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KulturethikAllgemein

ICH FIRST – Individualisierung bei Jugendlichen

Von 2008 bis 2014 führte die Postbank den Slogan „Unterm Strich zähl ich“. Damit wird ein Lebensgefühl aufgegriffen, das unsere Gesellschaft zutiefst prägt. Wir feiern das Ich, die eigene Besonderheit, die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben. Das Streben nach Autonomie und Authentizität sind die Signatur des Zeitalters des Individualismus.  

Die eigenen Bedürfnisse und Ziele in den Mittelpunkt zu stellen, ist auch für Jugendliche selbstverständlich. Seit dem letzten Individualisierungsschub in der Mitte des 20. Jahrhunderts schreitet die Individualisierung voran und prägt nachkommende Generationen stärker als je zuvor. 

Dieser Newsletter geht vor diesem Hintergrund folgenden Fragen nach: Was versteht man unter „Individualisierung“? Wie manifestiert sich dieser Trend bei Jugendlichen? Wie ist er aus christlicher Perspektive zu bewerten? Was bedeutet das praktisch für christliche Jugendarbeit? 

I. Der Weg zu mir selbst: Individualisierung verstehen

1.1. Selbstentfaltung als Lebensmaxime

„Die ganze Welt dreht sich um mich, denn ich bin nur ein Egoist. Der Mensch, der mir am nächsten ist, bin ich, ich bin ein Egoist“. Das Lied „Egoist“ von Falco stammt aus dem Jahr 1998 und ist musikalisch heutzutage sicherlich nicht mehr der neuste Schrei. Jedoch spiegelt sich darin ein Lebensgefühl, das heute weit verbreitet und so aktuell ist, wie noch nie: Ich bin am wichtigsten, es zählt, was ich brauche, was ich mir wünsche. Die Interessen meiner Mitmenschen haben sich den meinigen unterzuordnen. Diese Haltung ist das Ergebnis der sog. Individualisierung.

Der Begriff „Individualisierung“ kommt aus dem Bereich der Soziologie und bezeichnet einen Loslösungsprozess des Individuums von äußerlichen Einflüssen und Zwängen:1Vgl. Kron/Horacek, Individualisierung, S.8ff; Peuckert, Familienformen, S. 659ff; Beck, „Die ‚Individualisierungsdebatte‘“, S. 185ff; Taylor, Ein säkulares Zeitalter, S. 788ff.   der Einzelne grenzt sich von Lebensmustern und Werten ab, die ihm von der Herkunftsfamilie, von der Gesellschaft oder von kirchlich-religiösen Quellen nahegebracht oder vorgeschrieben werden. Das Ziel ist eine freie Entfaltung des Selbst, die Verwirklichung der eigenen Bedürfnisse und Wünsche. Dabei möchte man sich nicht einschränken lassen, zum Beispiel durch gesellschaftliches Klassendenken, durch religiöse Autoritäten oder durch die Traditionen der eigenen Eltern. 

Dieser Loslösungsprozess bezieht sich auf die westliche Welt und ist in zwei Phasen strukturiert. Die erste Individualisierungsphase beginnt mit dem Einsetzen der modernen Industrialisierung im 18. Jahrhundert und reicht bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Im Vergleich dazu ist die anschließende Phase bedeutend stärker, vor allem in Deutschland. Sie beginnt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und setzt sich bis heute fort. Man spricht von einem „Individualisierungsschub“ oder einer „Entfesselung“ des Individualisierungsprozesses. Diese verstärkte Individualisierung ereignete sich vor allem deswegen, weil Industrienationen wie Deutschland nach dem Krieg einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebten, der Wohlstand und neue Chancen für weite Teile der Bevölkerung bedeutete. Der breite materielle Wohlstand eröffnete vielen Menschen neue Möglichkeiten, ihr Leben zu gestalten und machte aus dem Freizeitsektor einen immer wichtiger werdenden Wirtschaftsfaktor. Zudem verbesserten sich die Bildungschancen für den Einzelnen, man konnte in einem zunehmend durchlässigeren Schul- und Ausbildungssystem leichter einen qualifizierten Beruf erlernen oder studieren. Es entstanden unzählige neue Jobmöglichkeiten auf dem boomenden Arbeitsmarkt. Dies alles ermöglichte erstmals in der Geschichte breiten Bevölkerungsschichten, das Leben weitgehend frei zu gestalten, eigenen Wünschen und Zielen zu folgen und gesellschaftliche, familiäre oder religiöse Konventionen immer mehr hinter sich zu lassen.

Der Individualisierungsschub der Nachkriegszeit hat das gesellschaftliche Denken und Handeln erheblich beeinflusst, weil sich dadurch grundlegende Werte verändert bzw. verschoben haben. Dieser Wertewandel wurde durch die 68er-Bewegung zusätzlich verstärkt, die für eine Abgrenzung von gesellschaftlichen Konventionen und das Recht auf individuelle Freiheit gekämpft hat. Die wirtschaftliche Entwicklung, verstärkt durch die Protestbewegung der 68er, hat zu folgender Lebensmaxime geführt: Die Entscheidung, was gut, richtig und moralisch ist, wird heutzutage zunehmend nicht mehr von außen vorgegeben, sondern vom Individuum selbst bestimmt. Der Einzelne kann aus verschiedenen Wertevorstellungen diejenigen wählen, die ihm am meisten zusagen. Daraus kann eine bunte und auch widersprüchliche Wertematrix entstehen, die ganz die eigenen Interessen und Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. 

Auch wenn diese Wertewahl individuell und unterschiedlich aussehen kann, gibt es dennoch ein Grundmuster, das für unsere Gesellschaft repräsentativ ist. Soziologen sprechen davon, dass die sog. traditionellen Pflicht- und Akzeptanzwerte bzw. die materialistischen Werte (wie Betonung von Ordnung, Leistung und Pflichterfüllung) an Bedeutung verloren haben. An Bedeutung gewonnen haben dafür die Selbstentfaltungswerte bzw. postmaterialistischen Werte (wie die Betonung von Autonomie, Gleichbehandlung und Selbstverwirklichung). Die zuerst genannten Werte legen das Augenmerk darauf, dass es Dinge gibt, die über den eigenen Sichtweisen und Bedürfnissen stehen, das können gesellschaftliche, familiäre oder religiöse Regeln bzw. Weltvorstellungen sein sowie andere Menschen. Die Selbstentfaltungswerte hingegen stellen das Recht auf Autonomie und Authentizität ins Zentrum, während Bedürfnisse und Ansprüche anderer zurückstehen müssen. 

