusagen ge­gen die Gabe der Ehe ein.28Vgl. ebd., 56-59.

Die Aussage von 1. Korinther 7,7 lautet dem­nach: Ob du nun Single oder verheiratet bist, beide Lebensformen sind von Gott gegebene, gute Gaben, die bewusst angenommen, geehrt und wertgeschätzt werden sollen. Beide werden von Gott gebraucht und dienen seiner Ehre. Keine der beiden Lebensformen ist „geistli­cher“,29Insbesondere im Mittelalter galt der Klerus, also die zölibatär lebenden Priester, Mönche und Nonnen, als geistlicher und gottgefälliger – dieses Zwei-Klassen-Denken wurde von den Reformatoren bewusst bekämpft. beide stehen unter Gottes Segen, beide sind aber auch immer wieder auf Gottes Gnade und Hilfe angewiesen. Ebenso wie Gott Ehe­partnern helfen kann, eine gute, erfüllte Ehe zu führen und darin Gott zu dienen, kann er Sin­gles eine innere Freiheit schenken, die das menschliche Verlangen nach Familie und eheli­cher Intimität übersteigt und so dazu befähigt, Gott mit ganzem Herzen und mit mehr Zeit und Kraft zu dienen, als dies Verheirateten und El­tern möglich wäre.30Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 200. Man denke nur an die unzähligen Single-Missionare (größtenteils Frauen), die erheblich zur weltweiten Verbreitung des Evangeliums beitragen.

Der Wille Gottes: Nachdem wir nun festgestellt haben, dass es keine biblischen Anhaltspunkte für eine spezielle geistliche Gabe der Ehelosig­keit gibt, stellt sich dennoch die Frage, ob Gott nicht für manche Menschen bestimmt hat, dass sie Single bleiben sollen. Gibt es also eine „Be­rufung zum Singlesein“? Die Frage nach dem Willen Gottes und der menschlichen Entschei­dungsfreiheit ist ein kontroverses und komple­xes theologisches Thema, das hier nur ange­schnitten werden kann. Bezüglich der Frage nach dem passenden Partner bzw. der Überzeu­gung, Single zu bleiben, sind im Denken vieler Christen zwei Extreme zu finden, die beide am biblischen Gottes- und Menschenbild vorbeige­hen. Die eine Seite geht davon aus, dass Gott von Anfang zwei Menschen füreinander be­stimmt hat und es darum geht, diesen einen Seelenverwandten zu finden und die Ehe, die „im Himmel geschlossen wurde“, einzugehen. Dies führt leicht zu einer passiven Haltung – Gott wird die beiden schon irgendwie zusam­menführen und die Beziehung dann reich seg­nen. Wenn es Probleme gibt, wird die Verant­wortung schnell auf ihn geschoben oder sogar infrage gestellt, ob man sich nicht getäuscht hat und doch nicht die von Gott bestimmte Person geheiratet hat. Das andere Extrem geht davon aus, dass Gott mit der Entscheidung, ob und wen man heiratet, im Grunde gar nichts zu tun hat, dass der Mensch also eigenverantwortlich und mündig für sich entscheidet, welchen Weg er einschlagen wird.31Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 69f.

Biblisch gesehen wird Gottes Wille dagegen in einer partnerschaftlichen Weise entdeckt und umgesetzt. Der Mensch ist mündiges Geschöpf und muss eigenverantwortliche Entscheidungen treffen, doch kann er in der gelebten Beziehung mit Gott dessen Führung erleben und sich an den guten, weisen Prinzipien, die sich in seinem Wort finden, orientieren. So sagt Paulus den Witwen in 1. Korinther 7,39, dass sie sowohl frei entscheiden können, ob sie noch einmal heiraten als auch wen sie heiraten, wichtig sei jedoch, dass diese Person ebenfalls gläubig ist. Es gibt viele potenzielle Ehepartner, Gott kommt es in erster Linie darauf an, dass mit dieser Person eine gottgefällige Ehe geführt werden kann.32Vgl. ebd., 70-74. Die Entscheidung, ob man eine Ehe anstrebt oder Single bleibt, ist in der Regel ein langjähriger Prozess, bei dem zahlreiche Faktoren eine Rolle spielen. Wenn man keinen passenden Partner findet, sich vielleicht gar nie wirklich verliebt oder eine erfüllende Arbeit hat, bei der es von Vorteil ist, keine ehelichen und familiären Verpflichtungen zu haben, kann mit der Zeit eine innere Überzeugung wachsen, von Gott zu einem Leben als Single berufen zu sein. Dies entspricht der dritten Gruppe von Menschen, die Jesus in Matthäus 19,12 nennt: Gläubige, die ohne äußeren oder inneren Zwang die Entscheidung treffen, zeitweise oder dauer­haft auf die Ehe zu verzichten, um sich ganz für das Reich Gottes einzusetzen.33Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 77. Die Erfahrung vieler Christen zeigt, dass der Wille Gottes meist über einen längeren Zeitraum und durch verschiedene Formen der Bestätigung oder Korrektur erkannt wird. Auf diese Weise seine Berufung zu finden und zu leben, ist zugleich keineswegs die Garantie für ein einfaches, er­folgreiches Leben. Doch die innere Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein, kann in Heraus­forderungen und Versuchungen zum festen Fundament werden und als innerer Kompass dienen.

