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KulturethikAllgemein

Die Critical Race Theory

Hintergrund - Anliegen - Beurteilung

1. Einleitung

Rassismus ist fraglos ein brisantes gesellschaftli­ches Phänomen. Spätestens seit der Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch weiße Po­lizisten im Februar 2021, die international Auf­merksamkeit erregte, ist das Thema auch in Deutschland vielen stärker ins Bewusstsein ge­drungen. Während es bei den einen auf große Resonanz stößt, nimmt bei vielen zugleich die Verwirrung zu. Nicht selten kommt die Frage auf: „Soll denn jetzt alles und jeder rassistisch sein?“

Die in den letzten Jahren neu aufgekommene öf­fentliche Aufmerksamkeit für das Thema ver­dankt sich zum großen Teil dem Einsatz einer linkspolitischen Bewegung, der sogenannten „Critical Social Justice“ (CSJ).1Auch identitätspolitische Linke, kultureller Marxismus oder Wokeismus genannt Wie der Name ver­rät, bemüht sich die CSJ, die ihren Ursprung in den USA hat, um „soziale Gerechtigkeit“ für ver­schiedene, als diskriminierte Minderheiten be­griffene Gruppen. Dazu zählen neben ethni­schen Minderheiten („People of Color“2Der im Wirkungsbereich der CSJ oft verwendete Begriff „People of Color“ bezieht sich nicht auf die Hautfarbe eines Menschen, sondern stellt die Selbstbezeichnung von Gruppen und Einzelpersonen dar, die die Erfahrung von Rassismus teilen (vgl. Diversity, PoC).) auch LGBTQ+ und Frauen3Heute ist meist nicht mehr von Frauen, sondern von FINTA-Personen (Frauen, Intersex, Nonbinäre, Trans, Asexuelle) die Rede Wo soziale Gerechtigkeit im Hinblick auf rassistische Diskriminierung er­wirkt werden soll, ist von „Antirassismus“ die Rede.

Die theoretische Grundlage dieses (neuen) Anti­rassismus bildet die „Critical Race Theory“ (von hier an: CRT), ein Überbegriff für auf politischen Aktivismus angelegte Theorieansätze, die in den späten 80er-Jahren in den USA entwickelt wur­den.4Vgl. Baucham, Lines, xi—xiii; crsucla, Race. Die CRT legt ein Verständnis von Rassis­­mus zugrunde, das sich von dem unterscheidet, was im Alltagsgebrauch zumeist unter „Rassis­mus“ verstanden wird.5Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 15. Dies führt in der gesell­schaftlichen Debatte immer wieder zu Missver­ständnissen zwischen Menschen, die die Ideen der CRT adaptiert haben und die aktuell den Dis­kurs über Rassismus stark bestimmen, und Men­schen, die mit den Inhalten der CRT nicht näher vertraut sind.

Eine Beschäftigung mit der CRT aus Sicht christ­licher Ethik ist relevant, weil es kaum ausgewo­gene Auseinandersetzungen mit ihr gibt, wäh­rend sie zugleich den Diskurs über Rassismus so­wohl in den USA als auch in Deutschland zuneh­mend prägt. In den USA ist CRT zum Kampfbe­griff geworden, der die Bevölkerung (oft auch die Christen) in zwei Lager – Gegner und Befürwor­ter – spaltet. Es fehlen in Deutschland an diffe­renzierter Auseinandersetzung mit dem Kon­zept, gerade auch im christlichen Bereich.6Für den US-amerikanischen Raum vgl. vor allem Voddie T. Baucham, Fault Lines. The Social Justice Movement and Evangelicalism`s Looming Catastrophe, Washington D.C., 2022; Edward Feser, All One in Christ. A Catholic Critique of Racism and Critical Race Theory, San Francisco 2022; Robert Chao Romero / Jeff M. Liou, Christianity and Critical Race Theory. A Faithful and Constructive Conversation, Grand Rapids 2023. Sowie Neil Shenvi / Pat Sawyer, Critical Dilemma, Eugene 2023. Doch gerade junge Christen, die ein weites Herz für Gerechtigkeit haben, fühlen sich von diesen Ideen angezogen. Wenn sie aber nicht erkennen, dass CRT eine Ideologie bildet; und wenn sie die Unterschiede zu christlichen Grundüberzeugun­gen nicht erkennen, kann das den eigenen Glau­ben aushöhlen.

Was ist die Critical Race Theory? Und wie sollten Christen und Gemeinde mit ihr und ihrem Ein­fluss auf unsere Gesellschaft umgehen? Der Be­antwortung dieser Fragen dient der vorliegende Artikel, dessen erster Hauptteil sich mit der Frage beschäftigt, was die CRT ist, also woher sie stammt, worin ihre Grundannahmen bestehen und inwiefern sich der Rassismusbegriff der CRT von der bislang gängigen Definition unterschei­det. Der zweite Hauptteil setzt sich mit den Kernthemen der CRT aus biblischer Sicht ausei­nander, wobei nach Anknüpfungspunkten aber auch nach Widersprüchen zum biblischen Zeug­nis gefragt und Kritik geübt wird. An Hauptteil und Fazit schließen sich praktische Anregungen für Christen und Gemeinde angesichts der Chan­cen und Herausforderungen, die die CRT bietet, an.

2. Was ist die Critical Race Theory?

2.1 Quellen der CRT

Die CRT knüpft (wie der Name anklingen lässt) an die Kritische Theorie (von hier an: KT) an, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Wir­kungskreis des Instituts für Sozialforschung der Goethe-Universität Frankfurt am Main entwi­ckelt wurde.7Vgl. Baucham, Lines, xiii. Diese Denkschule übernahm das marxistische Gedankengut von der Befreiung der Gesellschaft aus unterdrückerischen Ver­hältnissen. Während Marx einzig die wirtschaftli­che Marginalisierung als Ursache der Unterdrü­ckung betrachtete, weitete die KT den Blick auf die viel breiteren hegemonialen Strukturen der Gesellschaft: Nicht nur das Kapital, sondern auch das Patriarchat, die Race, der (Neo-)Koloni­alismus und die vorherrschende Heteronormati­vität würden es einigen Gruppen (vor allem wei­ßen heterosexuellen Männern) ermöglichen, an der Macht zu bleiben, während andere Gruppen unter der Marginalisierung zu leiden hätten (z.B. Frauen, People of Colour, LGBTQ+ etc.). Um diese Machtsysteme zu durchbrechen, müssten hetero-patriarchale und rassistische Normen und Strukturen hinterfragt und zerstört werden.8Shenvi/Sawyer, Critical, 73. Weil in den Augen des „Poststrukturalismus“ Sprache die Welt nicht nur beschreibt, sondern er­schafft (diesen Gedanken prägte insbesondere Michel Foucault), bildet die Sprache in den Au­gen der KT das wichtigste Werkzeug des hege­monialen Machterhalts: Wer an der Macht ist, kann seinen Worten Gehör verschaffen, sei es durch Politik oder die Massenmedien. Damit können Eliten ihre eigene Macht ständig legiti­mieren und festigen, bewusst oder unbewusst.9Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 35. Die einzige Möglichkeit, die strukturell gefestig­ten Machtverhältnisse aufzubrechen, bestehe daher in der Dekonstruktion von Strukturen, Werten und Normen, die den Eliten dienten. Mit anderen Worten: Strukturelle Machtsysteme wie das Patriarchat, die „White Supremacy“ („weiße Vorherrschaft“) sowie die Heteronormativität müssten hinterfragt und destabilisiert werden, damit alte Machtsysteme aufgebrochen und eine gerechtere Gesellschaft erreicht werden kann.10Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 41. Die rein intellektuelle Dekonstruktion wandelte sich in den 1980er-Jahren immer mehr zum Ak­tivismus in Gestalt der Critical Social Justice (CSJ).11Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 48. Einflussreiche Denkerinnen wie Kim­berlé Crenshaw argumentierten, dass beispiel­weise die reine Dekonstruktion des Begriffes der Race den Betroffenen nicht helfe, da sie die Aus­wirkungen ihrer Hautfarbe doch tagtäglich spür­ten. Um politisch gegen Unterdrückung vorgehen zu können, müssten die Identitäten der Unter­drückten nicht dekonstruiert, sondern vielmehr gefestigt werden.12Crenshaw, Mapping, 1297. Außerdem begründete Crenshaw das Prinzip der Intersektionalität, die Überzeugung, dass alle Arten von Unterdrü­ckung (seien es Rassismus, Sexismus, Homopho­bie etc.) tief ineinander verwoben seien. Eine lesbische Frau „of Color“ erfährt dieser Theorie zufolge nicht nur die Benachteiligungen, die für sie als Lesbe oder als „Nichtweiße“ zu erwarten seien, sondern zusätzliche ganz spezifische Dis­kriminierungen, die nur aus der Überlappung (Intersektion) mehrerer Unterdrückungsformen zu erklären seien. Daher ergibt es in den Augen von Aktivisten der CSJ keinen Sinn, ihren Akti­vismus z.B. auf den Antirassismus zu beschrän­ken. Dies erklärt Regenbogenfahnen (gegen das heteronormative Patriarchat) oder pro-palästi­nensische Flaggen (gegen den Kolonialismus) auf Demos der CRT.13Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 142f.