Gesamtgesellschaftlich lässt sich diese Werteverschiebung vor allem in einem veränderten Beziehungsverhalten und der Legitimation von unterschiedlichen Lebensformen beobachten. Die Individualisierung und die damit einhergehende Betonung der Selbstentfaltungswerte führten in Deutschland beispielsweise zu der abnehmenden Bereitschaft, eine Ehe zu schließen oder Kinder in die Welt zu setzen. Zudem ist die Scheidungshäufigkeit gestiegen. Man geht deswegen keine festen oder langfristigen Bindungen mehr ein oder unterbricht diese schneller, weil mit solchen die Angst oder die Überzeugung verbunden ist, dass sie die eigene Freiheit oder Selbstentfaltung einschränken. 

1.2. Individualisierung in der Jugendkultur

Da der Individualisierungsprozess seit Mitte des 20. Jahrhunderts ungebremst fortschreitet, hat er bei Jugendlichen zurzeit die stärkste Ausprägung.2Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 184; Twenge, Generation Me, S. 65; Ferchhoff, Jugend und Jugendkulturen, S. 288f.  Der Begriff „Jugend“ wird heutzutage nicht mehr so sehr mit bestimmten Altersgrenzen beschrieben, sondern als Lebensphase gedacht. Diese kann sich unter Umständen bis Ende 20 hinziehen, sodass man in Bezug auf Individualisierung bei Jugendlichen das Altersspektrum 12-29 in den Blick nehmen sollte.3Die Shell-Jugendstudie 2016 fasst das Alter der Jugendlichen von 12-25, die österreichische Jugend- und Wertestudie 2011 bezieht sich auf das Segment der 14-29-Jährigen (vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 12f).  Das Altersspektrum 12-29 hat eine Schnittmenge sowohl mit der sog. Generation Y (ca. 20 bis 35jährige) und der darauffolgenden Generation (ca. 20 und jünger), für die sich bisher noch keine feste Bezeichnung durchgesetzt hat (Vorschläge sind „Generation Z“ oder „IGeneration“; vgl. Twenge, IGen, S.7f). Dass diese Gruppe von der Individualisierung stark beeinflusst ist, zeigt sich unter anderem in folgenden Lebensbereichen:

Moral: Das, was gut und richtig ist, lassen sich Jugendliche immer weniger von außen diktieren. Sie entscheiden selbst über moralische Maßstäbe. Dabei lassen sie sich von dem leiten, was sich für sie gut anfühlt. Sie respektieren andere Moralvorstellungen, da Moral ihrer Vorstellung nach von jedem selbst bestimmt werden muss. Die heutige Generation legt einen starken Fokus auf Toleranz und das Nebeneinander von verschiedenen, als gleichwertig akzeptierten Lebensentwürfen.4Vgl. Twenge, Generation Me, S. 30; Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 37; Jeges, Generation Maybe, S. 82ff. Die Studien von Twenge beziehen sich auf die USA, sind aber weitgehend auch auf andere westliche Länder übertragbar (vgl. Twenge, Generation Me, S.10; dies., IGen, S. 12).   

Religion: Jugendliche können immer weniger mit einem tradierten Religionsverständnis anfangen (persönlicher Gott, feststehende, verbindliche Lehrauffassungen).5Das bezieht sich in Deutschland auf solche, die offiziell der evangelischen oder katholischen Kirche angehören oder konfessionslos sind. Für muslimische und christlich-orthodoxe Jugendliche gilt das nicht. Jedoch handelt es sich bei diesen Jugendlichen (noch) um eine Minderheit (vgl. Albert, Jugend 2015, S. 254).  Immer mehr Jugendliche wachsen in dem Glauben entfremdeten Elternhäuser auf. Traditionelle (christliche) Glaubensweisen bringen sie v.a. mit einschränkenden Regeln in Verbindung, die der eigenen Selbstentfaltung im Wege stehen. Eine Autorität, der sich die eigenen Interessen zu beugen haben, gilt nicht mehr als akzeptabel. Der Traditionsabbruch hat dazu geführt, dass Jugendliche sich, wenn überhaupt, eher einer undogmatischen Spiritualität verschreiben, die je nach Bedürfnis bestimmte Elemente aus verschiedenen Religionen miteinander verbindet, was zumeist mit der Vorstellung einhergeht, dass Gott eher eine unpersönliche Macht ist.6Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 66,101; Calmbach u.a., Wie ticken Jugendliche 2016?, S.336; Shell, Jugend 2015, S.254ff; Twenge, Generation Me, S. 42ff; dies., IGen, S. 119ff.  

Freizeit: Das Freizeitverhalten von Jugendlichen ist in erster Linie vom eigenen Bedürfnishorizont bestimmt.7Vgl. Heinzlmaier, Performer, Styler, Egoisten, S. 101f.  Freizeit dient hauptsächlich dazu, die eigenen Wünsche und Interessen zu verwirklichen. Da Jugendliche sehr diesseitsorientiert sind, bedeutet dies für die meisten, möglichst viel zu erleben und etwas vom Leben zu haben.8Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 75. Dass es mehr gibt als den eigenen Bedürfnis- und Nutzenhorizont, verliert für Jugendliche deutlich an Relevanz. Das allgemeine Interesse an Politik, Allgemeinwohl oder Gesellschaftsveränderung sinkt.9Vgl. Jeges, Generation Maybe, S. 159.  Jugendliche gehen entweder gar nicht wählen oder nur dann, wenn sie den Eindruck haben, dass es ihnen selbst etwas bringt.10Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 96ff; Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 125; Twenge, IGen, S.281f Genauso sieht es in Bezug auf öffentliche Kampagnen oder Proteste aus. Außerdem zeigen Jugendliche immer weniger Interesse an ehrenamtlichem Engagement in gemeinnützigen, sozialen oder kirchlichen Organisationen.11Vgl. Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 132; Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 111. 