V. Perspektiven für ein erfülltes Singlesein

Auf Grundlage des biblischen Bildes vom Sin­glesein als voll akzeptierter und gottgefälliger Lebensform sollen nun einige Perspektiven und Anregungen folgen, wie ein Leben als Single heutzutage aussehen kann und was die Singles selbst, aber auch ihr Umfeld dazu beitragen können, dass es als erfüllend erlebt wird. Dabei ist stets im Blick zu behalten, dass Singles keine homogene Gruppe bilden, sondern aus verschiedensten Gründen keinen Partner (mehr) haben.

Gemeinschaft: Eine der größten Herausforde­rungen, die das Singlesein mit sich bringt, ist die Einsamkeit. Wem erzählt man von den all­täglichen Erlebnissen und Begegnungen, mit wem teilt man Freude und Traurigkeit, wer geht mit einem die verschiedenen Optionen durch, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss? Und auch ganz praktisch: Wer hilft, das neue Regal an die Wand zu schrauben, wer kümmert sich, wenn man krank im Bett liegt, und wer fährt mit in den Urlaub? Das Allein­sein kann sich in solchen Situationen zu einer schmerzhaften Einsamkeit entwickeln. Die Wochenenden und vor allem die Sonntagnach­mittage scheinen für die Familien reservierte Tage zu sein. Viele Singles flüchten sich daher in Geschäftigkeit, Aktivismus oder Hobbys.34Vgl. Eichler, Astrid, Es muss was anderes geben, 67.  Der Mensch ist als Beziehungswesen geschaf­fen, daher ist es von fundamentaler Bedeutung, dass Singles aktiv die Gemeinschaft mit ande­ren suchen – und dass die Nicht-Singles sie ebenso aktiv in ihre Gemeinschaft einbezie­hen.35Als Single kann man auch alternative Formen des Zusammenlebens wählen, wie Wohngemeinschaften, Kommunitäten, … vgl. dazu ebd., 79-86. Hier kann sich das ganze Potenzial der Gemeinde als geistliche Familie entfalten. 

Jesus und Paulus lebten als Singles in inniger Gemeinschaft mit anderen und begründeten diese neue Art von geistlicher Familie, in der die unterschiedlichsten Menschen über die Ge­nerationen hinweg ein von Liebe geprägtes Beziehungsnetzwerk aufbauen und füreinander Verantwortung übernehmen. Gerade dies soll das Erkennungszeichen der Nachfolger Jesu sein (Joh. 13,35) und macht eine Gemeinde anziehend für die vielen Einsamen unserer Ge­sellschaft. Dieses biblische Ideal sollte ange­strebt werden. Dafür müssen Gemeinden eine familiäre Kultur entwickeln, in der Singles auch außerhalb der Veranstaltungen auf offene Türen stoßen und so unkompliziert am Familienleben und an Feiern (insbesondere Weihnachten, Os­tern etc.) teilhaben können. Wenn Ehepaare und Familien authentisch und offen leben, können sie damit zugleich zeigen, dass auch diese Le­bensformen ihre Herausforderungen mit sich bringen und so überhöhten Vorstellungen auf Seiten der Singles entgegenwirken.36Vgl. dazu auch Keller, Timothy, Ehe, 222-223. Es kann ein Raum entstehen, in dem tiefe Freundschaf­ten, aber auch geistliche Eltern-Kinder-Bezie­hungen wachsen können. Beziehungen, in de­nen man als Single angenommen, geliebt, un­terstützt, aufgefangen, aber auch korrigiert und ermahnt wird. So können Singles in diesem Rahmen auch die Bereicherung von freund­schaftlichen geschlechterübergreifenden Bezie­hungen erleben, in denen sich Mann und Frau mit ihren Gaben und Fähigkeiten ergänzen.37Hier sollte darauf geachtet werden, dass auch zwischen männl. und weibl. Singles Freundschaften entstehen können, ohne dass sie unter dem Druck der Erwartungen stehen, ein Paar werden zu müssen. Vgl. auch ebd., 204-205. Dazu gehört dann auch ein Miteinander auf ganz praktischer Ebene: Den Singles kann bei den oben beschriebenen Herausforderungen im Alltag geholfen werden, während sie wiederum durch ihre Flexibilität und Ungebundenheit die Ehepaare und Familien unterstützen können. So können sich die verschiedenen Lebenssituatio­nen ergänzen und jeder kann das einbringen, was dem anderen möglicherweise fehlt. 