2.2 Entstehung der Critical Race Theory in den 1980er Jahren

Unmittelbarer Vorgänger der CRT sind die Criti­cal legal studies (CLS), die die Linse der Dekon­struktion auf das US-amerikanische Rechtssys­tem anwenden.14Editors, race; crsucla, Race. Dieser „kritische“ Zweig der Rechtswissenschaften entstand aus der Be­obachtung heraus, dass die Reform des Rechts im Nachgang der Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre nicht die erhofften Veränderungen in der Beseitigung von (sozialen, wirtschaftli­chen und politischen) Ungleichheiten zwischen schwarzen und weißen Menschen hervorge­bracht hatten – eine Unzufriedenheit, die auch die Vertreter der CRT um- und antreibt.15Vgl. Daub, Race Theory; crsucla, Race; Editors, race. Seit ihrer Gründung hat sich die CRT in den USA in zahlreiche Subdisziplinen ausdifferenziert, die sich mit der Analyse und Bekämpfung syste­mischer Benachteiligung auch nicht-schwarzer Minderheiten beschäftigt, etwa der lateinameri­kanischen, der asiatischen oder der indigenen Minderheit.16Vgl. crsucla, Race. All diese als diskriminiert gelten­den ethnisch-kulturellen Minderheiten werden unter dem Begriff „People of Color“ (PoC) zusam­mengefasst – ein Begriff, der mittlerweile auch in Deutschland etabliert ist.17Vgl. Diversity, PoC.

2.3 Definitionen der Critical Race Theory

Aber was ist nun Critical Race Theory? Der Be­griff bezeichnet ein Rahmenkonzept zur kriti­schen Analyse (Dekonstruktion) des US-ameri­kanischen Rechtssystems, meint aber gleichzei­tig auch die intellektuelle und soziale Bewegung, wie sie in Kapitel 2.1 beschrieben wurden.18Vgl. Editors, race. Die Grundannahme lautet, dass der Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft (bewusst oder un­bewusst) verankert sei, und damit soziale, wirt­schaftliche und politische Ungleichheiten zwi­schen Weißen und Nichtweißen, insbesondere Afroamerikanern, erschaffe und erhalte.19“Critical race theorists hold that racism is inherent in the law and legal institutions of the United States insofar as they function to create and maintain social, economic, and political inequalities between whites and nonwhites, especially African Americans” (Editors, race). Ereig­nisse wie der Tod von Georg Floyd infolge bruta­ler Polizeigewalt verleihen diesem Narrativ zu­dem deine große Plausibilität. Ziel der interdis­ziplinären Bewegung ist deshalb die Beseitigung aller rassebasierten ungerechten Hierarchien.20Vgl. Editors, race. Bei der CRT handelt es sich somit um einen The­orieansatz, der im Kontext der US-amerikani­schen Gesellschaft entwickelt wurde. Nichtsdes­totrotz erfährt die CRT insbesondere in den letz­ten Jahren auch in Westeuropa medialen Auf­trieb, auch wenn der Begriff „Critical Race The­ory“ selten fällt.21Das lässt sich u.a. daran ablesen, wie viele Beiträge in den letzten Jahren in den öffentlich-rechtlichen Medien veröffentlicht wurden, die sich mit strukturellem Rassismus oder „Alltagsrassismus“ beschäftigen. Die Kernthese, „dass Rassis­mus keineswegs eine Ausnahmeerscheinung, sondern alltäglich und strukturell“ und darüber hinaus „ein historisch gewachsenes und gesamt­gesellschaftliches Phänomen [ist], das ein Machtverhältnis ausdrückt“, wird als auch für den deutschen Kontext anschlussfähig gese­hen.22Barskanmaz, Race. Dabei wird die CRT sowohl auf die koloni­ale Vergangenheit Deutschlands angewandt (hier geht es um Ungleichheiten, die durch Re­produktion der Kategorien „Weiß“/„Schwarz“ aufrechterhalten werden sollen) als auch auf die nationalsozialistische (hier stehen die Katego­rien „Deutsch“/„Ausländer“, „Westen“/„Islam“, „Deutsch“/„Jude“ etc. im Vordergrund).23Vgl. Barskanmaz, Race.

2.4 Grundannahmen der CRT

Um sich ein besseres Bild davon zu verschaffen, worum es in der CRT geht, ist es hilfreich, sich die Grundannahmen zu vergegenwärtigen, die bei allen unterschiedlichen Interpretationen und Schwerpunktsetzungen von den Protagonis­ten der CRT geteilt werden.24Vgl. Daub, Race. Richard Delgado und Jean Stefancic halten die folgenden fünf „Grundlehrsätze“ (basic tenets) als weitgehenden Konsens in der CRT fest.25Vgl. Editors, tenets.

  1. Rassismus als normalisierte ungerechte Machtstruktur

Die erste und wichtigste Grundannahme der CRT, die auch den größten Unterschied zum All­tagsverständnis von Rassismus kennzeichnet, ist die Annahme, dass Rassismus nicht in „individu­ellen Einstellungen und Handlungen einzelner Personen(-gruppen)“26Künne, Race, 92. bestehe, sondern viel grundsätzlicher und umfassender ein strukturel­les Phänomen sei, das die gesamte (ursprünglich US-amerikanische) Gesellschaft durchziehe: ihre Institutionen (wie Schule, Polizei, Ämter) und Strukturen (allen voran das Gesetzeswesen) ebenso wie die Köpfe der „weißen Mehrheitsge­sellschaft“, die sich selbst für überlegen halte.27Künne, Race, 92ff. Rassismus sei keine Haltung oder Handlung von „Einzeltätern“, sondern „the usual way society does business“28Richard Delgado, zitiert in: Baucham, Lines, xvi.. Demnach handle es sich bei Rassismus um ein Machtverhältnis, das für Be­nachteiligung nichtweißer Bevölkerungsgrup­pen sorge. Dabei lässt sich struktureller Rassis­mus nicht zwingend an einzelnen Praktiken fest­machen, sondern erschließt sich anhand eines „insgesamt schlechteren Zugang[s] zu gesell­schaftlichen Ressourcen“29PULS Reportage, Rassismus, 7:41-7:47. für Nichtweiße. Da­bei stelle dieses Machtverhältnis (indem es sich eines „Wissensdiskurses“, wie Foucault ihn be­schreibt, bedient) sich selbst als „normal“ dar, was es ihm erlaube, unhinterfragt und unent­deckt zu bleiben.

  1. "Rasse" als soziales Konstrukt zur Unterdrücker Nichtweißer

Eine zweite (wissenschaftlich belegte) Grundan­nahme der CRT ist, dass „Rasse“ („race“) keine biologisch-genetische Realität, sondern ein sozi­ales Konstrukt darstellt.30Vgl. Editors, tenets. Genetische Studien haben gegen Ende des 20. Jahrhunderts endgültig belegt, dass ein Konzept von „Menschenrassen“, wie die neuzeitlichen Rassentheorien sie zu beschreiben versuchten, genetisch nicht zu rechtfertigen ist (vgl. ebd.). Ferner geht die CRT davon aus, dass das Konzept der Rasse von der dominanten Gruppe (d.h. Weiße europäischer Abstammung im Zuge der Kolonialisierung) er­schaffen worden sei, um die Unterdrückung „nichtweißer“ Gruppen zu rechtfertigen.31Vgl. Editors, tenets. „Rasse“ sei daher sowohl die Ursache als auch das Produkt von Rassismus.32Vgl. Barskanmaz, Race. Nun strebt die CRT aber nicht die Abschaffung des Rassekonzepts an, im Gegenteil: Dem Kon­zept der „Farbenblindheit“ (engl. color blind­ness, d.i. der Standpunkt, dass Rasse keine Rolle spiele), steht sie kritisch gegenüber. Denn ob­wohl „Rasse“ tatsächlich ein soziales Konstrukt ist, spielt z.B. die Hautfarbe im alltäglichen Erle­ben von „People of Color“ tatsächlich immer noch eine große Rolle. Eine „farbenblinde“ Ge­sellschaft zu behaupten, helfe daher diesen Men­schen nicht, ist die CRT überzeugt.33Vgl. Editors, tenets; Barskanmaz, Race. Daher brau­che es vielmehr einen rassebewussten Ansatz (engl. race consciousness), um strukturellen Ras­sismus wahrnehmen und bekämpfen zu kön­nen.34Barskanmaz, Race. Diese Idee wird auch im deutschen Rassis­mus-Diskurs aufgenommen, obgleich der Be­griff „Rasse“ aufgrund der nationalsozialisti­schen Vergangenheit hierzulande ausgespro­chen negativ besetzt und daher kaum gebräuch­lich ist.35Vgl. Barskanmaz, Race; Kind, Formulierung.

  1. Interessenkonvergenz

Ausgehend von der Annahme, dass die „Weißen“ als dominante Gruppe immer danach streben würden, ihre Machtposition zu erhalten, nimmt die CRT drittens an, dass von weißer Seite nur dann gegen rassistische Verhältnisse ange­kämpft würde, wenn ihre Interessen mit den In­teressen der Abolitionisten „konvergieren“ wür­den – wenn sie beispielsweise ökonomischen, politischen oder psychologischen Nutzen daraus ziehen könnten.36Vgl. Richard Delgado, wiedergegeben in: Baucham, Lines, xvi. Daraus aber leitet sich ab, dass Weiße auf dem Gebiet des Rassismus zu keiner Handlung aus „guter Motivation“ fähig sind.