Arbeit: Die Individualisierung zeigt sich auch in der Sicht von Jugendlichen auf ihre berufliche Zukunft. Viel stärker als in vorausgehenden Generationen soll der Beruf mehr sein als nur reiner Broterwerb. Mindestens genauso wichtig ist, dass der Arbeitsplatz die Möglichkeit zur Selbstentfaltung bietet.12Vgl. Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 72.  Deswegen wünschen junge Menschen z.B. flexible Arbeitszeiten, ausreichend freie Zeit neben der Arbeit für eine gute Work-Life-Balance sowie angemessene Aufstiegs- und Entfaltungsmöglichkeiten.13Vgl. Shell, Jugend 2015, S. 77ff.  Charakteristisch ist dabei ein Hang zu Status und Materialismus.14Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 48; Twenge, Generation Me, S. 138.  Um ihr berufliches Ideal zu erreichen, investieren sie entsprechend in Bildung. Der prozentuale Anteil an Gymnasiasten und die Zahl der Studenten steigt kontinuierlich.15Vgl. Shell, Jugend 2015, S. 65ff. 

Partnerschaft: Partnerschaftliche Beziehungen sind für Jugendliche nach wie vor ein wichtiger Faktor für das persönliche Wohlbefinden, da sie die Erfahrung von emotionaler Sicherheit und Stabilität ermöglichen (Verbundenheit, Gebrauchtwerden, Verlässlichkeit).16Vgl. Calmbach u.a., Wie ticken Jugendliche 2016?, S.304. Das Ideal für eine solche Beziehung wird zunehmend dem Einzelnen überlassen. Man solle das machen, was sich für einen selbst gut anfühlt und der Selbstentfaltung dient.17Vgl. Twenge, Generation Me, S. 206; Jeges, Generation Maybe, S. 206.   Diese individualistische Haltung hat allerdings nicht dazu geführt, dass feste, von Treue und Verlässlichkeit geprägte Partnerschaften an sich an Attraktivität verloren haben. Eine Veränderung lässt sich im Hinblick auf die Länge und die langfristige Verbindlichkeit solcher Partnerschaften feststellen. Charakteristisch für heutige Jugendliche ist die sog. serielle Monogamie: Man hat mehrere Partnerschaften hintereinander, innerhalb derer sexuelle und emotionale Treue hochgehalten wird. Familiengründung und Heirat sind nach wie vor für viele erstrebenswert, werden jedoch zunehmend auf die Zeit jenseits des Alters von 30 verschoben. Der Individualismus hat bei Jugendlichen also zu einer Art Widersprüchlichkeit geführt: Jugendliche sehnen sich nach festen, von Treue geprägten Beziehungen, aber leben dieses Bedürfnis nur auf Zeit aus. Solange sich diese Beziehung für sie richtig anfühlt sowie den eigenen Bedürfnissen dient, wird sie aufrechterhalten, ansonsten wird eine Beziehung beendet.18Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 186f; Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 86ff; Twenge, IGen, S. 226; Peuckert, Familienformen, S. 565.  Partnerschaft wird von Jugendlichen demnach zunehmend für die eigene Selbstentfaltung und das eigene Glück instrumentalisiert.19Vgl. Taylor, Das Unbehagen der Moderne, S. 52ff. 

Der Prozess der Individualisierung hat die Wertevorstellung und Lebensweise der Jugendlichen in Deutschland in großem Maße beeinflusst. Sie folgen dem Lockruf der Freiheit, der Entgrenzung, der Selbstentfaltung. Doch das große Glück scheint in dieser Richtung nicht zu finden zu sein. Zwei weithin feststellbare Folgen der Individualisierung sind Einsamkeit und Stress. Einsamkeit deswegen, weil Partnerschaftsbeziehungen aufgrund abnehmender Pflichtwerte brüchiger und unbeständiger geworden sind sowie das eigene Selbstverwirklichungsstreben vermehrt dazu führen kann, dass freundschaftliche, familiäre und partnerschaftliche Bindungen an Priorität verlieren bzw. hinten angestellt werden.20Vgl. Twenge, Generation Me, S. 149ff; Ferchhoff, Jugend und Jugendkulturen, S. 288.  Das Gefühl von Stress entsteht dadurch, dass man angesichts einer großen Optionsvielfalt und Wahlfreiheit ohne Orientierungshilfe von außen nicht genau weiß, wofür man sich entscheiden soll.21Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 17; Twenge, Generation Me, S. 160. Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 33f.  Die allgemeine Erwartung unserer Leistungsgesellschaft, sich bloß richtig zu entscheiden und etwas aus seinem Leben zu machen, verstärkt diesen Stress zusätzlich.22Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 68ff.  Zudem werden Jugendliche durch die Idole der Jugendkultur unter Druck gesetzt. Mediale Vorbilder wie Spitzensportler, Pop-Musiker, Schauspieler, Models, Stars der Castingshows vermitteln ihnen den Eindruck, es sei im Leben in erster Linie wichtig, die richtige „Performance“ an den Tag zu legen: Wer ist der Styler? Wer sieht am besten aus? Wer ist am erfolgreichsten? Wer ist am beliebtesten? Wer hat die meisten Freunde und Follower in den sozialen Netzwerken?23Vgl. Heinzlmaier, Performer, Styler, Egoisten, S. 102.

II. Theologisch-ethische Perspektiven

Die Individualisierung in Deutschland wird von einigen sehr positiv bewertet, weil sie für Freiheit steht. Man könne sich ohne äußeren Zwang auf die eigenen Bedürfnisse konzentrieren und seine Lebensgestaltung frei wählen. Andere sehen in der Individualisierung in erster Linie ein Problem, weil sie zu Egoismus und unsozialem Verhalten führe.24Vgl., Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 51.  In diesem Teil sollen vier relevante, theologische Perspektiven aufgezeigt werden, um eine biblisch-ethische Bewertung vornehmen zu können.

2.1. Menschsein bedeutet, in Beziehungen zu leben

Ein Individualismus, der den Vorrang des Einzelnen betont und menschliche Selbstentfaltung vor allem damit verknüpft, dass man unabhängig ist von anderen Menschen und Traditionen, ist der Bibel fremd. Der Mensch ist von seinem Wesen her auf Beziehungen hin geschaffen und kann sich nur als eigenständige Persönlichkeit entwickeln, wenn er in Beziehungen lebt. Diese soziale Bestimmung des Menschen ist in seiner Gottebenbildlichkeit angelegt (1.Mose 1,27). In ihr spiegelt sich, dass Gott bereits in sich ein soziales Wesen ist (dieser ist von Ewigkeit her eine Dreipersonengemeinschaft: Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist). Dem entspricht, dass der Mensch dazu bestimmt ist, in der Beziehung zu Gott und zu anderen Menschen sein wahres Selbst zu finden und zu entfalten (vgl. 1.Mose 2,18). Wahres Menschsein ist also nur in Abhängigkeit von Gott und anderen Menschen möglich, niemals in der Vereinzelung oder Autonomie.25Vgl. Raedel, „Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen, S. 124ff; Demandt, „Der Mensch in Beziehungen“, S.72f.