Sensibilität und Wertschätzung: Dies gilt natür­lich auch für die Aufgaben, die es in der Ge­meinde selbst gibt. Hier haben Singles häufig die Möglichkeit, sich mit deutlich mehr Zeit und Kraft einzubringen, als dies den Verheira­teten und Eltern (insbesondere von kleineren Kindern) möglich ist. Wer diese Freiheit be­wusst nutzt, kann im Dienst für Gott und den Nächsten große Erfüllung finden. Dieses Enga­gement sollte jedoch aus der inneren Freiheit und Freude über diese Möglichkeiten stattfin­den. Singles müssen ohne „schlechtes Gewis­sen“ Aufgaben ablehnen und Grenzen ziehen dürfen und sollten auch nicht den Eindruck gewinnen, in erster Linie die unbeliebten Auf­gaben abzubekommen.

Grundsätzlich ist im Gemeindeleben Sensibili­tät gefordert – beim Reden, Predigen, bei den Angeboten und Veranstaltungen. Singles sollten selbstverständlich mithineingenommen und wahrgenommen werden. Es ist zweifellos eine gewisse Gradwanderung, die Lebenssituation der Singles mit ihren guten und herausfordern­den Aspekten in den Blick zu nehmen, ohne dass sich diese auf ihr Singlesein reduziert füh­len. Wichtig ist, eine Kultur der Wertschätzung und Würde des Singleseins zu entwickeln und eben nicht die Ehe bzw. Familie als einzige Norm hinzustellen. Wie wir gesehen haben, ist das biblische Bild von Gemeinde und von schöpfungsgemäßem, gottgefälligem Leben deutlich weiter und facettenreicher. Solch eine wertgeschätzte Vielfalt kommt auch anderen „Minderheiten“ wie ungewollt kinderlosen Ehepaaren, Alleinerziehenden, enthaltsam lebenden Homosexuellen38Vgl. dazu Hill, Wesley, Spiritual friendship: Finding love in the Church as a Celibate Gay Christian, Grand Rapids, 2015, in dem der Autor den besonderen Wert der geistlichen Freundschaft hervorhebt. oder auch konfliktreichen Ehen / Familien zugute und trägt dazu bei, dass sie sich nicht zusätzlich als defizitär empfinden oder unter den Druck geraten, der scheinbar christlichen Norm entsprechen zu müssen.

Die frühere Pfarrerin Astrid Eichler beschreibt in ihrem Buch „Es muss was Anderes geben“, wie sie in einem jahrelangen Prozess ein Ja zum bewussten Singlesein gefunden hat und welche Schritte ihr dabei geholfen haben. So berichtet sie beispielsweise von einer offiziellen Zere­monie mit Segnung, bei der sie sich – ähnlich wie bei einer Trauung – öffentlich zu ihrer Ent­scheidung zur Ehelosigkeit bekannte und in diesem Sinne einen Bund mit Gott schloss. Für sie war es ein Ausdruck der Verbindlichkeit und der Liebe zu Gott, dass sie dem Ruf in die Ehelosigkeit folgte. Sie empfand diese Ereignis als Würdigung ihres Singlestandes, sodass auch deutlich wurde, dass sie nicht einfach zu den „Übriggebliebenen“ gehörte.39Vgl. Eichler, Es muss was anderes geben, 52f. Vielleicht kann dies eine Anregung sein, in den Gemeinden die bewusste Entscheidung einer gläubigen Person zur Ehelosigkeit zu würdigen und einen Rah­men zu schaffen, in dem dies auf Wunsch vor der Gemeinde bekannt, geehrt und gesegnet wird.