  1. Machtsicherung durch "weiße Wissensproduktion"37Vgl. zu diesem Absatz auch Baucham, Lines, 100f.

Das Instrument zur Erhaltung „weißer Vorherr­schaft“ (white supremacy) und „weißer Privile­gien“ (white privilege) erkennt die CRT im An­schluss an Foucault in einer „weißen Wissens­produktion“.38Vgl. Aikins u.a., Afrozensus, 25. Oft ist in der CRT auch von „Er­zählungen“ die Rede – ein Verweis darauf, dass wir nach Weltsicht der CKT keinen Zugang zu ei­ner objektiven Wahrheit haben, sondern Wahr­heit sich nur in Interpretationen ereignet.39Vgl. crsucla, Race. So­mit wird eine „Erzählung“ aus der weißen Per­spektive vor allem der eigenen Agenda dienen. Eine solche „Erzählung“, die zur Agenda der Weißen passe, sei beispielsweise die Idee des Li­beralismus und der Leistungsgesellschaft (die das amerikanische Denken noch um einiges stär­ker prägt als das deutsche). Den American Dream – also das Credo, dass es in den USA jeder zu Reichtum und Einfluss bringen könne, wenn er nur hart dafür arbeite –, kritisiert die CRT scharf, denn nicht für alle Amerikaner gälten von Grund auf die gleichen Chancen.40Vgl. crsucla, Race. Schwarze Amerikaner hätten aufgrund von strukturellem Rassismus deutlich schlechtere „Startbedingun­gen“ als weiße. Diese Erzählung sei ein zentrales Werkzeug der Weißen, um Schwarze für ihr Un­glück selbst verantwortlich zu machen („bla­ming the victim“) und so das System zu erhalten, das sie selbst begünstige.

  1. Erfahrungshermeneutik als einziger valider Zugang zur "Wahrheit"

Die CRT geht erkenntnistheoretisch davon aus, dass Wissen immer nur aus der eigenen Perspek­tive erlangt werden kann. Weil Weiße (unbe­wusst) immer ihren eigenen Machterhalt si­chern wollen, wird der CRT zufolge, „schwarzes Wissen“ diskreditiert und ausgeklammert. Dem stellt sich die CRT entgegen, indem sie das „Er­fahrungswissen“ („experiential knowledge“) von Nichtweißen zum (einzig angemessenen) Instru­ment erhebt, um Rassismus wahrnehmen, ana­lysieren und verstehen zu können.“ Wider­spruch oder Zweifel am „nichtweißen“ Erfah­rungswissen wird oft als „whitesplaining“41Unter 42whitesplaining“ versteht man (analog zum neufeministischen Begriff „mansplaining“) in der CRT insbesondere den Versuch einer weißen Person, einer „Person of Color“ (d.h. einer Person, die Rassismus-Erfahrungen gemacht hat, kurz: PoC) zu erklären, was Rassismus sei (und was nicht). Der Begriff impliziert zugleich, dass die weiße Person dies, möglicherweise ohne dies wahrzunehmen, auf herablassende Weise tue, während sie die Situation der PoC aufgrund fehlender eigener Rassismus-Erfahrung nicht verstehen könne (wodurch sie nach CRT-Epistemologie kein „Rederecht“ in Sachen Rassismus hat) (vgl. Anders, Whitesplaining). ge­wertet, d.h. als Versuch, sich selbst moralisch zu entlasten und die eigene Weltsicht aufrechtzuer­halten.

2.5 Unterschiede zwischen dem "konventionellen" Rassismus-Verständnis und dem Rassismus-Verständnis der CRT

Die gegenwärtige Verwirrung in der Bevölke­rung im Blick auf Rassismus, rührt u. a. daher, dass sich die CRT-Perspektive auf Rassismus von der konventionellen Sichtweise, die das hiesige Alltagsverständnis von Rassismus bisher prägte, unterscheidet. Um der Verwirrung ein wenig ab­zuhelfen, seien daher zwei wichtige Unter­schiede benannt.

  1. Individuum versus System

Als Muster für den „konventionellen“ Rassis­musbegriff kann die folgende Definition des So­ziologen Johannes Zerger gelten: „Rassismus umfaßt Ideologien und Praxisfor­men auf der Basis der Konstruktion von Men­schengruppen als Abstammungsgemeinschaf­ten, denen kollektive Merkmale zugeschrieben werden, die implizit oder explizit gewertet und als nicht oder nur schwer veränderbar interpre­tiert werden."43Zerger, Rassismus, 81.

Den Kern des „konventionellen“ Rassismusbe­griffs bilden „Zuschreibungen aufgrund kollekti­ver Merkmale“, kurzum: Vorurteile. Dieses Ver­ständnis von Rassismus setzt auf der Ebene des Individuumsan, das als Träger von Rassismus verstanden wird. Nach dieser Logik werden Maßnahmen gegen Rassismus beim Individuum angesetzt: Indem man sich selbst reflektiert und auf Vorurteile gegenüber konstruierten Men­schengruppen, denen eine gemeinsame Her­kunft zugeschrieben wird, prüft, soll Rassismus vermieden werden. Anders verhält es sich beim Rassismus-Ver­ständnis der CRT. Da Rassismus aus dieser Sicht grundsätzlich systemisch ist, ist der Träger von Rassismus nicht das Individuum, sondern das gesellschaftliche System. Die Essenz von Rassis­mus sieht die CRT in ungerechten Machtstruktu­ren, die Weiße begünstigen und People of Color benachteiligen. Rassismus ist damit in der CRT ein überindividuelles Phänomen, das aber zu­gleich (bestimmte) Individuen (die Weißen) ein­schließt. Barbara Applebaum, eine bekannte CRT-Vertreterin, beschreibt dies wie folgt: "[A]ll whites are complicit in systemic racial injus­tice; this sometimes takes the form of the mantra ‘all whites are racist’. When white complicity takes the latter configuration, it implies not that all whites are racially prejudiced, but rather that all whites participate in and, often unwittingly, maintain the racist system of which they are part and from which they benefit.”44Barbara Applebaum, zitiert in: Baucham, Lines, 76 (Hervorhebungen von der Autorin).

Die CRT sieht die Weißen als Teil des rassisti­schen Systems und spricht daher von „white complicity“ („weißer Mittäterschaft“). Weiße för­derten „automatisch“ ein System, das für struk­turelle Benachteiligung Nichtweißer sorge: im Rechtswesen, bei der Job- und Wohnungssuche, im Bildungsbereich usw. – selbst wenn sie dies nicht beabsichtigten. Da das eigentliche Problem der CRT zufolge je­doch nach wie vor nicht beim Individuum, son­dern beim System liegt, setzen Maßnahmen ge­gen Rassismus nach dieser Logik nicht in erster Linie beim Individuum an, sondern an den ge­sellschaftlichen Strukturen. Die Forderung der „Neuen deutschen Medienmacher*innen“ nach Diversitätsquoten in Journalismus und Medien ist ein Beispiel hierfür.45Vgl. Medienmacher*innen, Prozent.

  1. Absicht vs. Auswirkung

Ein zweiter Unterschied: Während das All­tagsverständnis annimmt, dass Rassismus ab­sichtlich ausgeübt werden muss, um als solcher gelten zu können, zählt für die CRT nicht, ob im Hintergrund eine bewusste Intention steht, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu benachteili­gen, sondern, ob diese im Ergebnis eine „Benach­teiligung“ bewirkt.46Vgl. Barskanmaz, Race.

Dies lässt sich exemplarisch an einem Zitat aus dem Afrozensus 2020, der ers­ten umfassenden Studie über die Lebensrealitä­ten von Menschen afrikanischer und afrodiaspo­rischer Herkunft in Deutschland, aufzeigen: „Ob ASR47Anti-Schwarzer Rassismus, Anm. d. Autorin. ausgeübt wird bzw. stattfindet, hängt weder vom expliziten Anwenden der beschriebe­nen Zuschreibungen noch von der Intention ein­zelner Personen oder Gruppen ab […]. […] Ob ASR stattfindet, bemisst sich somit nicht daran, ob Handlungen oder Unterlassungen bewusst und konkret auf Schwarze Menschen abgezielt haben, sondern daran, ob Schwarze, afrikani­sche und afrodiasporische Menschen in beson­derer Weise von einer Handlung, Regelung, Tat oder Unterlassung ungleich stärker betroffen sind bzw. diskriminiert werden.“48Aikins u.a., Afrozensus, 43-44.

Dieser Logik nach ist es ein Ausdruck von Rassis­mus, wenn in Führungsetagen, Politik und Me­dien nicht gleich viele Nichtweiße repräsentiert sind, wie es ihrem Anteil an der Bevölkerung ent­spricht, wenn es für sie im Dienstleistungsbe­reich und in Geschäften weniger Angebote gibt oder sie häufiger von Fahrkartenkontrollen be­troffen sind, unabhängig davon, ob eine Diskri­minierungsabsicht vorhanden ist oder nicht.