Dieses biblische Prinzip, dass jeder von Beziehungen abhängig ist, wird durch den Blick auf die natürlichen Grundbedingungen des Menschseins gestützt:26Vgl. Taylor, Das Unbehagen der Moderne, S. 42f.  Wir verdanken unser dem Umstand, dass wir innerhalb der Beziehung unserer Eltern gezeugt werden. Nach unserer Geburt sind wir im Hinblick auf unsere körperlichen und seelischen Bedürfnisse maximal abhängig von elterlicher Fürsorge und Ansprache. Wir können ohne von außen empfangene Liebe, Nahrungsversorgung, hygienische Fürsorge und Kommunikation nicht überleben. In den ersten Lebensjahren, in denen man nicht für sich selbst sorgen kann, werden die Grundlagen für die Persönlichkeits- und Sprachentwicklung gelegt. Dieses Grundmuster, von Beziehungen abhängig zu sein, bleibt im Prinzip unser ganzes Leben lang gültig. Zum Beispiel ist unsere seelische Zufriedenheit unser ganzes Leben lang abhängig von der Liebe und Anerkennung anderer. Wir erfahren und verstehen wer wir sind im Umgang und in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen sowie im Dialog mit der uns umgebenden Kultur. 

Die Bibel und unsere alltägliche Erfahrung widersprechen also der Behauptung des Individualismus, dass man das wahre Selbst unabhängig von Gott, Menschen oder menschlichen Traditionen findet. Kein Mensch steht für sich allein, wir sind – mal mehr, mal weniger – immer auf andere angewiesen, vor allem von der Gemeinschaft mit Gott. Darin liegt allerdings kein Makel, sondern die Würde des Menschen. 

2.2. Gottes Gebote machen frei für gute Beziehungen

Weil der Mensch ein soziales Wesen ist und von Gott auf Beziehung hin geschaffen wurde, ist es nur logisch, dass die menschliche Lebenszufriedenheit davon abhängig ist, inwiefern wir gute und verlässliche Beziehungen haben. Gott, unser Schöpfer, hat uns nicht nur als Beziehungswesen geschaffen, sondern er zeigt uns auch einen Weg, wie wir gute und verlässliche Beziehungen fördern oder erlangen können, und zwar durch die Gebote in der Bibel. Diese haben zwei Hauptperspektiven: Liebe zu Gott und Liebe zu unseren Mitmenschen (Mt 22,37-39). Die biblischen Gebote, die sich mit Liebe zu Gott und Nächstenliebe zusammenfassen lassen, dienen dem Grundbedürfnis des Menschen nach Beziehung. Wir blühen auf, wenn wir unser Leben danach ausrichten. 

Die Liebe zu Gott äußert sich unter anderem darin, dass wir seine Erlösung für uns durch seinen Sohn Jesus Christus annehmen, was Vergebung unserer Sünden und eine versöhnte Beziehung mit Gott bedeutet (Röm 5,10). In dieser Beziehung finden wir unvergleichliches Glück, weil unser Durst nach Liebe und Leben darin am meisten gestillt wird (vgl. Offb 21,6). Die Liebe zu den Mitmenschen dient dem menschlichen Beziehungsbedürfnis insofern, als die Umsetzung der biblischen Gebote Menschen die Anerkennung zuteilwerden lässt, die ihnen als Geschöpfen Gottes zukommt. Außerdem stärken sie das Vertrauen ineinander und ermöglichen so vertiefte, persönliche Beziehungen.

Die Gebote der Bibel lenken den Blick des Einzelnen von sich selbst weg hin auf das Wohlergehen der Gemeinschaft. Die eigenen Bedürfnisse und Wünsche kommen nicht zuerst, sondern der Wille Gottes und das Wohl unserer Mitmenschen (vgl. Phil 2,4). Dies steht im starken Kontrast zu der Annahme des Individualismus, dass die Bedürfnisse und Wünsche des menschlichen Individuums unbedingten Vorrang haben. Vertreter dieser Weltsicht könnten hier einwenden, dass die biblische Ausrichtung auf Gott und andere Menschen das Individuum einschränke und unfrei mache, sodass es sein wahres Selbst nicht entfalten kann. Doch muss man hier aus biblischer Sicht entgegenhalten, dass genau das Gegenteil der Fall ist: Das Individuum wird frei von dem Zwang zur Selbstdurchsetzung und frei dafür, in Beziehungen zu anderen wahres Glück und echte Freiheit zu erfahren. Gott ist in seinem Wesen vollkommen gut und voller Liebe zu uns Menschen (Jak 1,17). Deswegen hat Gott uns Menschen gute Richtlinien gegeben (vgl. 5.Mose 4,8), die unserer Entfaltung und unserer Freiheit nicht im Wege stehen, sondern diese erst richtig ermöglichen (vgl. Jak 1,25). Wer sollte es besser wissen, was für uns Menschen gut ist, als Gott, unser Schöpfer, der doch das Leben und dessen Strukturen selbst geschaffen hat?

Man kann das folgendermaßen veranschaulichen: Ein Fisch ist dazu bestimmt, im Wasser zu leben, nicht am Land. Er ist im Wasser am lebendigsten, glücklichsten und freisten. In gleicher Weise gilt für uns, dass wir dann am lebendigsten, glücklichsten und freisten sind, wenn wir in den Ordnungen leben, für die wir geschaffen sind.27Vgl. Bergmann, Die Freiheit leben, S. 91. Freiheit bedeutet nicht die Abwesenheit von Grenzen, vielmehr geht es darum, als Geschöpf die Unverzichtbarkeit von Grenzen anzuerkennen. In absoluter Freiheit zu leben ist eine Überforderung, an der jeder Mensch zugrunde geht.28Vgl. Keller, Warum Gott?, S. 73. Somit können wir schlussfolgern: indem der Mensch nicht in erster Linie seinen eigenen Bedürfnissen und Wünschen folgt, sondern sein Leben danach ausrichtet, Gott und seine Mitmenschen zu lieben, findet er wahre Freiheit, nämlich Freiheit für den anderen. Seine Bestimmung als Mensch lebt, wer eingebunden ist in Beziehungen, denn als Beziehungswesen ist der Mensch erschaffen. 