Ungewolltes Singlesein und Herausforderun­gen: Natürlich gibt es zahlreiche Singles, die diese Lebensform nicht bewusst gewählt haben und sich sehnlichst einen Partner und Familie wünschen. Das zeigt sich allein an den vielen gut laufenden Singlebörsen und Partnerver­mittlungsdiensten, die man im Internet, in Zeit­schriften oder auf Veranstaltungen findet. Auf dem Weg zu einem versöhnten Singlesein, aber auch auf dem Weg zu einer möglichen Partner­schaft brauchen Singles Begleitung und Unter­stützung von Seiten ihrer Gemeinde und ihres direkten Umfeldes. Wer bereit ist, jemanden geistlich zu begleiten (Leiter, Freunde, Mento­ren), sollte in sensiblen, wertschätzenden Ge­sprächen herausfinden, wie es dem Einzelnen mit dem Singlesein geht: Ist er / sie zufrieden damit oder ist es ein schmerzhafter Punkt? Ha­dert die Person deswegen mit Gott? Fühlt sie sich von Gott und anderen Menschen überse­hen? Welche (überhöhten) Erwartungen stellt sie an den zukünftigen Partner oder die Ehe?40Vgl. dazu auch Keller, Timothy, Ehe, 206-208. Welche Bereiche stellen Herausforderungen dar (z. B. Isolation, Neid, Sexualität, „Torschluss­panik“ bzgl. Familienplanung, …)?41Vgl. dazu Aune, Kristin, Single woman, 58-67 und 71-81, hier kommen zahlreiche Single-Frauen in anonymen Interviews direkt zu Wort und beschreiben ihre Herausforderungen, gerade auch im Bereich der Sexualität (was laut ihren Erfahrungen in christl. Kreisen ein Tabuthema ist). Keinen Partner zu finden kann zu großen Selbstzwei­feln und Minderwertigkeitsgefühlen führen.42Vgl. dazu Eichler, Astrid, Es muss was anderes geben, 54f. Lebensträume und -entwürfe rücken in weite Ferne oder müssen ganz aufgegeben werden. Dies kann neben der Herausforderung der seeli­schen Bewältigung dieser Verlusterfahrungen auch tiefgehende theologische Fragestellungen aufwerfen. Diese Punkte sollte dann entspre­chend benannt und seelsorgerlich besprochen werden. Manche dieser Themen können auch in Predigten, Bibelarbeiten, Seminaren etc. behan­delt werden, weil sie auch in anderen Lebens­situationen auftreten und daher für viele Ziel­gruppen relevant sein können. Um nur einige davon stichwortartig zu nennen:

  • Gott als gütigen Geber und Versorger sehen 
  • sich Gottes Zeitplan unterordnen, ver­trauensvolles Warten / Geduld einüben, im Hier und Jetzt leben
  • Leben mit unerfüllten Wünschen, Span­nung aushalten, kein „Recht“ auf Er­füllung, Verzicht / Enthaltsamkeit einü­ben
  • in sich ruhen, in seiner Identität als Mann / Frau gefestigt sein; Erfüllung der tiefsten Sehnsüchte in Christus – falsche Erwartungen an Partner ab­bauen

Gesellschaftlich: Im Blick auf die gesamtgesell­schaftliche Entwicklung zu immer mehr Sin­glehaushalten und unverbindlichen Beziehun­gen, können Christen für Werte wie Treue, Verbindlichkeit und Verantwortungsbereit­schaft einstehen und sie bewusst vorleben. Wenn sich viele Menschen scheuen, feste Be­ziehungen einzugehen, sollten Christen, die in glücklichen, langjährigen Beziehungen leben, hier positive, ermutigende Gegenbeispiele set­zen und den Gewinn, der in der Exklusivität einer Beziehung liegt, betonen. Den Menschen, die aus Einsamkeit und aus der Suche nach Bestätigung möglicherweise schädliche Bezie­hungen eingehen, können Christen als geistli­che Familie ein wertschätzendes, tragfähiges Beziehungsnetzwerk bieten und sie in eine in Christus gegründete Identität führen. Dies ist ein wertvolles Gut und zugleich ein Auftrag der Gemeinde, der nicht unterschätzt werden sollte. Wie bei Paulus in 1. Korinther 7 muss dann in seelsorgerlichen Gesprächen mit Weisheit und Einfühlungsvermögen individuell unterschieden werden, wem man zum Heiraten und wem zum Singlesein rät – was sich je nach Situation und Lebensphase auch wieder ändern kann.