Halten wir fest: Das Verständnis von Rassismus, wie es die CRT impliziert, setzt nicht auf der Ebene von Bewusstsein, Absichten und Verhal­tensweisen an, sondern sieht den Rassismus so tief in die gesellschaftlichen Strukturen einge­schrieben, dass Angehörige der historisch domi­nanten Gruppe, konkret: der Weißen, in diese von Ungerechtigkeit bestimmten Strukturen ein­gewoben sind, selbst wenn sie sich keiner rassis­tischen Vorurteile oder böser Absichten bewusst sind. Anliegen der CRT ist nicht das Herstellen von „Farbenblindheit“, sondern das Offenlegen und Verändern der vorherrschenden Macht­strukturen, die zugunsten bislang benachteilig­ter Gruppen überwunden werden müssen.

3. Die Critical Race Theory in theologischer und sozialethischer Perspektive

Nachdem wir uns nun ein recht gutes Bild davon verschafft haben, was die CRT ist, soll nun eine Auseinandersetzung mit ihr aus christlicher Sicht folgen. Dabei sollen zuerst die Anknüp­fungspunkte gewürdigt werden, bevor kritische Aspekte zur Sprache kommen.

3.1 Würdigung

Auch liberale Kritiker würdigen gewisse Aspekte der CRT, beispielsweise die kritische Analyse der Gesetzgebung im Blick auf rassistische Vorur­teile. An dieser Stelle soll jedoch eine Würdigung aus christlich-theologischer Perspektive erfol­gen.

  1. Strukturelle Ungerechtigkeit und die Lehre von der Erbsünde

Wenn die CRT nach Schuldzusammenhängen fragt, die den Absichten und Handlungen Einzel­ner vorausliegen, rückt damit aus christlicher Perspektive die Lehre von der Erbsünde bzw. Grundsünde in den Blick. Der Antirassismus-Ak­tivist Ibram X. Kendi bezeichnet Rassismus sogar ausdrücklich als „original sin“.49Kendi, Amendment.

Der CRT zufolge werden Weiße ohne ihr eigenes Zutun in ein rassistisches System hineingeboren. Geschaffen wurde das System nicht von ihnen selbst, sondern von ihren „Vorvätern“, den Kolo­nialisten. Trotzdem „erben“ sie ihre Sünde, d.h. das rassistische System, sind automatisch in es „verstrickt“ und verfestigen es durch die Inan­spruchnahme ihrer „weißen Privilegien“. Damit tritt auch die Frage der Schuld in den Raum, wie sie etwa Elisabeth von Thadden diskutiert. Sie kommt zu dem Schluss: Privilegierte weiße Eu­ropäer tragen, „obwohl sie nicht anders kön­nen“, also trotz ihrer Verstrickung in ein über­mächtiges System, eine Mitschuld an dessen Er­haltung.50Vgl. von Thadden, Privilege.

Auch wenn sie von der Schuld einer privilegierten Gruppe spricht, ist entscheidend der von ihr anerkannte überindividuelle Schuld­zusammenhang, von dem Paulus – bezogen auf alle Menschen – spricht, wenn er formuliert:

„Deshalb: Wie durch einen einzigen Menschen die Sünde in die Welt kam und durch die Sünde der Tod und auf diese Weise der Tod zu allen Menschen gelangte, weil alle sündigten – Sünde war nämlich schon vor dem Gesetz in der Welt, aber Sünde wird nicht angerechnet, wo es kein Gesetz gibt;dennoch herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die, welche nicht durch Übertre­ten eines Gebots gesündigt hatten wie Adam […].“ (Röm 5,12-14) Irenäus von Lyon versteht das so, dass die Menschheit schon aufgrund des Ungehorsams Adams eine geerbte Kollektivschuld trägt.51Vgl. Saarinen, Erbsünde, 1394-1397. Zu­gleich erbt der Mensch aber auch die sündige Natur Adams („Fleisch“) und wird in ein gefalle­nes System („Welt“) hineingeboren, weshalb er freilich nicht anders kann, als selbst zu sündigen (wodurch er auch selbst Schuld auf sich lädt). Ei­ner liberalen Sicht auf das Individuum, wie sie den Westen über mehrere Jahrhunderte geprägt hat, fällt es schwer, eine Schuld anzuerkennen, die sich nicht dem Vorsatz einer Person zuwei­sen lässt, sondern ein Schuldverhängnis be­zeichnet, in dem sich ein Mensch bereits vorfin­det, wenn er das Licht der Welt erblickt. Umso dringlicher stellt sich die Frage, wie ein Mensch diesem Verhängnis entrinnen kann. Darauf ge­ben die CRT und das Evangelium allerdings un­terschiedliche Antworten.

  1. Die Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit

Sowohl die CRT als auch das Evangelium neh­men die menschliche Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit wahr. Viele Menschen, die ei­nen (entfernten) Migrationshintergrund haben, selbst aber in Deutschland aufgewachsen sind, empfinden es als (vielleicht sogar die zentrale) Manifestation von strukturell verankertem Ras­sismus, dass sie aufgrund ihres Aussehens, ihres Namens etc. nicht als „deutsch“ wahrgenommen werden.

Dies entzündet sich immer wieder an der Frage „Wo kommst du her?“, die viele nichtweiße Men­schen als verletzend empfinden. Sie wird als „symbolischer Ausschluss“ erlebt, der ein Domi­nanzverhältnis ausdrückt:52Vgl. Künne, Race, 92. „Deutsch“ werde gleichgesetzt mit „weiß“. Im Umkehrschluss be­deute das: Wer nicht weiß ist, kann nicht (selbst­verständlich) zu Deutschland gehören. Hieran wird deutlich, dass sich viele nicht „biodeutsche“ Menschen danach sehnen, ohne Zweifel oder Widerspruch als Deutsche wahrgenommen zu werden, dazuzugehören, eine Heimat in Deutschland zu haben. Die Wandlung der öffent­lichen Wahrnehmung, dass Menschen mit Mig­rationsgeschichte selbstverständlich Deutsche sein können, geschieht vielen zu langsam.53Zur Einordnung kann es hier hilfreich sein, den deutschen Soziologen Aladin El-Mafaalani zu Wort kommen zu lassen. El-Mafaalani erklärt in seinem Buch Das Integrationsparadox. Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt, dass die Unzufriedenheit derer mit Migrationsgeschichte nicht daher rühre, dass die Integration scheitere, sondern – im Gegenteil – daher, dass sie gelinge. Denn je stärker Menschen mit Migrationsgeschichte integriert würden, desto mehr Teilhabe erhielten sie, und entsprechend mehr würden sie auch ihre Perspektive einbringen (vgl. El-Mafaalani, Integrationsparadox, 73-79). Angesichts zunehmender Konflikte ist er darum der Meinung, dass Deutschland „auf einem guten Weg zur offenen Gesellschaft“ sei (vgl. Ramadan, Integration).

Die Wurzel aller Heimatlosigkeit: Der christliche Glaube ist voller Sympathie für diese Sehnsucht. Allerdings lässt sich aus christlicher Perspektive die These formulieren: Selbst wenn es gelänge, die Norm in den Köpfen zu etablieren, dass jeder – unabhängig von Hautfarbe oder Herkunft – selbstverständlich zu Deutschland gehören kann, würde sich die Sehnsucht nach unange­fochtener Heimat und Zugehörigkeit nicht voll­ständig erfüllen, das Gefühl, „fremd“ zu sein, sich nicht vollständig auflösen.

Der Grund für diese These ist, dass das Gefühl der Fremdheit nach christlicher Überzeugung nicht in der Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörig­keit wurzelt, die einem von anderen Menschen zugeschrieben wird (z.B. deutsch oder nicht­deutsch), sondern in erster Linie in der Entfrem­dung von Gott, von deren Wurzel die Bibel in Ge­nesis Kap. 3 erzählt. Der Mensch kehrt sich ab von Gott und wird in der Folge aus Seiner Gegen­wart vertrieben. Er lebt fortan in einer von Gott entfremdeten Welt, trägt aber die Sehnsucht nach seiner wahren Heimat weiterhin in sich.

Gleichzeitig bleibt die zwischenmenschliche Ebene von dieser Entfremdung nicht unberührt, denn nach christlichem Verständnis sind die vertikale (Mensch-Gott) und die horizontale Be­ziehungsdimension untrennbar miteinander verwoben. Deutlich wird dies daran, dass sich in den Folgekapiteln Menschen – bis hin zur Feind­schaft – voneinander entfremden: der Bruder vom Bruder (Gen 4), der Vater vom Sohn (9,20ff.) (sowie auch) ein Volk vom anderen. Dies deutet sich bereits in Genesis 9,20ff. an, da von den Söh­nen Noahs gesagt wird, dass sie die Stammväter aller Völker seien, und wird noch deutlicher in der Sprachenverwirrung in Genesis 11. Die Ent­fremdung von Menschen verschiedener eth­nisch-kultureller Hintergründe lässt sich daher als Konsequenz der Entfremdung des Menschen von Gott einordnen.

Die Überwindung der Entfremdung: Die gute Nach­richt ist, dass der christliche Glaube hier nicht stehen bleibt. Darauf weist auch C.S. Lewis hin, wenn er sagt: „Wenn wir nun in uns selbst ein Bedürfnis entdecken, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann, dann können wir dar­aus doch schließen, daß wir für eine andere Welt geschaffen wurden."54Lewis, Pardon, ich bin Christ, 126.