2.3. Die (relative) Wichtigkeit des Einzelnen

Der Mensch ist nach Gottes Ebenbild geschaffen. Das bedeutet nicht nur, dass er wie der dreieinige Gott ein Beziehungswesen ist, sondern auch den Auftrag hat, Gott in der Welt zu repräsentieren. Dies äußert sich darin, dass er sich die Welt „untertan macht“ (1.Mose 1,28), anders gesagt: dass er die Welt mit seinen von Gott zur Verfügung gestellten Mitteln positiv gestaltet. Er soll eine Welt bauen, die gut ist für Mensch und Natur. Für diesen Auftrag zur Weltgestaltung hat Gott jeden Menschen mit einer individuellen Persönlichkeit geschaffen und ihn mit individuellen Gaben und Fähigkeiten ausgerüstet (Gen 4,20-22; Ps 139,13-14). 

Für Gott ist jeder einzelne Mensch wichtig. Jede Person spielt eine nicht austauschbare Rolle in Gottes Plan für unsere Welt. Darin liegt die Würde des Menschen. Diese Würde lässt sich nicht ablösen von der menschlichen Ergänzungsbedürftigkeit und der Abhängigkeit von anderen Individuen. Der Auftrag, die Welt zu gestalten, kann vonseiten der Menschheit nur dann richtig ausgeführt werden, wenn man die eigene Begrenztheit erkennt und die eigenen Gaben und Fähigkeiten von anderen ergänzen lässt (vgl. Gen 4,20-22; 1.Kor 12). Diese Tatsache zeigt, dass der Schwerpunkt unserer Bedeutsamkeit für unsere Welt nicht darin liegt, dass wir als Einzelne so toll und wichtig sind, sondern darin, dass wir in Gemeinschaft mit anderen einander ergänzen können und als „Team“ erfolgreich sind. 

Das bedeutet allerdings nicht, dass der einzelne Mensch in Gottes Augen nur aufgrund seiner Nützlichkeit oder in Verbindung mit anderen Menschen wertvoll und wichtig ist. Gott sieht jeden einzelnen und liebt ihn unermesslich (Mt 10,26). Diese Liebe zeigt sich vor allem darin, dass Jesus Christus, Gottes Sohn, für jeden einzelnen Menschen stirbt zur Vergebung seiner Sünden und zur Versöhnung mit Gott. Gottes Ziel ist es, mit jedem Menschen eine versöhnte, von Liebe und Treue geprägte Beziehung zu führen (Lk 15,7). Gott schätzt nicht nur jeden Menschen als Person wert, sondern gewährt ihm die Freiheit, sein Leben im Rahmen der biblischen Weisungen zu gestalten. Innerhalb dieses Rahmens gibt es eine Vielzahl an individuellen Gestaltungsmöglichkeiten, z.B. mit Blick auf Mode, Beruf, Freizeit, Wohnort usw. 

2.4. Der Mensch lebt seine Bestimmung unvollkommen und ist falsch ausgerichtet

Gottes Bestimmung für den Menschen ist es, in Beziehung zu Gott und seinen Mitmenschen zu leben und darin wahre Freiheit und echtes Glück zu finden sowie Gott zu repräsentieren, indem er seine von Gott geschenkten Gaben und Fähigkeiten dafür einsetzt, einen guten Lebensraum für Natur und Menschheit zu schaffen. Leider lebt der Mensch diese Bestimmung nicht so, wie es von Gott ursprünglich gedacht war. Unsere Wesensstruktur ist durchdrungen von dem, was die Bibel „Sünde“ nennt (Röm 3,9-10). Der Ursprung der Sünde ist das Unabhängigkeitsstreben des Menschen von Gott, was zu einer grundsätzlichen Verkehrung des Menschen geführt hat: Sein Denken, Fühlen und Wollen sind falsch ausgerichtet. Der Mensch hat seinen Kompass verloren. 

Das zeigt sich zum einen in der Art, wie Beziehungen verstanden und gelebt werden. Der Mensch sucht vor allem seinen eigenen Vorteil, das für sichGute, anstatt das Gute für andere zu suchen. Das kann sich darin äußern, dass Beziehungen instrumentalisiert werden, d.h. in erster Linie aufgrund der Nützlichkeit für einen selbst aufrechterhalten werden (Anerkennung, emotionale Stabilität). Oder darin, dass man andere übergeht, unterdrückt, schlechtmacht oder ignoriert, um besser dazustehen oder einen Vorteil zu bekommen (vgl. Jak 3,13-18). 

Die verkehrte Ausrichtung des Menschen zeigt sich auch in seiner Bedürfnisstruktur. Gott hat den Menschen mit existentiellen Bedürfnissen geschaffen. Neben den leiblichen Bedürfnissen wie Nahrung und Schlaf hat der Mensch auch das immaterielle Bedürfnis nach Glück, Sinn und Erfüllung. Die Falschausrichtung durch die Sünde zeigt sich in der menschlichen Bedürfnisstruktur vor allem in dem Streben, Glück, Sinn und Erfüllung an der falschen Stelle zu suchen, nämlich in den vergänglichen, irdischen Dingen. Nicht in der Beziehung zu Gott wird der Durst nach Leben gestillt, sondern in dem, was das von Gott abgewandte, sündige Herz diktiert: in menschlichen Beziehungen, Erfolg, Leistung, Geld, Besitz, Konsum und vielem mehr. Der Mensch sucht die Befriedigung seiner Bedürfnisse nicht nur an der falschen Stelle, sondern zusätzlich auch in der Annahme, dass er seine Bedürfnisse möglichst sofort stillen müsse, um wahres Glück zu finden. Es fällt ihm schwer zu warten oder gar zu verzichten. Doch die Bibel macht deutlich, dass wahres Glück keine Frage der materiellen Ressourcen ist, auch nicht von einer unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung abhängt, sondern von der Beziehung zu Gott, auf die hin der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen ist (vgl. Jer 2,13; Joh 6,35). Der Kirchenvater Augustinus hat diese Tatsache treffend so ausgedrückt: „Du hast uns zu dir hin geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir."29Augustinus, Bekenntnisse, Erstes Buch I.1.  Der Mensch braucht ein in der Verbindung zu Gott und an seinen Bestimmungen orientiertes Leben, um wahre Erfüllung zu bekommen. Zu diesem Leben gehört, dass er seine Bedürfnisimpulse kontrolliert und in bestimmten Zusammenhängen verzichten lernt („Selbstbeherrschung“, Gal 5,23) sowie auf die vollkommene Erfüllung im Himmel wartet (Offb 21,1ff). Die innere Kraft für so ein kontrolliertes, auf Gott ausgerichtetes Leben bekommt der Mensch durch den Heiligen Geist, der ihm geschenkt wird, wenn er an Jesus und dessen stellvertretendes Sühneopfer am Kreuz glaubt, seine Sünden bekennt und bereut sowie Jesus als Herrn über das eigene Leben anerkennt (2.Kor 5,17; Eph 2,3). 