VI. Zusammenfassung

Das Singlesein ist eine immer weiter verbreitete Lebensform, die von manchen gewählt, von vielen aber auch als unfreiwillige, zeitlich be­grenzte Situation angesehen wird. In beiden Fällen wird das Singlesein mit seinen Vor- und Nachteilen sehr individuell erlebt (was aber ebenso für die Ehe gilt). Aus christlich-bibli­scher Sicht ist es eine würdevolle, gleichwertige Alternative zur Ehe und sollte daher in Ge­meinden entsprechend wertgeschätzt und the­matisiert werden. Wenn das Singlesein als Gabe Gottes angenommen wird, kann es zu einer erfüllenden Lebensform werden, die einen zeit- und kraftintensiven Dienst für das Reich Gottes ermöglicht. In vielen christlichen Kreisen ist hier ein Umdenken nötig, weil (oft unbewusst) Ehe und Familie als anzustrebende Norm ver­mittelt werden. Wer ohne Partner lebt (ob als bewusste Entscheidung, durch Verlust / Zer­bruch der Beziehung oder noch auf einen Part­ner hoffend), braucht ein tragfähiges Bezie­hungsnetz, um nicht isoliert und einsam zu werden. Die Gemeinde als von Jesus gegrün­dete geistliche Familie kann hier einen einzig­artigen, von Liebe geprägten Raum schaffen, in dem tiefe Freundschaften gelebt, das Leben in all seinen Facetten miteinander geteilt und der biblisch verheißene Segen der geistlichen Nachkommenschaft (im Sinne von generationenübergreifenden (Mentoren-) Beziehungen) erfahren wird. So können sich die verschiedenen Lebenssituationen gegenseitig ergänzen und voneinander profitieren. Christen können dann auch gesellschaftlich zum Vorbild für offene, authentische, liebevolle Gemeinschaften werden, an denen jeder teilhaben kann, weil sensibel, aber ohne trennende Berührungsängste miteinander umgegangen wird. Dieses biblische Ideal, das von Jesus selbst vorgelebt wurde, sollte von heutigen christlichen Gemeinschaften wieder fokussiert und angestrebt werden, damit sich sein (heilsgeschichtliches) Potenzial ent­falten kann.