Dies gilt auch für Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit. Der christliche Glaube besagt, dass uns diese „andere Welt“, von der Lewis spricht, zugänglich ist: Es ist die Gottesherr­schaft bzw. das Reich Gottes, das im Kommen von Jesus angebrochen ist und dass er allen er­öffnete, die durch den Glauben zu ihm gehören. In dem, was Jesus lebte, wie er starb und von Gott auferweckt wurde, überwand er die Ent­fremdung und die Feindschaft des Menschen ge­genüber Gott. In Epheser 2,13-16 (EÜ) wird deut­lich, dass dies nicht zu trennen ist von der Über­windung der Fremdheit und Feindschaft zwi­schen den Menschen:

„Jetzt aber seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart, in Christus Jesus, nämlich durch sein Blut, in die Nähe gekommen. Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile und riss die tren­nende Wand der Feindschaft in seinem Fleisch nieder. Er hob das Gesetz mit seinen Geboten und Forderungen auf, um die zwei in sich zu ei­nem neuen Menschen zu machen. Er stiftete Frieden und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib. Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet.“

Das Ergebnis dessen, was Jesus getan hat, be­schreibt Paulus einige Verse später:

„Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes.“ (Eph 2,19; EÜ)

Für Christen ist dies gute Nachricht für alle, die sich nach vollständiger Zugehörigkeit sehnen.

Mitgefühl mit denen, die sich fremd fühlen: Die Welt, in der wir leben, ist nach der Bibel durch Jesus Christus mit Gott versöhnt, doch wird diese Realität erst vollends enthüllt, wenn die Ge­schichte an ihr Ende kommt und Jesus als Sieger über die Mächte der Ungerechtigkeit und des Bö­sen wiederkommt. Bis dahin trägt die Welt um uns herum die Spuren von Unrecht und Gewalt.

Für Christen nimmt daher das Gefühl, „nicht hierher zu gehören“, eher noch zu. Sie verstehen sich als „Fremde und Gäste auf Erden“ (Hebräer 11,14), denn sie sind hier nicht zu Hause, son­dern befinden sich auf einer Pilgerreise durch die Fremde, hin auf ihre wahre Heimat, die bei Gott ist (vgl. Hebräer 13,14; 2Kor 5,6). Mit dieser Perspektive können Christen mit jenen mitemp­finden, die sich in ihrem Land fremd fühlen.

Gemeinde als Heimat für alle Nationen: Christliche Gemeinden sind dazu berufen, ein Ort zu sein, an dem sich die künftige Welt bereits ankündigt, d.h. etwas von der Wirklichkeit der Versöhnung erfahrbar wird. Denn wo die Gemeinschaft mit Gott wiederhergestellt ist, entsteht eine neue Ge­meinschaft zwischen zuvor voneinander ent­fremdeten Menschen. Das gilt auch für Men­schen unterschiedlicher ethnisch-kultureller Hintergründe, wie der Apostel Paulus schreibt: „Da gibt es dann nicht mehr Griechen und Juden, Beschnittene und Unbeschnittene, Barbaren, Skythen, Sklaven, Freie, sondern Christus ist al­les und in allen.“ (Kolosser 3,11).

Christliche Gemeinden sollen eine (vorläufige) Heimat für Menschen aller ethnisch-kulturellen Hintergründe sein und damit die kommende Welt antizipieren, in der Menschen aller Natio­nen, Sprachen und Kulturen Gott anbeten wer­den (Off 7,9). Leider neigen Gemeinden (in Deutschland) dazu, sich nach Herkunft und Sprache zu versammeln, weshalb ethnisch-kul­turell durchmischte Kirchen die Ausnahme sind.

3.2 Kritik

  1. Exklusive Zugehörigkeiten auf Basis der "race"

Der oben angesprochenen Sehnsucht nach Zuge­hörigkeit begegnet die CRT auf eigene Weise, in­dem sie neue Zugehörigkeiten schafft. Weil sie das Augenmerk auf „race“ als ein die gesamte Le­benserfahrung bestimmendes Identitätsmerk­mal legt, etabliert sie exklusive Identitäten, die das Potential haben, nicht nur die Gesellschaft, son­dern auch die Kirche tief zu spalten.

Sarah Wagenknecht beschreibt in ihrem Buch Die Selbstgerechten die Logik der Identitätspolitik, deren sich der deutsche Linksliberalismus – der sich auch den Zielen der CRT weitgehend ver­schrieben hat – bedienen würde.55Vgl. für den folgenden Absatz: Wagenknecht, Selbstgerechten, 102-103. Diese Logik bestehe darin, die Gesellschaft in die „Mehr­heitsgesellschaft“ und in eine stetig wachsende Zahl immer kleinerer „Minderheiten“ aufzuspal­ten, die sich jeweils über ein bestimmtes Merk­mal definieren, das vom Linksliberalismus bzw. von der Critical-Social-Justice-Bewegung als „Diskriminierungsmerkmal“ anerkannt ist – wo­raus die jeweiligen Minderheiten ihren Opfersta­tus ableiten. Als anerkanntes „Diskriminierungs­merkmal“ würden z.B. die ethnisch-kulturelle Herkunft bzw. die „race“, aber auch das Ge­schlecht oder die sexuelle Orientierung gelten.

Dieses Diskriminierungsmerkmal wird in der Logik des Linksliberalismus zum primären Iden­titätsmerkmal, das die gesamte Lebensrealität des betroffenen Menschen durchdringe und forme. Kombiniert mit Derridas hermeneutischen Überlegungen – die besagen, dass Menschen ei­nander nie völlig verstehen können, da ein „Text“ immer vom Empfänger in dessen Kontext neu interpretiert wird, wodurch sich auch die Bedeutung des Textes verändere – führt das zu der Haltung: Wer mein primäres Identitätsmerk­mal nicht teilt, kann mich sowieso niemals ver­stehen, denn seine Lebensrealität, sprich: sein „Kontext“ ist ein ganz anderer.

Daraus folgt: Wagt ein Mitglied der dominanten Mehrheitsgesellschaft (im Falle der CRT ein/e Weiße/r) den Versuch, sich in die Weltsicht eines „Minderheitsmitglieds“ (d.h. einer Person of Co­lor) hineinzuversetzen und mit ihr in ein Ge­spräch über ihre jeweiligen Wahrnehmungen der sozialen Realität einzutreten, wird dies als Angriff auf die Identität aufgefasst. Sarah Wa­genknecht fasst die Logik der Identitätspolitik wie folgt zusammen:

„[…] Mehrheitsmenschen [können] sich per se nicht in das Innenleben und die Weltsicht einer Minderheit hineinversetzen […], weil sie lebens­lang ganz andere Erfahrungen gemacht haben und daher zwischen ihrer Gefühlswelt und jener der diversen Minderheiten unüberwindbare Mauern existieren. Der Versuch, solche Mauern einzureißen, gilt nicht nur als aussichtslos, son­dern als aggressiver Akt, den es unbedingt zu vermeiden gilt.“56Wagenknecht, Selbstgerechten, 102-103.

Der Versuch, Gemeinsinn und Empathie zwi­schen Mehrheits- und Minderheitengruppen zu erzeugen, indem man von einem gemeinsamen Erfahrungshorizont ausgeht, wird verworfen. So betrachten etwa die Autoren des Afrozensus den Verweis auf die Möglichkeit gemeinsamer Erfah­rungen über die Grenzen von Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft hinweg („Ich bin zwar nicht schwarz, aber mir ist sowas ähnliches auch schon mal …“) als Relativierung von Rassismus-Erfahrungen schwarzer Menschen.57Aikins u.a., Afrozensus, 43. Dazu sollte ergänzt werden, dass eine solche Bemerkung, wenn sie vorschnell und aus mangelndem Interesse an der tatsächlichen Lebensrealität des Gegenübers ausgesprochen wird, nicht gutzuheißen ist. Dieser Artikel plädiert für aufrichtiges Interesse am anderen und für gründliches Zuhören und Verstehenwollen. Das Problem an der hier aufgezeigten Einstellung ist jedoch, dass sie von vornherein jede Möglichkeit, dass jemand, der „weiß“ ist, jemanden verstehen könnte, der „schwarz“ ist, ausschließt.

Die fatale Konsequenz dieser Logik besteht da­rin, dass der Empathie und dem Dialog der Bo­den entzogen wird. Dies führt zu einer wachsen­den Distanz zwischen jenen Gruppen, die als „privilegiert“, und jenen, die als „deprivilegiert“ gelten. Schon jetzt deutet sich eine „neue Segre­gation“ an58Vgl. Eberstadt (2019): Primal Screams, 48f. – nur dass das Argument genau ent­gegengesetzt zur Begründung der Segregation des 19. und 20. Jahrhunderts verläuft: PoC wer­den nicht von Weißen aus ihrer Gegenwart ver­bannt, vielmehr isolieren sie sich selbst von den öffentlichen Räumen der weißen Mehrheitsge­sellschaft und flüchten sich in sogenannte „safe spaces“,59„Safe spaces“ sind „Räume, in denen die Angehörigen von Minderheiten vor verbalen Übergriffen sicher sind, weil Männer oder Heteros oder Weiße keinen Zutritt haben“ (Wagenknecht, Selbstgerechten, 101). an denen sie sich vor der Bedrohung durch Weiße sicher fühlen können.60Ein Beispiel für diese Tendenz ist z.B. die Einführung von Filmrubriken bei Online-Streamingdiensten, die nur Filme und Serien zeigen, in denen Schwarze die Hauptrolle oder die Regie übernehmen

Die CRT erzeugt mit ihrer Identitätspolitik Anta­gonismen zwischen Weißen und Nichtweißen, indem sie sie in „Täter“ und „Opfer“, „Unterdrü­cker“ und „Unterdrückte“ einteilt. Sie schürt da­mit nach meiner Beobachtung ein Klima gegen­seitigen Verdachts, welches Kontakt und gegen­seitiges Verständnis zunehmend erschweren.