2.5. Fazit

Aus biblisch-ethischer Sicht ist der Individualismus in seiner grundsätzlichen Ausrichtung ein Problem. Dass der Einzelne berechtigte natürliche Bedürfnisse hat und wichtig ist, weil er ein einzigartiges, wertvolles Geschöpf Gottes ist, sind grundlegende Aussagen der Bibel. Allerdings lenkt der Individualismus das Augenmerk auf Dinge, die eher zu den destruktiven Strukturen der Sünde gehören: Ich ohne Beziehungen oder Gemeinschaft, ich ohne Ergänzung, ich über dem anderen oder Gott. Der Individualismus läuft der göttlichen Bestimmung entgegen, dass wir Menschen nie losgelöst von Beziehungen und unserer Abhängigkeit voneinander sowie nie ohne Ergänzungsbedürftigkeit gedacht werden können. Und er lenkt das Augenmerk auf die Vorgaben des Ichs, das aufgrund seiner falschen Ausrichtung durch die Sünde von Natur aus das Falsche will, nämlich unmittelbare Erfüllung in irdischen Dingen, anstatt das wahre Glück in der Beziehung zu Gott und seinem Plan für das menschliche Leben zu suchen. Der Individualismus gibt also ein falsches Versprechen, wenn er behauptet, dass wahre Authentizität, Freiheit und Erfüllung in erster Linie in den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen zu finden sind, unabhängig von dem Anspruch und den Wünschen anderer Menschen und von Gott. In Wirklichkeit ist, wer so lebt, einsam. 

III. Impulse für christliche Jugendarbeit

Die Tendenz zur Individualisierung ist gerade bei Jugendlichen mit Händen zu greifen. Die Individualisierung fordert Christen heraus, weil sie in ihrer Grundrichtung nicht den zentralen biblischen Anliegen von Gottes- und Nächstenliebe folgt, sondern den Fokus auf die Bedürfnisse und Wünsche des Individuums legt. Diese allein sind für immer mehr Jugendliche das Maß für die eigene Lebensgestaltung. Gesellschaftliche oder religiöse Normen und Traditionen werden zunehmend als störend abgelehnt. Christliche Jugendarbeit basiert auf der Annahme, dass die Bibel die beste Anleitung für ein gelingendes, glückliches Leben für Jugendliche ist. Deswegen hat christliche Jugendarbeit das Ziel, junge Menschen zum persönlichen Glauben an Gott einzuladen und sie in ihrer Lebensausrichtung und in ihrem Charakter mit biblischen Prinzipien zu prägen.  In diesem Zusammenhang muss sie sich mit den Auswirkungen der Individualisierung auseinandersetzen und dabei reflektieren, wie man individualisierte Jugendliche mit dem christlichen Glauben in der heutigen Zeit erreichen und prägen kann. Dafür ist es zum Beispiel notwendig, passende Anknüpfungspunkte in der Lebenswelt der Jugendlichen zu finden und davon ausgehend plausible Gründe anzuführen, warum der christliche Glaube ein gutes Fundament für das Leben darstellt. Individualisierung sollte aus christlich-ethischer Sicht jedoch nicht nur als Herausforderung gesehen, sondern auch als Chance ergriffen werden. Im Sinne von 1Thess 5,21 („Prüft alles, das Gute behaltet“) kann die Auseinandersetzung mit der Individualisierung dabei helfen, wichtige biblische Grundüberzeugungen neu in den Blick zu nehmen.

3.1. Dem Einzelnen helfen, sich als Teil einer Gemeinschaft zu sehen

Christliche Jugendarbeit sollte jungen Menschen helfen, ihre wahre Bestimmung von Gott her zu entdecken. Jeder Mensch ist dazu erschaffen und bestimmt, für und in Beziehungen zu leben und mit seinen Gaben die Welt in Gottes Sinne zu gestalten. Letzteres soll aber in Abhängigkeit zu anderen geschehen, weil man die Bestimmung zur Weltgestaltung nur in Ergänzung oder als „Team“ schafft. Der Grundsatz lautet hier also: Am Anfang schuf Gott die Gemeinschaft. Niemand ist eine Insel, Menschsein heißt, in Beziehungen zu sein. Dieses Prinzip kehrt die Maxime der Individualisierung um, die den Einzelnen aus seinem Beziehungsgefüge isoliert und betont, dass jeder seine Bestimmung dadurch lebt, dass er unabhängig von anderen ist und ein selbstbestimmtes Leben führt. Durch diese Loslösung von anderen finde der Mensch sein wahres Selbst und Glück. 

Weil der Geist des Individualismus unsere Gesellschaft stark geprägt hat und weiter prägt, ist eine wichtiger Aufgabe von christlicher Jugendarbeit, hier entschlossen einen Gegentrend zu setzen. In der Inhaltsvermittlung sollte darauf geachtet werden, dass die menschliche Bestimmung als Beziehungswesen oder als Geschöpf, das Ergänzung braucht, immer wieder vorkommt und betont wird. Man sollte auch bestimmte „christliche Floskeln“ überdenken, wie z.B. die Aussage im Kontext von Anbetungszeiten, dass „man nicht auf den anderen achten sollte, es ist jetzt nur eine Zeit zwischen dir und Gott.“ Vielmehr sollte man hervorheben, dass wir als Gemeinschaft jetzt in Liedern vor Gott kommen können, in der natürlich auch jeder einzelne seine persönliche Beziehung zu Gott leben kann.30Vgl. Smith, Who’s afraid of postmodernism?, S. 29.  Hier kommt es auf die Gewichtung an, die in musikalischen Lobpreiszeiten oftmals auf Kosten der Gemeinschaft geht. Eine ähnliche Floskel, die man hinterfragen kann, ist die Begrüßungsformel „Schön, dass du da bist!“. Wie wäre es, wenn man auch häufiger „Schön, dass ihr da seid!“ verwenden würde? 