Initiativen

© 2019 Institut für Ethik & Werte

Endnoten

  • 1
    Vgl. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ GesellschaftStaat/Bevoelkerung/HaushalteFamilien/HaushalteFamilien.html (Zugriff: 17.04.2018, leider nicht mehr verfügbar, Stand: 30.06.2023).
  • 2
    Siehe z. B. den Spiegelartikel „Mit dir will ich zusammenbleiben. Also lass uns getrennt wohnen“: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/living-apart-together-wie-das-beziehungsmodell-funktioniert-a-1157206.html (Zugriff: 20.06.2018).
  • 3
    Vgl. zu den gesellschaftlichen Entwicklungen auch Aune, Kristen, Single woman, 1-20, die zwar aus dem britischen Kontext schreibt, deren Ergebnisse sich aber problemlos auf deutsche Verhältnisse übertragen lassen.
  • 4
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2868 10/umfrage/umfrage-in-deutschland-zur-anzahl-der-singles-nach-geschlecht/ (Zugriff: 20.06.2018, leider nicht mehr verfügbar, Stand: 30.06.2023).
  • 5
    Die Zahlenverhältnisse dürften auf Gemeinden in Deutschland übertragbar sein.
  • 6
    Vgl. Aune, Kristin, Single woman, xi und 56f.
  • 7
    Vgl. ebd., 17.
  • 8
    Vgl. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Datenreport/Downloads/Datenreport2016 Kap2.pdf?__blob=publicationFile (Zugriff: 20.06.2018, leider nicht mehr verfügbar, Stand: 30.06.2023).
  • 9
    Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 58-62, 117. Umso größer und vielschichtiger war die Not, wenn eine Frau keine Kinder bekommen konnte, wie Hanna in 1. Sam 1. 
  • 10
    Vgl. ebd., 66-69. Eine Veranschaulichung dafür ist die Geschichte von Ruth und Noemi (Ruth,1-4), die Gottes Fürsorge und Segen erfahren, als er die Linie ihrer Familie durch Ruths Heirat mit Boas weiterführt und damit den beiden verwitweten Singlefrauen auch einen neuen gesellschaftlichen Stand schenkt.
  • 11
    Ein bedeutendes Beispiel für die Leviratsehe ist die Geschichten von Tamar und Juda (Gen 38).
  • 12
    Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 70-72 und Philip Graham Ryken, Jeremiah and Lamentations: From Sorrow to Hope, Preaching the Word, Wheaton 2001, 263.
  • 13
    Vgl. ebd., 88-98.
  • 14
    Vgl. ebd., 100-103 und Raymond C. Ortlund Jr. / R. Kent Hughes, Isaiah. God Saves Sinners, Preaching the Word, Wheaton 2005, 359.
  • 15
    Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 103-107.
  • 16
    Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 144-149.
  • 17
    Vgl. ebd., 139-140 und R. Kent Hughes, Genesis: Beginning and Blessing, Preaching the Word (Wheaton, IL: Crossway Books, 2004), 185.
  • 18
    Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 153-156.
  • 19
    Vgl. ebd., 157.
  • 20
    Vgl. Eichler, Astrid, Es muss was Anderes geben, 36-38.
  • 21
    Vgl. Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 165.
  • 22
    Vgl. Eichler, Astrid, Es muss was Anderes geben, 38.
  • 23
    Vgl. dazu auch Külling, Heinz, Ehe und Ehelosig­keit, 68-71.
  • 24
    Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 48-50.
  • 25
    Vgl. ebd., 50-52. Kristin Aune zeigt zudem auf, dass in anonymen Umfragen sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Singles der Umgang mit Sexualität als eine der größten Herausforderungen genannt wurde, vgl. Aune, single woman, 20, 56, 58f., 60. Wobei es durchaus Menschen gibt, deren Sexualtrieb von Natur aus geringer ist oder denen es aufgrund ihrer Persönlichkeit leichter fällt, ein Leben als Alleinstehende/r zu führen.
  • 26
    Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 53.
  • 27
    Vgl. ebd., 55f.
  • 28
    Vgl. ebd., 56-59.
  • 29
    Insbesondere im Mittelalter galt der Klerus, also die zölibatär lebenden Priester, Mönche und Nonnen, als geistlicher und gottgefälliger – dieses Zwei-Klassen-Denken wurde von den Reformatoren bewusst bekämpft.
  • 30
    Danylak, Barry, Redeeming Singleness, 200. Man denke nur an die unzähligen Single-Missionare (größtenteils Frauen), die erheblich zur weltweiten Verbreitung des Evangeliums beitragen.
  • 31
    Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 69f.
  • 32
    Vgl. ebd., 70-74.
  • 33
    Vgl. Hsu, Singles at the Crossroads, 77.
  • 34
    Vgl. Eichler, Astrid, Es muss was anderes geben, 67. 
  • 35
    Als Single kann man auch alternative Formen des Zusammenlebens wählen, wie Wohngemeinschaften, Kommunitäten, … vgl. dazu ebd., 79-86.
  • 36
    Vgl. dazu auch Keller, Timothy, Ehe, 222-223.
  • 37
    Hier sollte darauf geachtet werden, dass auch zwischen männl. und weibl. Singles Freundschaften entstehen können, ohne dass sie unter dem Druck der Erwartungen stehen, ein Paar werden zu müssen. Vgl. auch ebd., 204-205.
  • 38
    Vgl. dazu Hill, Wesley, Spiritual friendship: Finding love in the Church as a Celibate Gay Christian, Grand Rapids, 2015, in dem der Autor den besonderen Wert der geistlichen Freundschaft hervorhebt.
  • 39
    Vgl. Eichler, Es muss was anderes geben, 52f.
  • 40
    Vgl. dazu auch Keller, Timothy, Ehe, 206-208.
  • 41
    Vgl. dazu Aune, Kristin, Single woman, 58-67 und 71-81, hier kommen zahlreiche Single-Frauen in anonymen Interviews direkt zu Wort und beschreiben ihre Herausforderungen, gerade auch im Bereich der Sexualität (was laut ihren Erfahrungen in christl. Kreisen ein Tabuthema ist).
  • 42
    Vgl. dazu Eichler, Astrid, Es muss was anderes geben, 54f.