Eine christliche Reaktion auf diese Problematik muss sich aus dem Evangelium ableiten. Es ant­wortet in dreifacher Weise auf die eben beschrie­bene Tendenz der Segregation: Erstens ist jeder Mensch als Ebenbild Gottes wunderbar und ein­zigartig geschaffen. Jeder Mensch ist sehr viel mehr als nur seine „race“, sein Geschlecht oder seine sexuelle Orientierung. Zweitens betont das Evangelium den gemeinsamen Erfahrungshori­zont aller Menschen in der universalen Realität der Sünde. Demnach erfährt jeder Mensch Un­terdrückung, da jeder Mensch unter der tyranni­schen Herrschaft der Sünde steht (vgl. Röm 1,16; 3,9). Damit durchbricht die biblische Sicht die Dichotomie der CRT, nach der sie die Menschen „Täter“ und „Opfer“ einteilt. Nach christlicher Sicht sind alle Menschen sowohl Opfer als auch Täter, nämlich der Sünde. Sie nimmt die Idee der CRT, dass „Unterdrückung“ das primäre Prob­lem der Welt sei, auf, doch rückt sie in ein neues Licht: Statt, dass eine Gruppe von Menschen pauschal für die Unterdrückung der anderen verantwortlich sein soll, ist es die Macht der Sünde, die alle Menschen unterdrückt. Die Er­fahrung der Sünde gilt daher für alle Menschen und ist nicht abhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten „race“.

Drittens macht das Evangelium deutlich, dass für die Erlösten gilt: Ihre Identität zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass sie zu Christus ge­hören (und dadurch auch zueinander); ihre gesell­schaftlichen Identitätsmarker sind daher zweit­rangig (wenn auch nicht irrelevant) und dürfen der Einheit nicht im Wege stehen (vgl. Galater 3,26-28; Kol 3,11). Viertens ist die Einheit der Ge­meinde Jesu ein sichtbarer Ausdruck des Ver­söhnung schaffenden Erlösungswerks Jesu Christi (Epheser 2,14-21; 4,1-6). Darum ist Ein­heit nicht nur möglich, sondern auch unabding­bar für das Wesen der Kirche. Christliche Ge­meinden sind daher berufen, entgegen der ge­sellschaftlichen „Segregation“ in immer mehr Identitätsgruppen ein Gegenbild von Dialog und Empathie, Versöhnung und Einheit zu sein.

  1. Die Unmöglichkeit der Versöhnung

Das Dilemma der Versöhnung: Wie kann Entfrem­dung überwunden werden? Der Vorschlag, Wie­dergutmachung für in der Vergangenheit geta­nes Unrecht zu leisten, greift jedenfalls zu kurz, denn selbst in weniger extremen Fällen reichen Wiedergutmachungsleistungen sehr selten aus, um ein schuldhaft gestörtes Beziehungsgefüge wiederherzustellen. Das gilt umso mehr, wo Gü­ter beschädigt oder zerstört wurden, die prinzi­piell unersetzbar sind – wie zum Beispiel Men­schenleben.61Vgl. Stroh, Wiedergutmachung, 1535. Das trifft auf die historischen Ver­brechen des transatlantischen Sklavenhandelns, der US-amerikanischen Sklaverei und des Kolo­nialismus zu.

Zur Versöhnung kann es nur kommen, wenn es Reue seitens des Schädigers und Vergebung sei­tens des Geschädigten gibt. Dabei stellt sich die Frage, wie es angesichts tiefgreifenden Unrechts zur Vergebungsbereitschaft kommen, anders ge­sagt: wie das scheinbar Unvergebbare vergeben werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schädiger der Vergangenheit längst tot sind, selbst also keine Reue mehr zeigen können.

Das Scheitern menschlicher Lösungsansätze: Wenn Reue und Vergebungsbereitschaft fehlen, hat dies Konsequenzen für das Miteinander. Hat der Geschädigte den Eindruck, dass der Schädiger seine Schuld nicht eingesteht und nicht zur Um­kehr bereit ist, kann das dazu führen, dass er selbst Vergeltung übt. Solche Tendenzen der Vergeltung lassen sich insbesondere in den USA wahrnehmen. Ein Beispiel hierfür ist ein Zitat von Ibram X. Kendi aus seinem Buch How to Be an Antiracist: "The only remedy to racist discri­mination is antiracist discrimination“62Ibram X. Kendi aus How to Be an Antiracist zitiert in: Paul, Antiracism.. In ande­ren Worten: Um Rassismus wiedergutzuma­chen, muss das Machtverhältnis umgedreht wer­den, indem Nichtweiße die Weißen unterdrü­cken. Solche Strategien, den Schaden auszuglei­chen, führen jedoch nicht zur Wiederherstel­lung, sondern vielmehr zur Verschlimmerung der Beziehung, die schlimmstenfalls in einen Kreislauf der Vergeltung münden könnte.

Wo Reue zwar vorhanden ist, aber keine Verge­bung gewährt wird, kann das Bestreben nach Wiedergutmachung auf Seiten der Weißen zu ei­nem Versuch der Selbsterlösung werden. Diese Tendenz erkennt der amerikanische Theologe Voddie Baucham im „Kult des Antirassismus“, den er als „Ausdruck legalistischer Religion“ be­zeichnet:63Vgl. Baucham, Lines, 88. Seiner Wahrnehmung nach versu­chen manche Weiße sich von der Schuld, die ihnen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der „Schädiger“ anhaftet, dadurch zu erlösen, dass sie selbst „Antirassisten“ (oder sogenannte „Allies“ von PoC) werden.

Versöhnung durch das Evangelium: Im Evange­lium von Jesus Christus finden wir eine Antwort auf dieses Problem, die Versöhnung ermöglicht. Es befähigt sowohl den Schädiger zu Umkehr als auch den Geschädigten zur Vergebung: Der Schädiger wird im Evangelium dazu befähigt, sich seinen Verfehlungen am anderen bzw. den Verfehlungen seines Volkes an einem anderen Volk zu stellen, weil er weiß: „Mir ist schon ver­geben. Meine Sünde wird mir von Gott nicht mehr zur Last gelegt.“ Aus dieser Gewissheit her­aus kann er seine Schuld eingestehen und den anderen um Vergebung bitten. Der Geschädigte hört dagegen im Evangelium den Aufruf zu ver­geben, weil ihm von Gott eine viel größere Schuld erlassen worden ist (vgl. Mt 18,21-35). Er ist sich bewusst: Obwohl sich der andere an mir versündigt hat, starb Jesus für des anderen wie auch für meine Sünde; Schädiger und Geschädig­ter haben beide Vergebung nötig. So kann es – durch das Evangelium – zu echter Reue und Ver­gebung kommen, sodass (in konzentrischen Kreisen vom Individuum über Freundschaften und Bekanntschaften, Gemeinde bis hin zur Ge­sellschaft) die zerbrochenen Beziehungen zwi­schen verschiedenen ethnisch-kulturellen Grup­pen zu heilen beginnen können.

4. Fazit

Wie sollen Christen nun praktisch mit der CRT und ihrem Einfluss auf den öffentlichen Diskurs über die Beziehung verschiedener ethnisch-kul­tureller Gruppen umgehen? Meine Erachtens sind drei Dinge besonders wichtig.

4.1 Den spezifischen Kontext beachten

Wir sollten unseren spezifischen Kontext beach­ten. Da die CRT ursprünglich mit Blick auf die US-amerikanische Gesellschaft entwickelt wurde, besteht die Gefahr einer unreflektierten Übertragung des Konzepts auf die deutsche Ge­sellschaft. Deutschland ist nicht die USA: Der hiesige historische und kulturelle Kontext ist ein anderer. Um nicht an den Konfliktfeldern vor­beizugehen, die in unserem spezifischen Kon­text relevant sind, sollten wir uns daher die Mühe machen, unser lokales Umfeld unter die Lupe zu nehmen. Dies kann jeder Christ und jede Gemeinde (egal welchen Hintergrundes) selbst tun, indem sie sich fragt: Welche ethnisch-kultu­rellen Gruppen gibt es in meiner Stadt, meinem Dorf, meinem Stadtviertel? Wo existieren Kon­fliktfelder? Wer wird ausgegrenzt, wer lebt unter schlechteren Bedingungen als ich? Hierbei kön­nen Erkenntnisse der empirische Sozialfor­schung zum Einsatz kommen.64Eine praxisorientierte Einführung in die Kontextanalyse speziell für Gemeinden bietet der Band Die Welt verstehen. Kontextanalyse als Sehhilfe für die Gemeinde, herausgegeben von Tobias Faix und Johannes Reimer.