Diese eher auf der kognitiven Ebene angesiedelte Lehrvermittlung sollte ergänzt werden mit praktischen Erfahrungen, die Gemeinschaft und Ergänzung positiv erlebbar machen. Das kann man durch Gruppenspiele, Gemeinschaftsaktionen, Freizeiten oder Bibelgespräche in Kleingruppen anstelle von frontaler Lehrvermittlung erreichen. Man sollte auch nicht nur theoretisch von Gaben reden, die jeder Mensch von Gott bekommen hat und einsetzen soll, sondern auch die Möglichkeiten bieten, dass Jugendliche ihre Gaben im Kontext der Jugendarbeit bzw. Gemeinde konkret einbringen, ausprobieren und ausbauen, z.B. in der Moderation, Organisation, Technik, Deko, Musik, Gesprächsleitung etc. Im Kontext von Gemeinde möchte Gott den Teamgedanken („Gemeinsam sind wir stark“ und „wir brauchen einander“) auf besondere Weise konkretisieren, veranschaulichen und erlebbar machen (1.Kor 12). 

Die Betonung von Gemeinschaft und Ergänzung in der Bibel widerspricht dem nicht, dass der Einzelne gesehen werden muss und nicht zu kurz kommen darf. Es ist eine Tatsache, dass jeder Mensch für sich genommen in Gottes Augen einzigartig ist. Aber diese Tatsache wird gerade nicht in der Vereinzelung erlebbar, sondern in starken Gemeinschaften, in denen Menschen einander Anerkennung schenken. Ein Blick für den anderen entsteht vor allem da, wo der Teamgeist ausgeprägt ist sowie betont wird, dass nicht nur der eigene Bedürfnishorizont zählt. Jugendgruppen mit einem starken Team- und Gemeinschaftsgeist werden viel eher eine Kultur schaffen, in der auf die individuellen Sorgen, Nöte und Fragen des Einzelnen eingegangen wird oder Außenstehende Integration erfahren, als das einer Ansammlung von individualistisch ausgerichteten Personen möglich ist. Die Auswirkung von Individualismus ist zunehmend der Mangel an Annahme und Integration, mit einem Wort: Einsamkeit (vgl. Abschnitt 1.2).

3.2. Den Jugendlichen helfen, hinter ihren Bedürfnissen zu erkennen, was sie wirklich brauchen

Vom Individualismus geprägte Jugendliche sind darauf gepolt, ihren eigenen Bedürfnissen den höchsten Stellenwert zu geben und ihnen zu folgen. In der Regel sind das auf der einen Seite Bedürfnisse nach materialistischen Konsumartikeln wie das neuste Smartphone oder stylische Klamotten. Auf der anderen Seite sind das Bedürfnisse nach immateriellen Dingen wie z.B. tolle Freizeiterlebnisse, Liebesbeziehungen, sexuelle Erfahrungen oder Freundschaften. Hinter all diesen Bedürfnissen steht das Grundbedürfnis nach Lebenszufriedenheit und Erfüllung. Das Problem dabei ist, dass alle Menschen und somit auch Jugendliche die Erfüllung ihres Grundbedürfnisses an der falschen Stelle suchen. Sie finden das Maximum an Glück, Erfüllung und Sinn nicht in irdischen Dingen, sondern nur in der Beziehung zu Gott. Er ist derjenige, der sie bedingungslos liebt, mit allen persönlichen Einschränkungen und charakterlichen Mängeln. Gott schaut auch nicht auf Leistung oder auf die richtige „Performance“ (vgl. Abschnitt 1.2). Diese Erfahrung von bedingungsloser Liebe und Anerkennung, nach der sich jeder Mensch sehnt, steht im Kontrast zu menschlichen Formen des Umgangs miteinander, wo Anerkennung und Wertschätzung oft von Statussymbolen, Leistung oder Aussehen abhängig gemacht werden, vor allem unter Jugendlichen. Christliche Jugendarbeit sollte demnach ein starkes Gewicht darauf legen, die Bedürfnisse der Jugendlichen anzusprechen und sie als Hinweis auf das Grundbedürfnis nach Glück und Erfüllung hervorzuheben, das nur in der Beziehung zu Gott gestillt werden kann. Es ist von daher nicht nötig, immer das neuste Smartphone zu haben, die trendigsten Klamotten zu tragen oder unzählige Follower oder Freunde in den sozialen Netzwerken vorweisen zu können.

3.3. Den Jugendlichen zeigen, wie Gott wirklich ist

Für die meisten Jugendlichen ist es heutzutage nicht plausibel, Gott als Autorität über dem eigenen Leben anzuerkennen oder sich an auferlegte religiöse Regeln zu halten. Das würde in ihrer Vorstellung die Selbstentfaltung behindern. Hinter diesem Denken steht das Bild eines Gottes, der das Individuum einschränken will und nicht dessen Glück im Sinn hat. Diese Gottesvorstellung, die für heutige individualisierte Jugendliche typisch ist, sollte in der christlichen Jugendarbeit korrigiert werden. So könnte besonders betont werden, dass Gott kein „Spielverderber“ ist, sondern jemand, der das Beste für sein Geschöpf möchte. Die biblischen Bilder eines liebenden, fürsorglichen Vaters (Röm 8,15), eines Freundes (Joh 15,13) oder eines guten Hirten (Ps 23) bieten sich dafür hervorragend als Veranschaulichung an. 

In diesem Zusammenhang kann man auch die Funktion und den Wert der Gebote Gottes im eigentlichen Sinne erklären. Sie sind in ihrer Grundausrichtung der individualistischen Jugendkultur entgegengesetzt, weil sie nicht die Ichbezogenheit betonen, sondern vom Ich weg auf die Gottes- und Nächstenliebe hinlenken. Dabei sind sie als Grenzen gedacht, die zu wahrer Freiheit führen. Sie sind mit guter Absicht von einem liebevollen, allwissenden und weisen Gott gegeben und entsprechen unserer Bestimmung. Deswegen sind sie gut für uns und der bestmögliche Weg, sich selbst zu entfalten und wahres Glück zu finden. Das bedeutet, dass Gottes Richtlinien beispielsweise für Arbeit, Freizeit und Partnerschaft gut sind und dort, wo sie im Widerspruch zu den individuellen Ansichten der Jugendlichen stehen, nicht einschränken, sondern Lebensglück und Zufriedenheit fördern wollen. Wenn tolerant sein heute im Sinne von Beliebigkeit verstanden wird, also jeder das machen soll, was ihm sinnvoll erscheint, dann führt das dazu, dass das Individuum sich nie wird zu der Person entwickeln können, die zu werden Gott sie bestimmt hat. Denn das ist nur möglich im Rahmen der guten Weisungen Gottes für seine Geschöpfe.