4.2 Einheit in Vielfalt leben

Ist das gelungen, sollten Christen und Gemein­den zweitens entgegen den Tendenzen der Segre­gation und Feindseligkeit, die von den Ideen der CRT (unabsichtlich) geschürt und verstärkt wer­den, ihren Versöhnungsauftrag wahrnehmen, indem sie bewusst jene Gruppen aufsuchen, zu denen gesellschaftliche Barrieren und Spannun­gen bestehen – nach dem Vorbild von Jesus, der entgegen dem Hass zwischen Juden und Samari­tanern der samaritanischen Frau am Brunnen begegnete (vgl. Joh 4). Das kann bedeuten, auf der Arbeit bewusst auf den türkischen Kollegen zuzugehen und eine Freundschaft aufzubauen oder anzufangen, sich im Dönerladen freundlich mit dem Besitzer zu unterhalten. Es kann bedeu­ten, als „biodeutsche“ Gemeinde zu beginnen, auf die Leiter der eritreischen Gemeinde, die am Nachmittag das Gemeindehaus nutzt, zuzugehen und vorzuschlagen, gemeinsame Gottesdienste zu feiern. Es kann bedeuten, sich als Gemeinde besonders auf die chinesische Community im Stadtviertel auszurichten und Strategien zu ent­wickeln, um in einen guten Kontakt mit ihr zu kommen.

Indem wir ethnisch-kulturelle Grenzen nicht nur zu denen überwinden, die schon Christen sind, sondern auch zu denen, die es noch nicht sind, verkörpern wir das Evangelium für sie auf er­fahrbare Art und Weise. Nicht selten führt dies dazu, dass auch sie Jesus nachfolgen wollen. So kommen wir dem Bild der ethnisch-kulturellen „Einheit in Vielfalt“, das uns die Bibel als Vision für die Gemeinde als Antizipation des Gottesrei­ches vor Augen malt (vgl. Gal 3,28, Kol 3,11, Off 7,9-10),65Vgl. Hays, People, 199f.; 205. näher und repräsentierten eine Kon­trastkultur gegenüber den separatistischen Ten­denzen unserer Gesellschaft.

4.3 Eine Ethik der Verantwortung statt der Wiedergutmachung

Tatsächliche historische Schuld, die nicht bereut und vergeben wird, steht der Versöhnung und Einheit im Weg. Dies trifft zum Beispiel auf das Verhältnis zwischen „Biodeutschen“ und Men­schen aus ehemaligen deutschen Kolonien in Af­rika zu. Hier wie in ähnlichen Konstellationen braucht es Versöhnung, indem die Seite der Schädiger für die historische Schuld um Verge­bung bittet und von der Seite der Geschädigten Vergebung gewährt wird. Wichtig ist, dass dies nicht im Verborgenen, sondern öffentlich ge­schieht.

Hilfreich ist dabei, wenn beide Seiten darum wissen, dass sie selbst der Verge­bung bedürfen, die Gott schenkt. Denn keine menschliche Wiedergutmachungsleistung wäre genug, um Gerechtigkeit zu schaffen. Reue und Vergebungsbereitschaft können am ehesten aus der Vergebung erwachsen, die Gott im Evange­lium von Jesus Christus anbietet. Die Bibel ver­weist damit auf die Grundsünde, in die alle Men­schen verwickelt sind und der sie ohne den Frei­spruch Gottes nicht entkommen können.

Eine christliche Ethik stellt die Verantwortung für den anderen ins Zentrum. Als Orientierungs­punkt christlich-ethischen Handelns dient die Vision, die uns in der Bibel von Augen gestellt ist: eine neue Gesellschaft unter der Regentschaft Gottes, in der Menschen aller ethnisch-kulturel­len Hintergründe einander nicht unterwerfen, sondern, befreit von der Verstrickung in das Böse, versöhnt mit Gott und miteinander leben.

5. Praktische Anregungen

Diese neue Gesellschaft, das Reich Gottes, wird in der Gemeinde Jesu antizipiert. Die folgenden praktischen Anregungen, die als Wegweiser die­nen sollen, wie eine christliche Ethik der Verant­wortung im Blick auf Rassismus aussehen kann, konzentrieren sich daher auf die Gemeinde so­wie die einzelnen Christen als „Glieder“ der Ge­meinde.

5.1 Wertschätzender Umgang und gegenseitiges Zuhören

Inmitten einer Gesellschaft, in der über Rassis­mus oft sehr polarisierend diskutiert wird, soll­ten Christen aller Hintergründe sowohl inner­halb der Gemeinde als auch mit ihren nichtgläu­bigen Mitmenschen eine Diskussionskultur pfle­gen, in der das Gegenüber geschätzt wird. Egal, welchen Standpunkt die oder der andere hat: Je­der Mensch ist ein Geschöpf Gottes, das es ver­dient, entsprechend seiner Würde behandelt zu werden. Zu einer christlichen Diskussionskultur gehört auch ernsthaftes Zuhören und Verstehen-wollen. Beide Seiten sollen einander zu Wort kommen lassen und sich auf die Perspektive des Gegenübers einzulassen versuchen, ohne vor­schnelle Urteile zu fällen. Leiten kann uns hier Jakobus 1,19 (NGÜ): „Denkt daran, meine lieben Geschwister: Jeder sei schnell bereit zu hören, aber jeder lasse sich Zeit, ehe er redet, und erst recht, ehe er zornig wird.“

5.2 Interkulturelle und -ethnische Freundschaft

Eine zweite Sache, die Christen (egal welchen Hintergrundes) tun können, ist der bewusste Aufbau von Freundschaften zu Menschen, die ei­nen anderen ethnisch-kulturellen Hintergrund haben als sie selbst. So wie Jesus es tat, können auch wir auf Menschen in unserem Umfeld zu­gehen, die einer Gruppe angehören, zu der wir unserer Herkunft nach auf Distanz sind, und so ein Zeichen für Versöhnung setzen. Die sozial­psychologische Forschung hat gezeigt, dass freundschaftlicher Kontakt eines der effektivsten Mittel zum Abbau von Vorurteilen ist und sich positiv auf das gesellschaftliche Miteinander auswirkt.66Vgl. Aydin u.a. Kontakthypothese; Landhäußer, Vorurteile.Das Evangelium gibt uns den ent­scheidenden Impuls, auf Menschen zuzugehen, die uns „fremd“ erscheinen: Wenn Gott in Jesus die größte Kluft zu uns Menschen überwunden hat, die wir ihm so fremd und sogar feind waren (vgl. Eph 2,17-19; Röm 5,10), wie viel mehr wer­den wir, in der Kraft des Heiligen Geistes, fähig sein, die ungleich kleinere Kluft zu unseren Mit­menschen überwinden.

5.3 Multikultureller und -ethnischer Gemeindebau

Ein komplexes Vorhaben, das die Mitarbeit vie­ler erfordert, meines Erachtens aber unabding­bar ist angesichts der immer vielfältigeren Zu­sammensetzung der deutschen Bevölkerung672021 hatten 27,2% der Bevölkerung in Deutschland einen Migrationshintergrund, 2022 waren es 28,7% (vgl. Bundeszentrale, Bevölkerung; Statistisches Bundesamt, Migrationshintergrund). Migrationshintergrund wurde dabei bis in die zweite Generation statistisch erfasst, d.h. Migrationshintergrund hat jemand, wenn er oder sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde (vgl. Statistisches Bundesamt, Migrationshintergrund). Die Erhebungen zeigten auch: „[J]e größer die Einwohnerzahl der Gemeinde ist, desto größer ist tendenziell auch der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung“ (Bundeszentrale, Bevölkerung). ist das Streben nach multikulturellem und mul­tiethnischem Gemeindebau. Wie in neutesta­mentlicher Zeit soll Gemeinde auch heute die ethnisch-kulturelle Vielfalt ihres spezifischen Umfelds widerspiegeln, statt sich in weitgehend ethnisch-kulturell homogene Gemeinden einzu­richten.68Zur Auseinandersetzung mit der multikulturellen und multiethnischen Zusammensetzung der neutestamentlichen (und übrigens in Ansätzen auch bereits der alttestamentlichen) Gemeinde, empfehle ich Daniel J. Hays, From Every People and Nation. A biblical theology of race, insbesondere die Kapitel 7-9. Damit nimmt multikulturelle bzw. multiethnische Gemeinde auch einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag wahr und begegnet der Sehnsucht nach Zugehörigkeit, indem sie Menschen aller Hintergründe willkommen heißt und ihnen eine Heimat bietet. Vor allem aber be­darf es einer Vision dazu: Dass nämlich durch die Liebe, wie sie sich in einer multiethnischen Gemeinde zeigt, Christus selbst sichtbar wird (Joh 17,23). Damit dies gelingt, braucht es auch auf Leitungsebene Menschen unterschiedlicher ethnisch-kultureller Hintergründe, die die Per­spektiven und Anliegen ihrer Gruppen in die Art, wie Gemeinde gestaltet wird, einbringen kön­nen. Zur vertiefenden Lektüre empfehle ich:

  • Johannes Reimer, Multikultureller Ge­meindebau. Versöhnung leben
  • Stephen Beck, Mission Mosaikkirche. Wie Gemeinden sich für Migranten und Flüchtlinge öffnen
  • Mark DeYmaz, Building a Healthy Multi-ethnic Church: Mandate, Commitments and Practices of a Diverse Congregation
  • Ajith Fernando, Discipling in a Multicul­tural World
  • David J. Hesselgrave, Missionarische Verkündigung im kulturellen Kontext
Madita Engel