3.4. Ausblick: Mit Gottes verändernder Kraft rechnen

Als Verantwortlicher für christliche Jugendarbeit wird man die Individualisierung weitgehend als negative Einflussgröße ansehen, da sie in ihrer Grundausrichtung von Gott und dem Glauben wegführt. Autoritäten und objektive Richtlinien verlieren immer mehr an Bedeutung oder werden sogar als Bedrohung wahrgenommen. Die Individualisierung unterstützt das Sündhafte im Menschen, denn der Kern von Sünde ist das menschliche Bestreben, von Gott und seinen Richtlinien unabhängig zu sein, den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu folgen und Lebenserfüllung an der falschen Stelle zu suchen. 

Dies ist aber kein Grund zu resignieren. Wir können im Kontext von christlicher Jugendarbeit mit Gottes verändernder Kraft rechnen. Ihm ist jeder einzelne Jugendliche wichtig und er möchte christliche Verkündigung dazu gebrauchen, die jugendlichen Herzen zu erreichen und in ihnen Glauben zu wecken. Sein Wort hat die Macht, das von Natur aus ichzentrierte, selbstsüchtige Herz des Menschen zu verändern, mit dem Ergebnis, dass Liebe und Glauben für Gott und andere Menschen geweckt und zur Entfaltung gebracht werden (vgl. Eph 2,4-5). Deswegen ist eine erfolgreiche Jugendarbeit letztendlich nicht von unseren Methoden abhängig, sondern von Gottes übernatürlichem Wirken. Er wird seine Gemeinde bauen, egal wie fortgeschritten der Prozess der Individualisierung oder sonstiger gesellschaftlicher Einflussgrößen ist (vgl. Mt 16,18). 

Bert Görzen

Bert Görzen

Pastor der FeG Mainz

Endnoten

  • 1
    Vgl. Kron/Horacek, Individualisierung, S.8ff; Peuckert, Familienformen, S. 659ff; Beck, „Die ‚Individualisierungsdebatte‘“, S. 185ff; Taylor, Ein säkulares Zeitalter, S. 788ff.  
  • 2
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 184; Twenge, Generation Me, S. 65; Ferchhoff, Jugend und Jugendkulturen, S. 288f. 
  • 3
    Die Shell-Jugendstudie 2016 fasst das Alter der Jugendlichen von 12-25, die österreichische Jugend- und Wertestudie 2011 bezieht sich auf das Segment der 14-29-Jährigen (vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 12f).  Das Altersspektrum 12-29 hat eine Schnittmenge sowohl mit der sog. Generation Y (ca. 20 bis 35jährige) und der darauffolgenden Generation (ca. 20 und jünger), für die sich bisher noch keine feste Bezeichnung durchgesetzt hat (Vorschläge sind „Generation Z“ oder „IGeneration“; vgl. Twenge, IGen, S.7f).
  • 4
    Vgl. Twenge, Generation Me, S. 30; Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 37; Jeges, Generation Maybe, S. 82ff. Die Studien von Twenge beziehen sich auf die USA, sind aber weitgehend auch auf andere westliche Länder übertragbar (vgl. Twenge, Generation Me, S.10; dies., IGen, S. 12).   
  • 5
    Das bezieht sich in Deutschland auf solche, die offiziell der evangelischen oder katholischen Kirche angehören oder konfessionslos sind. Für muslimische und christlich-orthodoxe Jugendliche gilt das nicht. Jedoch handelt es sich bei diesen Jugendlichen (noch) um eine Minderheit (vgl. Albert, Jugend 2015, S. 254). 
  • 6
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 66,101; Calmbach u.a., Wie ticken Jugendliche 2016?, S.336; Shell, Jugend 2015, S.254ff; Twenge, Generation Me, S. 42ff; dies., IGen, S. 119ff.  
  • 7
    Vgl. Heinzlmaier, Performer, Styler, Egoisten, S. 101f. 
  • 8
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 75.
  • 9
    Vgl. Jeges, Generation Maybe, S. 159. 
  • 10
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 96ff; Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 125; Twenge, IGen, S.281f
  • 11
    Vgl. Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 132; Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 111. 
  • 12
    Vgl. Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 72. 
  • 13
    Vgl. Shell, Jugend 2015, S. 77ff. 
  • 14
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 48; Twenge, Generation Me, S. 138. 
  • 15
    Vgl. Shell, Jugend 2015, S. 65ff. 
  • 16
    Vgl. Calmbach u.a., Wie ticken Jugendliche 2016?, S.304.
  • 17
    Vgl. Twenge, Generation Me, S. 206; Jeges, Generation Maybe, S. 206.  
  • 18
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 186f; Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 86ff; Twenge, IGen, S. 226; Peuckert, Familienformen, S. 565. 
  • 19
    Vgl. Taylor, Das Unbehagen der Moderne, S. 52ff. 
  • 20
    Vgl. Twenge, Generation Me, S. 149ff; Ferchhoff, Jugend und Jugendkulturen, S. 288. 
  • 21
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 17; Twenge, Generation Me, S. 160. Hurrelmann/Albrecht, Die heimlichen Revolutionäre, S. 33f. 
  • 22
    Vgl. Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 68ff. 
  • 23
    Vgl. Heinzlmaier, Performer, Styler, Egoisten, S. 102.
  • 24
    Vgl., Heinzlmaier/Ikrath, Generation Ego, S. 51. 
  • 25
    Vgl. Raedel, „Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen, S. 124ff; Demandt, „Der Mensch in Beziehungen“, S.72f.
  • 26
    Vgl. Taylor, Das Unbehagen der Moderne, S. 42f. 
  • 27
    Vgl. Bergmann, Die Freiheit leben, S. 91.
  • 28
    Vgl. Keller, Warum Gott?, S. 73.
  • 29
    Augustinus, Bekenntnisse, Erstes Buch I.1. 
  • 30
    Vgl. Smith, Who’s afraid of postmodernism?, S. 29. 

Bibliografie

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