Madita Engel

Endnoten

  • 1
    Auch identitätspolitische Linke, kultureller Marxismus oder Wokeismus genannt
  • 2
    Der im Wirkungsbereich der CSJ oft verwendete Begriff „People of Color“ bezieht sich nicht auf die Hautfarbe eines Menschen, sondern stellt die Selbstbezeichnung von Gruppen und Einzelpersonen dar, die die Erfahrung von Rassismus teilen (vgl. Diversity, PoC).
  • 3
    Heute ist meist nicht mehr von Frauen, sondern von FINTA-Personen (Frauen, Intersex, Nonbinäre, Trans, Asexuelle) die Rede
  • 4
    Vgl. Baucham, Lines, xi—xiii; crsucla, Race.
  • 5
    Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 15.
  • 6
    Für den US-amerikanischen Raum vgl. vor allem Voddie T. Baucham, Fault Lines. The Social Justice Movement and Evangelicalism`s Looming Catastrophe, Washington D.C., 2022; Edward Feser, All One in Christ. A Catholic Critique of Racism and Critical Race Theory, San Francisco 2022; Robert Chao Romero / Jeff M. Liou, Christianity and Critical Race Theory. A Faithful and Constructive Conversation, Grand Rapids 2023. Sowie Neil Shenvi / Pat Sawyer, Critical Dilemma, Eugene 2023.
  • 7
    Vgl. Baucham, Lines, xiii.
  • 8
    Shenvi/Sawyer, Critical, 73.
  • 9
    Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 35.
  • 10
    Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 41.
  • 11
    Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 48.
  • 12
    Crenshaw, Mapping, 1297.
  • 13
    Vgl. Lindsay/Pluckrose, Theories, 142f.
  • 14
    Editors, race; crsucla, Race.
  • 15
    Vgl. Daub, Race Theory; crsucla, Race; Editors, race.
  • 16
    Vgl. crsucla, Race.
  • 17
    Vgl. Diversity, PoC.
  • 18
    Vgl. Editors, race.
  • 19
    “Critical race theorists hold that racism is inherent in the law and legal institutions of the United States insofar as they function to create and maintain social, economic, and political inequalities between whites and nonwhites, especially African Americans” (Editors, race).
  • 20
    Vgl. Editors, race.
  • 21
    Das lässt sich u.a. daran ablesen, wie viele Beiträge in den letzten Jahren in den öffentlich-rechtlichen Medien veröffentlicht wurden, die sich mit strukturellem Rassismus oder „Alltagsrassismus“ beschäftigen.
  • 22
    Barskanmaz, Race.
  • 23
    Vgl. Barskanmaz, Race.
  • 24
    Vgl. Daub, Race.
  • 25
    Vgl. Editors, tenets.
  • 26
    Künne, Race, 92.
  • 27
    Künne, Race, 92ff.
  • 28
    Richard Delgado, zitiert in: Baucham, Lines, xvi.
  • 29
    PULS Reportage, Rassismus, 7:41-7:47.
  • 30
    Vgl. Editors, tenets. Genetische Studien haben gegen Ende des 20. Jahrhunderts endgültig belegt, dass ein Konzept von „Menschenrassen“, wie die neuzeitlichen Rassentheorien sie zu beschreiben versuchten, genetisch nicht zu rechtfertigen ist (vgl. ebd.).
  • 31
    Vgl. Editors, tenets.
  • 32
    Vgl. Barskanmaz, Race.
  • 33
    Vgl. Editors, tenets; Barskanmaz, Race.
  • 34
    Barskanmaz, Race.
  • 35
    Vgl. Barskanmaz, Race; Kind, Formulierung.
  • 36
    Vgl. Richard Delgado, wiedergegeben in: Baucham, Lines, xvi.
  • 37
    Vgl. zu diesem Absatz auch Baucham, Lines, 100f.
  • 38
    Vgl. Aikins u.a., Afrozensus, 25.
  • 39
    Vgl. crsucla, Race.
  • 40
    Vgl. crsucla, Race.
  • 41
    Unter
  • 42
    whitesplaining“ versteht man (analog zum neufeministischen Begriff „mansplaining“) in der CRT insbesondere den Versuch einer weißen Person, einer „Person of Color“ (d.h. einer Person, die Rassismus-Erfahrungen gemacht hat, kurz: PoC) zu erklären, was Rassismus sei (und was nicht). Der Begriff impliziert zugleich, dass die weiße Person dies, möglicherweise ohne dies wahrzunehmen, auf herablassende Weise tue, während sie die Situation der PoC aufgrund fehlender eigener Rassismus-Erfahrung nicht verstehen könne (wodurch sie nach CRT-Epistemologie kein „Rederecht“ in Sachen Rassismus hat) (vgl. Anders, Whitesplaining).
  • 43
    Zerger, Rassismus, 81.
  • 44
    Barbara Applebaum, zitiert in: Baucham, Lines, 76 (Hervorhebungen von der Autorin).
  • 45
    Vgl. Medienmacher*innen, Prozent.
  • 46
    Vgl. Barskanmaz, Race.
  • 47
    Anti-Schwarzer Rassismus, Anm. d. Autorin.
  • 48
    Aikins u.a., Afrozensus, 43-44.
  • 49
    Kendi, Amendment.
  • 50
    Vgl. von Thadden, Privilege.
  • 51
    Vgl. Saarinen, Erbsünde, 1394-1397.
  • 52
    Vgl. Künne, Race, 92.
  • 53
    Zur Einordnung kann es hier hilfreich sein, den deutschen Soziologen Aladin El-Mafaalani zu Wort kommen zu lassen. El-Mafaalani erklärt in seinem Buch Das Integrationsparadox. Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt, dass die Unzufriedenheit derer mit Migrationsgeschichte nicht daher rühre, dass die Integration scheitere, sondern – im Gegenteil – daher, dass sie gelinge. Denn je stärker Menschen mit Migrationsgeschichte integriert würden, desto mehr Teilhabe erhielten sie, und entsprechend mehr würden sie auch ihre Perspektive einbringen (vgl. El-Mafaalani, Integrationsparadox, 73-79). Angesichts zunehmender Konflikte ist er darum der Meinung, dass Deutschland „auf einem guten Weg zur offenen Gesellschaft“ sei (vgl. Ramadan, Integration).
  • 54
    Lewis, Pardon, ich bin Christ, 126.
  • 55
    Vgl. für den folgenden Absatz: Wagenknecht, Selbstgerechten, 102-103.
  • 56
    Wagenknecht, Selbstgerechten, 102-103.
  • 57
    Aikins u.a., Afrozensus, 43. Dazu sollte ergänzt werden, dass eine solche Bemerkung, wenn sie vorschnell und aus mangelndem Interesse an der tatsächlichen Lebensrealität des Gegenübers ausgesprochen wird, nicht gutzuheißen ist. Dieser Artikel plädiert für aufrichtiges Interesse am anderen und für gründliches Zuhören und Verstehenwollen. Das Problem an der hier aufgezeigten Einstellung ist jedoch, dass sie von vornherein jede Möglichkeit, dass jemand, der „weiß“ ist, jemanden verstehen könnte, der „schwarz“ ist, ausschließt.
  • 58
    Vgl. Eberstadt (2019): Primal Screams, 48f.
  • 59
    „Safe spaces“ sind „Räume, in denen die Angehörigen von Minderheiten vor verbalen Übergriffen sicher sind, weil Männer oder Heteros oder Weiße keinen Zutritt haben“ (Wagenknecht, Selbstgerechten, 101).
  • 60
    Ein Beispiel für diese Tendenz ist z.B. die Einführung von Filmrubriken bei Online-Streamingdiensten, die nur Filme und Serien zeigen, in denen Schwarze die Hauptrolle oder die Regie übernehmen
  • 61
    Vgl. Stroh, Wiedergutmachung, 1535.
  • 62
    Ibram X. Kendi aus How to Be an Antiracist zitiert in: Paul, Antiracism.
  • 63
    Vgl. Baucham, Lines, 88.
  • 64
    Eine praxisorientierte Einführung in die Kontextanalyse speziell für Gemeinden bietet der Band Die Welt verstehen. Kontextanalyse als Sehhilfe für die Gemeinde, herausgegeben von Tobias Faix und Johannes Reimer.
  • 65
    Vgl. Hays, People, 199f.; 205.
  • 66
    Vgl. Aydin u.a. Kontakthypothese; Landhäußer, Vorurteile.
  • 67
    2021 hatten 27,2% der Bevölkerung in Deutschland einen Migrationshintergrund, 2022 waren es 28,7% (vgl. Bundeszentrale, Bevölkerung; Statistisches Bundesamt, Migrationshintergrund). Migrationshintergrund wurde dabei bis in die zweite Generation statistisch erfasst, d.h. Migrationshintergrund hat jemand, wenn er oder sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde (vgl. Statistisches Bundesamt, Migrationshintergrund). Die Erhebungen zeigten auch: „[J]e größer die Einwohnerzahl der Gemeinde ist, desto größer ist tendenziell auch der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung“ (Bundeszentrale, Bevölkerung).
  • 68
    Zur Auseinandersetzung mit der multikulturellen und multiethnischen Zusammensetzung der neutestamentlichen (und übrigens in Ansätzen auch bereits der alttestamentlichen) Gemeinde, empfehle ich Daniel J. Hays, From Every People and Nation. A biblical theology of race, insbesondere die Kapitel 7-9.